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CDU-Politiker wollen Rechte des Gebührenzahlers für öffentlich-rechtliches Fernsehen beschränken


03.09.08

CDU-Politiker wollen Rechte des Gebührenzahlers an Internet-Diensten des öffentlich-rechtlichen Fernsehens beschränken

Sendungen in Mediatheken sind Zeitungslobbyisten und gefälligen Politikern ein Dorn im Auge

(MEDRUM) Wie MEDRUM anläßlich einer Panorama-Sendung im Mai erstmals berichtete, wollen vor allem die CDU-Politiker in Deutschland die Rechte des Gebührenzahlers beschränken, die von ihm finanzierten Fernsehsendungen in Internet-Mediatheken im Internet anzusehen. 

Aus den Nachrichtensendungen der ARD anläßlich der Internationalen Funkausstellung in Berlin geht hervor, dass trotz vieler Bedenken daran festgehalten werden soll, die Fernsehsendungen von ARD und ZDF im Internet künftig nur noch in ganz geringem Umfang bereitzustellen. Wie bereits früher berichtet wurde, sind es vor allem CDU-Politiker, die die Forderung von Lobbyisten der Zeitungsverleger erfüllen wollen, das Angebot der öffentlich-rechtlichen Fernsehsender auf ein Minimum zu reduzieren. Laut ARD wollen Verleger und Politiker, dass Sendungen nur noch bis zu 7 Tage, in Fällen von sportlichen Großereignissen beispielsweise nur noch 24 Stunden in der Mediathek von ARD und ZDF enthalten sein dürfen. Selbst Bildungsangebote sollen nicht frei von Beschränkungen bleiben, wenn es nach dem Willen der Verleger geht.

Es war bereits im Juni den Äußerungen von Ministerpräsident Koch (CDU) zu entnehmen, dass der heutige Umfang des derzeitigen Online-Angebotes künftig nicht mehr statthaft sein soll. Teile des derzeitigen Angebotes müssten demnach amputiert werden. Ministerpräsident Koch soll erklärt haben, On-demand-Videoangebote wären zeitlich zu begrenzen. So könnten künftig sendungsbegleitende Angebote über Großereignisse demnach nur noch 24 Stunden vorgehalten werden und müssten dann aus dem Angebot genommen werden. Aus einem Interview der Tagesthemen mit Ministerpräsident Kurt Beck im Juni ging hervor, dass zwar um eine Lösung gerungen wurde, die auch dem
Informations-Interesse des Gebührenzahlers gerecht werden sollte, dass
dies aber durch die Haltung der Ministerpräsidenten der von CDU und CSU
geführten Länder erschwert werde.

Auch auf der IAF stieß dieses Bestreben auf erhebliche Kritik.  Eine der wesentlichen Begründungen, die Reduzierung des Angebotes sei aufgrund der Konformität deutscher Regelungen mit Normen der EU erforderlich, hält kritischer Prüfung nicht stand. Dies fällt schon beim Vergleich mit Großbritannien auf. Die BBC hält dort ein umfassendes Angebot von Sendungen in Form von Mediatheken bereit, die für den Zuschauer und Gebührenzahler von großem Wert und Nutzen sind. Dies stellte BBC-Chef Thompson mit seiner Keynote zum Thema "Public Service Broadcasting and New Media" und der von ihm vertretenen Position mehr als deutlich heraus. Thompson kommt aus dem Mutterland des Öffentlich-Rechtlichen Fernsehens. Er hielt einen medienpolitischen Vortrag unter der Überschrift "Medienpolitik für das Internetzeitalter". Er stärkte ARD und ZDF in der Argumentation gegen die politischen Absichten den Rücken und entlarvte die Argumentation von CDU-Politikern als fadenscheinig. "In Großbrittanien würde das bedeuten, dass wir die besten Dinge künftig nicht mehr tun dürften", erklärte der BBC-Chef und kritisierte die Absichten deutscher Politiker, in Deutschland nicht mehr zuzulassen, was für den Zuschauer schon jetzt, aber in Zukunft von noch größerer Bedeutung sein wird. Grotesk und absurd ist dies alles, wenn man bedenkt, was nicht nur Thompson weiß: "Die Zukunft des TV liegt im Internet." 

Die ARD gab für die fragwürdigen Bestrebungen ein eindrucksvolles Beispiel für das, was die Politiker dem Gebührenzahler zumuten wollen. Der Abschied von Olli Kahn, der gestern Abend gesendet wurde, wäre künftig höchstens noch für 24 Stunden für den Zuschauer in der Mediathek des Fernsehens anzusehen. Ob dieser Beitrag vom Gebührenzahler finanziert wurde, könnte er ihn danach nicht mehr in der Mediathek ansehen, denn er müsste gelöscht werden, wenn es so kommt, wie es deutsche Zeitungs- und Zeitschriftenverleger und die deutschen Politiker wollen. Will der Gebührenzahler einen solchen Beitrag dennoch noch einmal ansehen, wäre er darauf angewiesen, sich zum Beispiel entsprechende Videos zu kaufen. Er wird dann zweimal zahlen müssen. Einmal als Gebührenzahler, und zum zweiten Mal als Käufer eines Videos. Und dies, weil es Verleger und Politiker so haben wollen. Auch die Begründung, das Fernsehen dürfe im Internet nicht als elektronische Zeitung auftreten, kann als Begründung nicht herhalten. Ein Video des Fernsehsendebeitrages über den Abschied von Olli Kahn hat mit einem Zeitungsartikel der Presse auch nicht das Geringste gemein. Was also die wirklich Begründung ist, scheint auf der Hand zu liegen. Wenn jemand zweimal zur Kasse gebeten wird, gibt es auch jemand, der Kasse macht. Unschwer zu erraten, wer das wohl sein könnte.

Eine andere Haltung nimmt dazu die Partei DIE LINKE ein. Sie hat die politischen Bestrebungen der überwiegend CDU-geführten Länder scharf kritisiert.


MEDRUM-Artikel:

-> Zeitungsverleger betreiben gesetzliche Beschränkung des Zugangs auf Internet-Information

-> Bund der Deutschen Industrie und Produzentenallianz wollen Mediatheken im Internet abschaffen

-> Ministerpräsidenten wollen ARD und ZDF Handschellen im Internet anlegen