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Zur anhaltenden Auseinandersetzung um den APS-Kongress in Marburg


21.05.09

Zur anhaltenden Auseinandersetzung um den APS-Kongress in Marburg

Ein Kommentar von Dennis Riehle

(MEDRUM) Nein, im Orchester sind wir nicht. Und trotzdem hat es etwas mit Instrumentalisieren zu tun, wenn man sich in den vergangenen Wochen ansieht, was aus einem zunächst alltäglich wirkenden Kongressangebot geworden ist. Man braucht auch keine Violine, keine Pauke und keine Flöte, um erkennen zu können: hier wurde instrumentalisiert.

Innerhalb kürzester Zeit war es geschehen. Da wurde aus dem "roten Faden im Leben", den die Veranstaltung in der menschlichen Identität sieht und thematisieren wollte, kurzerhand ein Schlachtfeld aus Meinungsfreiheit, Schwulsein und "Reparativtherapie". Homosexuellen-Verbände, "sexistische Initiativen" und Politiker linker Parteien überboten sich im Kritisieren und Pauschalisieren. Anlass sind einige wenige eingeladene Referenten auf dem Kongress, die in der Vergangenheit durch schwammige Aussagen zur Veränderung der Homosexualität auf sich aufmerksam gemacht haben. Eigentlich stand es gar nicht auf dem Spielplan, bei Identität auch über Ausprägungen unterschiedlicher Sexualität und ihre Wandlungsfähigkeit zu sprechen. Doch die empfindsam-empfindlichen Fühler vieler immer wiederkehrender Lobbyisten, die sich zum Ziel gesetzt haben, der "Homophobie" der "evangelikalen Bewegung" ein Ende zu setzen, tasteten schnell in der von der "Akademie für Psychotherapie und Seelsorge" ausgerichteten Veranstaltung in Marburg ein neues Pulverfass. Nach dem Versuch, das "Christival" als "menschenfeindlich" zu boykottieren, ein neuer Vorstoß, die Provokation an den Anschlag zu bringen.

In die Debatte mischten sich schnell Stadt, Land und engagierte Persönlichkeiten ein - "Freiheit und Selbstbestimmung" proklamierten sie und forderten, dass Meinungsfreiheit in Deutschland geschützt bleiben müsse.
Letztendlich erreicht der APS-Kongress durch die Diskussion einen ungeahnten Stellenwert. Und zweifelsohne muss man feststellen, dass nicht jede Aussage des DIJG oder von "wüstenstrom" eindeutig bewertet werden kann. Einig waren sich aber Veranstalter als auch Kritiker: Homosexualität ist keine Krankheit und bedarf keiner "Reparatur".

Doch trotzdem bleibt ein Konflikt: Während LSVD und andere Bündnisse am liebsten das kritiklose Annehmen homosexueller Neigungen durch Christen herbei zaubern würden, machen nicht nur Evangelikale darauf aufmerksam, dass für sie jeder Mensch gleichwertig ist. Dass nach konservativ-bindender Bibelauslegung homosexuelles Verhalten dagegen sündhaft sein muss, bringt dagegen die Liberalen auf die Palme. Dabei liegen alle Seiten doch weit weniger auseinander, als man vermuten mag. Gott liebt die Menschen, er hat sie als seine Ebenbilder geschaffen. Das besagt bereits der Schöpfungsbericht und nimmt damit allen Sprengstoff von "Menschenunwürdigkeit" und "Ausgrenzung".

Die überwiegende Mehrheit der evangelikalen Christen trifft sich in dem Standpunkt, wonach Menschen, die mit ihrem sexuellen Empfinden überfordert sind - und hierbei gilt dies nicht nur für homosexuelle Veranlagungen -, eine Anlaufstelle und behutsame Gespräche bedürfen, um sich zunächst einmal des eigenen Willens bewusst zu werden. Ziel einer solchen Beratung kann nie der Wechsel in eine andere Sexualität sein. Diese Anspruchshaltung und oftmals unterstellte Absicht gegenüber christlichen Beratern kann schon alleine deshalb nicht funktionieren, weil uns die Bibel ausdrücklich auch darauf hinweist, dass wir Menschen eigenständig handeln und denken können. Auch das lehrt uns das 1. Buch Mose. Und wer sich daran hält, wird keinem Homo- oder Heterosexuellen zu einem Wandel seiner sexuellen Orientierung verhelfen wollen. Das Annehmen des Selbst und das sich Klarwerden über den Weg, den man gehen, und die Erfüllung, die man erreichen möchte, liegen allein in den Händen jedes Einzelnen. Die begleitende und (durch-)tragende Seelsorge hat viel eher die Aufgabe, diese Eigenreflexion zu stärken.

Und wie jeder Mensch mit einem Lebensproblem heute den Coach aufsucht, um sich aus der Schuldenfalle zu stoßen, so muss einem Menschen, der durch seine Empfindungen und die unerfüllbaren Sehnsüchte leidet, der Zutritt zu christlichem Geleit offen stehen.

Das ist Menschenwürde - und muss im Interesse aller liegen, die sich momentan die Köpfe am Geigenkasten anschlagen.

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Dennis Riehle ist erster Vorsitzender der Christlichen Lebensberatung e.V. mit Sitz in Karlsruhe. Die Christliche Lebensberatung ist Mitglied im Diakonischen Werk der Ev. Landeskirche in Baden.

Weitere Information: Christliche Lebensberatung

Leserbriefe

Lieber Dennis Riehle, vielen Dank für den gut gemeinten Kommentar. Leider gehört er zu denen, die zwischen der menschlichen Perspektive und der Perspektive Gottes hin und her eiern. Was sollte Seelsorge im Unterschied zu jeder anderen Psycho-Beratung ausmachen? Antwort: Seelsorge bezieht die Möglichkeiten Gottes in die Veränderung von Menschen mit hinein. Somit hat Ihre Behauptung: "Das Annehmen des Selbst und das sich Klarwerden über den Weg, den man gehen, und die Erfüllung, die man erreichen möchte, liegen allein in den Händen jedes Einzelnen. Die begleitende und (durch-)tragende Seelsorge hat viel eher die Aufgabe, diese Eigenreflexion zu stärken" nichts mit Seelsorge im eigentlichen Sinne zu tun, weil sie auf die Selbstheilung des Menschen abzielt. Heilung bedeutet im christlichen Sinne, bei sich selbst anzukommen weil ich erfahren habe, wie Gott mich eigentlich gedacht hat. Das hat immer etwas mit Veränderung des Menschen zu tun, mit der Befreiung von der Abhängigkeit von anderen Menschen.. Meinungen, Verhaltensvorgaben, Obsessionen etc. Ihrer Vorstellung nach, trifft den Hilfesuchenden ein hartes Schicksal, er muss letztendlich mit sich selbst ins Reine kommen ohne die Erfahrung göttlicher Liebe und Hilfe. Oftmals wird damit eine Selbstzentrierung verstärkt, die in mehr Abhängigkeit führt bei scheinbaren "Selbstbestimmung". Mit freundlichen Grüßen Axel Nickolaus