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Depression und Suizid


28.11.09

Depression und Suizid

Mahnwache und interreligiöses Friedensgebet am 6. Dezember in Berlin

(MEDRUM) Das nächste Friedensgebet der "Gruppe Interreligiöses Friedensgebet Berlin" findet am 6. Dezember auf dem Hausvogteiplatz statt. Es ist dem Thema "Depression und Suizid" gewidmet.

Die Veranstalter erkärten zu dieser Veranstaltung:

"Zwei tabuisierte Themen, die in den vergangenen Wochen durch den von seiner Witwe bekannt gemachten Suizid eines Sportlers sichtbar wurden. Wir können und wollen nicht über Gründe für Suizid bei einzelnen Menschen, bekannten wie unbekannten, spekulieren, und auch nicht über die Motive und Erfahrungen hinter der massenhaften und bewegten Teilnahme, die im Fußballstadion von Hannover am 15.11.2009 sichtbar wurde. Aber das Thema Depression und Suizid geht auch uns an. In der Vorbereitung auf das Gebet fragen wir uns, was es uns bedeutet.

Zunächst einmal bringen wir unsere eigenen Erfahrungen mit Depression und Suizid mit. Depres­sion ist nicht heilbar wie eine Grippe oder ein gebrochener Finger. Der Druck, der auf der eigenen Seele lastet und auch nach außen hin wirkt - in die eigene Familie hinein, in den Freundeskreis - braucht allerdings vor Gott nicht versteckt zu werden. Das Gebet kann ein erster Schritt sein, mich von dem Tabu befreien zu lassen, das ich verinnerlicht habe. Oft habe ich es mir auch auferlegt, getrieben von der Scham vor den eigenen Tränen, von der Verzweiflung über das Rätsel, das ich mir geworden bin.

Doch das Thema Depression und Suizid gehört auch in die Öffentlichkeit unseres Friedensgebetes. Ganz offensichtlich lastet vielfältiger Druck auf uns Menschen. Immer schneller, immer besser, immer mehr - "mehr Tore, mehr Siege, mehr Netto." Wer in diesem Wettlauf versagt, wird ausge­pfiffen, abgehalftert, verspottet. Am Beispiel des Profi-Sportlers wird sinnfällig, wie sehr eine ganze Öffentlichkeit an diesem Druck beteiligt ist - als Täter und Opfer. Wie eine Meute, die für eine Sekunde zu begreifen scheint, was sie anrichtet, steht die Trauergemeinde vor dem sichtbar gewordenen Opfer des Drucks. Das ist ein Moment der Umkehr, der möglich werdenden Buße. Im Gebet können wir uns ohne Angst fragen: Wo gehören wir selbst zu Meuten? Wo machen wir mit beim Druckmachen?

Zu Depression gehört die Versuchung, sich nur als Opfer zu begreifen. Das ist einer der tieferen Gründe für die Gewalt. Gewalt zwischen Gruppen, Völkern und Religionen geht einher mit einer rückwärtsgewandten, depressiven Grundstimmung. Auch Meuten haben unsichtbare, aber tief sitzende depressive Grundstrukturen. Schmerzliche Erfahrungen werden zu Mythen, die die eigene Opferposition unbewusst zementieren und so Gewalt legitimieren. Das gilt auch für das Thema Druck: Druck machen am meisten diejenigen, die sich als Opfer von Druck fühlen. In den pani­schen Attacken, die unsere Gesellschaft in regelmäßigen Abständen schütteln, wird das sichtbar, in den Heilserwartungen an Politiker ebenso wie im hysterischen Sicherheitsbedürfnis auf allen Ebenen des Lebens und im Ausgrenzen von angeblich bedrohlichen Menschen, die anders sind als wir selbst.

Ein Schritt nach vorne im Gebet besteht für uns darin, den Blick von uns selbst wegzulenken auf die anderen, die ich nicht sehe. Vor Gott suche ich die Anderen und erkenne sie immer mehr als meine Schwestern und Brüder."

Ort und Zeit: Sonntag, 6.12.2009,  15.00 Uhr, Hausvogteiplatz, 10117 Berlin. Der Hausvogteiplatz liegt im Berliner Bezirk Mitte an der Schnittstelle zwischen Friedrichswerder und Friedrichstadt.

Weitere Information: www.friedensgebet-berlin.de