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Ein langer Tag für die Gorber-Töchter und ihre Eltern


23.09.08

Ein langer Tag für die Gorber-Töchter und ihre Eltern

Der Gutachter: 300 und noch mehr Fragen

(MEDRUM) Die fünf Töchter der Gorber-Familie aus Überlingen fanden sich gestern beim Gutachter in Tübingen ein, um sich seinen Fragen zu stellen. Das Familiengericht Überlingen, das über die Rückgabe des Sorgerechtes vom Jugendamt an die Eltern Gorber zu entscheiden hat, hatte dies angeordnet und der Gutachter nahm seine Aufgabe gestern mit offenbar großer Gründlichkeit wahr.

 

Einen Tag nicht in die Schule gehen zu müssen, wäre für viele Kinder und Jugendliche keine Strafe. Sie würden dem ohne zu zögern die positive Seite abgewinnen. Denn die Schule ist für viele Schüler bekanntermaßen eine ungeliebte Einrichtung. Für die Gorber-Töchter war dies gestern nicht so. Obwohl sie über 10 Jahre zu Hause unterrichtet wurden und sich an den Betrieb in staatlichen Schulen erst noch gewöhnen müssen, wären sie am Dienstag viel lieber zur Schule gegangen, als sich einer erneuten Begutachtung zu unterziehen. Begutachtet zu werden, ist für sie während der Unterbringung im Kinder- und Jugendheim fast schon zur Routine, aber zu einer ungeliebten geworden. Fünf Mal sei dies jeder seiner Töchter im Verlauf eines halben Jahres widerfahren, berichtete Vater Gorber nach der Rückkehr mit seinen Töchtern von Tübingen. Es war später Abend geworden. Erst gegen 23.00 Uhr kehrten sie nach Überlingen zurück. 

Die Vorstellungen, Befragungen und Gespräche begannen bereits um 10.00 Uhr vormittags. Fragebögen mit 300 Fragen hätten seine Töchter beantworten müssen. Ein Mammutprogramm, das die Länge eines normalen Schultages deutlich übertraf.  Der Umfang eines solchen Fragebogens sprengt den Rahmen jedes Schultestes. "Es war ganz schön happig", so der Kommentar von Vater Gorber. Erst um halb Acht Uhr am Abend war der Termin für die Begutachtung beendet. Neben der Beantwortung der Fragebögen standen auch Gespräche mit den fünf halbwüchsigen Mädchen der Gorber-Familie auf dem Programm, die sich seit kurzem wieder bei ihrer Familie aufhalten dürfen, bis ein endgültiger Beschluß durch das Familiengericht Überlingen über ihren künftigen Aufenthalt ergeht. Gesprächsthema war auch bei ihnen unter anderem wieder der Glauben und das Bibelverständnis. Seine Töchter hätten sicher kein Blatt vor den Mund genommen, war sich Vater Gorber sicher, auch dann nicht als der Gutachter fragte, welche Wünsche sie hätten. Eine seiner Töchter habe darauf geantwortet: "Drei Wünsche. Kein Jugendamt mehr. Kein Kinderheim mehr. Und keine Psychiater mehr!". "Und", ergänzte sie, "dass jetzt diese Stunde bei Ihnen möglichst schnell vorübergeht". Eine ihrer älteren Schwestern habe auch dem Gutachter eine Frage gestellt, als sie ein kleine Hexe in seinem Zimmer erspähte. "Warum haben sie hier denn ein Hexe?", fragte sie ihn. Seine Antwort: "Das haben alle Psychiater." 

Dennoch, meinte Vater Gorber, sei der gestrige Tag ein "Klacks" im Vergleich zu dem gewesen, was seine Töchter an Begutachtungsgesprächen während der Heimunterbringung schon hinter sich bringen mußten. Wir können mittlerweile gewissermaßen schon auf eine "Karriere" der Begutachtung zurückblicken. Er kann sich nicht vorstellen, dass dabei irgendetwas nennenswert Negatives herausgekommen ist. Das, dazu vor einiger Zeit bereits erstellte, erste Gutachten über sein Kinder gibt ihm recht. Es offenbart viel Positives über die Gorber-Töchter. "Ich kann nicht ausschließen, dass das Jugendamt in Erklärungsnöte kommt, denn bei uns ist keiner verrückt, und ich kann mir kaum vorstellen, dass der Gutachter bei uns irgendwelche Verrücktheiten entdecken konnte", meinte Vater Gorber: "Woher auch, es gibt sie nicht." Auch sein Kirchenaustritt aus der Katholischen Kirche, mit dem er sich vor vielen Jahren den Zorn etlicher Mitglieder aus der Pfarrgemeinde zuzog, war kein verrückter, sondern ein wohlüberlegter und begründeter Schritt, den der Gutachter genauso interessierte, wie die Gründe der Gorber-Eltern, weshalb sie ihre Kinder bisher nicht taufen ließen."Welche Taufe meinen Sie?" fragte Mutter Gorber den Gutachter, "die Taufe mit Wasser oder die Taufe des Heiligen Geistes?" Sie erklärte jedenfalls dem Gutachter, dass sie die Taufe der Entscheidung ihrer Kinder überlassen. Schließlich interessierte den Gutachter auch die "Bekehrungsgeschichte" von Vater Gorber, der darüber nüchtern berichtete.

"Hoffentlich sind nun bald diejenigen bekehrt, die uns das Leben unnötig schwer gemacht haben", beschreibt Vater Gorber seine Gedanken. Er denkt dabei an manche "Heldentaten" des Jugendamtes, denen sich er und seine Familie ausgesetzt sahen. Dazu gehörten nach dem "Abtransport" der Kinder vom Zuhause in die Heimunterbringung im Januar dieses Jahres am Anfang erst einmal vier Wochen Kontaktsperre zwischen Kindern und Eltern, an die sich Vater Gorber höchst ungern erinnert. Dennoch habe er kein Problem, Hilfe von einer solchen Behörde anzunehmen, "wenn die Leute, die von dort kommen, auch vernünftig sind und sich normal verhalten, wie man das von verständigen Menschen erwartet", meinte er, auch auf eine dementsprechende Frage des Gutachters. 

Familie Gorber harrt nun der weiteren Dinge, die auf sie zukommen. Die ursprünglich für Donnerstag, den 25.09.08 angesetzte Verhandlung des Gerichtes wird jedenfalls nicht stattfinden, wie die Anwälte erfuhren. Es dürfte nicht zuletzt vom Ergebnis der Gutachten über die Töchter abhängen, ob über die Rückgabe des Sorgerechtes überhaupt noch in einer Verhandlung entschieden wird oder auch ohne Verhandlung ein Beschluß ergehen wird. Dem Vernehmen nach sollen die Erkenntnisse aus der Begutachtung der Eltern einer Rückgabe des Sorgerechtes jedenfalls nicht im Wege stehen. "Sollte es nun nur noch auf das Ergebnis der Begutachtung der Töchter ankommen, haben Kinder und Eltern allen Grund, zuversichtlich sein", meinte die Anwältin der Kinder.


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MEDRUM-Artikel: -> Gorber-Töchter auf Begutachtungsfahrt


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