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"Homophober und sexistischer Kongress in Marburg"


11.05.09

"Homophober und sexistischer Kongress in Marburg"

Nora Nebenberg: "Kongress ein Akt struktureller Gewalt gegen Menschen"

(MEDRUM) Im Internetblog "indymedia.org" hat Nora Nebenberg, Sprecherin des Marburger Aktionsbündnisses, den Kongreß "Psychotherapie und Seelsorge" als einen "Akt struktureller Gewalt gegen Menschen" bezeichnet, die sich "heteronormativen Lebensweisen" entziehen wollen. Nebenberg bekräftigt damit den Protest des Marburger Aktionsbündnisses gegen den Kongreß vom 20. bis 24. Mai in Marburg.

Es habe sich ein Bündnis gegründet, um gegen den Kongress mit seiner "zutiefst sexistischen und homophoben Botschaft vorzugehen", so Nebenberg. Sie kritisiert die Referenten und Referentinnen des Kongresses, die ein konservatives Bild von der "heterosexuellen Ehe als einzigem Lebensmodell" verbreiten und die "Homosexualität als krankhaft stigmatisieren" würden. Nebenberg nennt namentlich Markus Hoffmann von der Beratungsorganisation Wuestenstrom, den Organisator des Christus Treff Marburg Roland Werner und die Ärztin und Psychotherapeutin Pokropp-Hippen aus Münster, der sie vorwirft, ihre Reden und Aufsätze seien durchsetzt von drastischen Bildern und moralischen Anklagen, die jede wissenschaftliche Distanz vermissen ließen. So schreibe Pokropp-Hippen, Vorsitzende der „Aktion Lebensrecht für Alle e.V. - Gegen Abtreibung und Sterbehilfe" (Alpha e.V.) vom „aggressiven Akt des Tötens", durch den sich Frauen zur „Giftmörderin ihres Kindes" machten.

Die Sprecherin des Bündnisses kritisiert auch die Initiative "Für Freiheit und Selbstbestimmung", deren Anhänger in ihren Augen versuchen würden, den Protest zu "delegitimieren". Als Beispiel führt sie Gabriele Kuby an, die in  ihrem Offenen Brief an den Oberbürgermeister der Stadt Marburg gefordert habe, dem Druck von Lesben- und Schwulenverbänden gegen den Kongreß nicht nachzugeben. Gabriele Kuby veröffentliche "erzkonservative und heterosexistische Artikel", in denen sie sich für den Erhalt von "gefestigten Geschlechterrollen" und "christlichen Familienbildern" ausspreche.

Den Veranstaltern des Kongresses, der von der Akademie für Psychotherapie und Seelsorge organisiert wird, wirft Nebenberg vor, sie würden versuchen, "strategisch den Protest zu kriminalisieren", indem sie von „gewaltbereiten Aktivist_innen" sprechen. Dies würden sie vor allem mit dem vorhergegangenen Protest gegen das Christival 2008 in Bremen begründen, bei dem es zu Auseinandersetzungen gekommen sei. Es werde jedoch verschwiegen, dass es zu gewalttätigen Übergriffen von Seiten der Teilnehmenden des Christivals gekommen sei.

Die Sprecherin des Aktionsbündnisses resümiert: "Wir sind darüber wütend und werden dies auf die Straße tragen."  

Diese Kritik von Nora Nebenberg setzt nicht an der Thematik des Kongresses an, der sich dem Thema "Identität" widmet, wie die Akademie für Psychotherapie und Seelsorge erneut in einer Stellungnahme in der Oberhessischen Presse erklärt hat. Nebenberg zielt mit ihrer Kritik vielmehr auf die Personen, die als Vortragende vorgesehen sind, und den Veranstalter, der sich für einen offenen und kontroversen Dialog auf dem Kongreß ausgesprochen hat. Ob ein solcher Dialog möglich sein wird, ist jedoch ungewiß. Der Präsident der Universität Marburg ist zumindest unsicher, ob der Kongreß angesichts möglicher Störaktionen durchgeführt werden kann, wie in den Medien berichtet wurde.

Nora Nebenbergs Kritik steht darüber hinaus im Widerspruch zur Erklärung "Für Freiheit und Selbstbestimmung", in der die Unterzeichner feststellen: "Niemand bestreitet die Würde von Menschen mit homosexueller Orientierung und ihre persönliche Freiheit, eine homosexuelle Lebensweise zu praktizieren." Die Initiative wendet sich nicht gegen homosexuell orientierte Menschen, sondern vielmehr dagegen, dass Lesben- und Schwulen­verbände die Möglichkeit eines Therapie­angebots an hilfesuchende Menschen unterdrücken wollen, die mit ihrer homosexuellen Orientierung im Konflikt stehen, und sie wendet sich dagegen, dass "sogar die wissen­schaftliche Information und Aus­einandersetzung" unterdrückt werden soll. Darin sehen die Unterzeichner eine "Missachtung der Wissenschaftsfreiheit, der Meinungsfreiheit, des Leidens der betroffenen Menschen und ihres Rechts auf Selbstbestimmung. Dies darf in einem freiheitlichen Staat nicht hingenommen werden!", heißt es in der Erklärung. Ihre Unterzeichner treten deshalb dafür ein, dass die "Agitation gegen die Veranstalter und Referenten des '6. Internationalen Kongresses für Psychotherapie und Seelsorge', selbst wenn - wie zu erwarten - repressive Mittel eingesetzt werden, zurückge­wiesen wird, dass alle Referenten die geplanten Veranstaltungen durchführen können und den Kongreßteilnehmern ein uneingeschränkter fachlicher Dialog ermöglicht wird."

Leserbriefe

Der Protest gegen den Kongress für Psychotherapie und Seelsorge seitens des "Marburger Aktionsbündnisses" erweckt den Eindruck, dass hier der Protest gegen eine gefährliche zeitgeistige Strömung erwacht. Die Stimmung schmeckt nach Panik und Wut, es herrscht polarisierende Polemik vor, es wird von "struktureller Gewalt" gesprochen. Diese Reaktion muss den unbedarften Zuschauer erstaunen. Es ist eigentlich offensichtlich und schwer zu übersehen, dass die Protestierenden ja den Zeitgeist repräsentieren und nicht etwa ihn bekämpfen, was die Vehemenz des Protestes schon in ein anderes Licht taucht. Man muss kein Hellseher sein um zu erahnen, dass die diskriminierte Minderheit innerhalb der nächsten Jahrzehnte nicht die Homosexuellen sein werden, sondern die, die glauben, dass Gott der Schöpfer der Welt und der Geschlechtlichkeit ist und sich dabei sehr viel gedacht hat. Bei aller "Fortschrittlichkeit" hat der Protest aber auch aus "weltlicher" Sicht etwas Rückwärtsgerichtetes, da er auch auf der schon etwas angestaubten Gitarre der Gleichmacherei eine Resonanz erzeugt und die wieder neu erkannte Bedeutung der Geschlechtlichkeit z.T. verleugnet - ein kurioser Nebeneffekt.

Ich kann nicht verstehen, dass die Vertreter des Lesben- und Schwulenverbandes ihren Mitmenschen das Recht auf Selbstbestimmung der Geschlechtlichkeit absprechen wollen, wofür gerade sie so vehement kämpfen. Ist diese Selbstbestimmung eine Einbahnstraße? Darf die "Reise" nur von heterosexuell nach homosexuell etc. gehen? Sollen "dort" Menschen eingeschlossen werden, obwohl sie unglücklich sind und wieder zurück wollen? Wenn dies der Fall ist, dann finde ich diese Einstellung zutiefst fundamentalistisch, reaktionär und menschenverachtend.
Hinzu kommt: Macht sich ein Therapeut, der von einem homosexuell veranlagten Menschen gebeten wird, ihn dahingehend zu therapieren, dass er diese Neigung wieder verliert, weil sie ihn unglücklich und depressiv macht, nicht strafbar wegen unterlassener Hilfeleistung, wenn er die Hilfe mit Hinweis auf die Forderungen des LSVD ablehnt?

Wo sind wir eigentlich hingekommen, wenn eine Gruppe einer anderen, die eine gegenteilige Meinung vertritt, die Rede- und Versammlungsfreiheit abspricht und staatliche Organe auch noch erwägen, ob Sie diesem Druck nachgeben? Eine Veranstaltung verhindern, die ihnen nicht in den Kram paßt? Armes Deutschland, das sich auf derlei Erpressungsversuche einläßt! Die Tage der Demokratie sind gezählt! Mit Argumenten sind sie am Ende, jetzt greifen sie zu Mafiamethoden und das auch noch mit Erfolg! Erhebt doch gleich die Schwulen-und Lesbenverbände zu Zulassungsbehörden von Veranstaltungen jeder Art! 1933 läßt grüßen!!!

Hey Leute, passt auf, dass Ihr keine Verleumdungsklage bekommt. Ihr schreibt absolut intolerante Dinge, die zusätzlich noch nicht einmal der Wahrheit entsprechen! Einer, der Toleranz gegenüber ALLEN Gruppen, nicht nur den Homosexuellen, liebt

Hallo, Frau Nebenberg, niemand verbietet Ihnen, eine eigene Meinung zu haben und diese auch zu sagen. Warum aber verbieten sie das anderen Menschen??? Sie verleumden Andersdenkende und unterstellen ihnen etwas, was einfach nicht stimmt. Sie rufen zur Gewalt auf. Auch homosexuell lebende Menschen können diese Lebensweise ändern. Und das geschieht durchaus nicht nur durch diese ach so bösen Christen. Ich traf gerade vor einigen Tagen eine sehr glückliche Großmutter. Die Tochter lebte lange in lesbischen Beziehungen. Jetzt ist sie verheiratet und hat ein Kind. Dabei ist sie nicht einmal Christin und ihre Motive sind nicht religiös. So etwas gibt es eben, umgekehrt sicher auch. Aber lassen Sie doch den Menschen die Freiheit. Auch die, Angebote zu unterbreiten, falls jemand eine Änderung will. Niemand zwingt irgend jemanden sich irgend einer Behandlung zu unterziehen. Es gibt doch jede Menge Angebote in unserer Zeit, die nicht nur unsinnig sind, sondern schädlich und viel Geld kosten. Tut mir leid, aber wir Christen wollen und müssen die Freiheit der Rede und Meinungsäußerung, auch die Freiheit unterschiedlicher wissenschaftlicher Forschung und Ergebnisse nicht nur für uns, sondern für alle Menschen unseres Landes verteidigen. Diktaturen hatten wir genug. Und keine Sehnsucht, von gewissen Gruppen in die nächste gedrängt zu werden.