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Fragen an den Intendanten des SWR: Warum verwendete Wieland Backes ein falsches Zitat?


27.01.14

Warum verwendete Wieland Backes ein falsches Zitat?

Fragen an den Intendanten des SWR in einer Programmbeschwerde

(MEDRUM) Der SWR steht wegen seiner Nachtcafé-Sendung mit Wieland Backes vom 24.01.14 im Kreuzfeuer der Kritik. Unausgewogenheit, Einseitigkeit und sogar tendenziöse Falschinformation wird dem Sender vorgeworfen. Wieland Backes zitierte zu Beginn der Sendung Hartmut Steeb in grob unwahrer Weise. Der Intendant muss sich nun mit Programmbeschwerden und kritischen Nachfragen zur Sendung befassen.

MEDRUM dokumentiert die Programmbeschwerde eines der Redaktion namentlich bekannten Zuschauers, die er an den Intendanten des SWR gerichtet hat:

26. 1. 2014

Programmbeschwerde

 

Sehr geehrter Herr Boudgoust,

mit großem Entsetzen habe ich Ihre Sendung "Nachtcafe" mit den Titel dem Titel "Schwul, lesbisch, hetero - wirklich selbstverständlich?" vom 24. 01. 2014 verfolgt. Wir besitzen keinen Ferseher und nach dieser Sendung muss ich sagen:  "und das ist gut so". Aber nachdem Sie sich ja seit einem Jahr von mir zwangsfinanzieren lassen, konnte ich nicht umhin, mir in der Mediathek die Sendung zu diesem spannenden Thema anzuschauen. Ich lege gegen diese Sendung hiermit Programmbeschwerde ein und zwar mit folgender Begründung:

1. Schon die Ankündigung der Sendung war tendenziös. Es wurde von der Begeisterung der Öffentlichkeit über einen ehemaligen Fußballspieler, welcher sich zur Homosexualität bekannt hat, und dann von einer "kleinen Reform" des Bildungsplanes zur Gleichsetzung Hetero- und Homosexueller gesprochen. Darf ich Sie erinnern: hetero- und homosexuelle Menschen sind schon lange gleichgestellt. Das wissen Sie auch. Nur wird versucht, durch Ungenauigkeiten die Öffentlichkeit in ihrer Meinungsbildung zu manipulieren.

Ich bekomme immer mehr den Eindruck, dass Menschen, die Jesus nachfolgen und ihm Gehorsam sein wollen, gezielt lächerlich gemacht werden. Mir persönlich macht das nichts aus, das kenne ich aus der DDR, wo ich meine ersten 20 Lebensjahre verbrachte. Nur kann das nicht Anliegen eines öffentlich rechtlichen Senders sein, den ich gezwungenermaßen mitfinanziere. Ich gehe im Punkt 4 nochmal darauf ein.

2. Die Zusammensetzung der geladenen Gäste spricht ein Wort für sich. Es standen zwei Petitionsbefürworter gegen sieben (!) Befürworter des Bildungsplanes. Wie kann das sein, bei einem Sender, der sich eine besondere Qualität in der journalistischen Sorgfaltspflicht auf die Fahnen schreibt, dass es zu einer solchen Schieflage kommt? Wie kann es sein, dass kein seelsorgerlicher und/ oder psychologischer Fachmann geladen wurde?

3. Herr Backes startet die Sendung mit einem Zitat, was völlig aus dem Zusammenhang gerissen wurde und zudem noch falsch ist und konfrontiert damit Frau Pohl. Zitat Steeb :

"Die Nachhaltigkeit sexueller Entfaltung durch Kinder, die ein Recht auf Vater und Mutter haben, deren Leben eingebettet sein soll in optimale Wachstumsbedingungen, nämlich der Liebes- und Treuegemeinschaft seiner Eltern, wird geopfert auf dem Altar sexueller Lust und Beliebigkeit. Homosexualität, Transgender, Polyamoröses Leben - folgerichtig dann ja auch Polygamie - soll als gleichwertig anerkannt und gefördert und beschult werden."

Herr Backes machte daraus:

"Die klassische Liebes- und Treuegemeinschaft wird geopfert auf dem Altar sexueller Lust und Befriedigung"

Das war natürlich eine Steilvorlage für Frau Pohl, die sie dankend angenommen hat.

4. Herr Backes war nicht nur nicht neutral und hat auf Ausgewogenheit der Redezeit geachtet, er hat sich nicht enthalten können selbst mit Herrn Steeb zu diskutieren. Als es um die Grenzen sexueller Vielfalt ging war er als "neutraler" Moderator plötzlich nicht mehr auf dem Platz. Und er muss eingreifen, wenn Herr Minister Stoch Beleidigungen wie diese von sich gibt:

"Und ich glaube, wenn Sie die Bibel mal so lesen würden, wie die meisten Menschen in diesem Land sie lesen, dann werden Sie feststellen, dass Ihre Interpretation von Christentum, glaube ich, nicht die menschfreundliche ist sondern eine, es tut mir leid, wenn ich es so sagen muss, eine menschenverachtende ist."

Herr Boudgoust, wo war Herr Backes als unser Herr Minister den Christen in Deutschland Menschenverachtung vorwarf? Wie kann es sein, dass Herr Backes so schlecht vorbereitet ist, dass er nicht einmal den Prozentsatz der Homosexuellen in der Bevölkerung weiß, sich dann von Frau Pohl (!) wohlgemerkt eine absolute "Traumzahl" von 5- 10% ins Ohr flüstern lässt und dann damit hantiert? Offensichtlicher geht es wohl nicht. Aber Ihre Zuschauer sind zum Glück auch nicht blöd.

Gern würde ich jetzt aus der Finanzierung des SWR aussteigen. Der Gesetzgeber hat mir da aber leider die Hände gebunden, aber ich kann Programmbeschwerde gegen diese Sendung einlegen. Das tue ich hiermit. Denn sie stellt eine Verletzung der journalistischen Sorgfaltspflicht dar.

Angefangen von der Ankündigung auf der Internetseite des SWR, über die Gästeauswahl, über die Auswahl des Publikums bis hin zur Gesprächsleitung von Herrn Backes. Tendenziös und manipulativ, falls es diese Worte gibt. Ich bitte Sie mir zu folgenden Fragen Auskunft zu geben.

1. Wer entscheidet über die Gästezusammensetzung?

2. Wer hat über die nachträgliche Einladung von Herrn Kaufmann entschieden, um die Opposition mit ins Boot zu holen?

3. Wer hat Herrn Backes Instruktionen geben sich so zu verhalten wie er sich verhalten hat. Wenn niemand: Warum war er nicht in der Lage auf Neutralität und Fairness in der Diskussion zu achten?

4. Wer bestimmt über die Zusammensetzung des Publikums?

5. Wie konnte so ein grober Fehler in der Programmankündigung unterlaufen, die homosexuellen Menschen in diesem Land müssten für Gleichberechtigung kämpfen? War das möglicherweise gar Absicht?

Ich verbleibe in froher Erwartung Ihrer Antwort mit freundlichen Grüßen,

G. P.

Ende der Dokumentation

Wie MEDRUM bereits meldete, schaltete der SWR gestern seine facebook-Seite für das Nachtcafé ab. Nach Beobachtung von MEDRUM-Lesern geschah dies, nachdem dort eine Diskussion über das falsche Zitat begonnen hatte. Der SWR gab bereits vor einigen Wochen Anlass zu erheblichen Irritationen, als er behauptete, die Petition gegen den Bildungsplan in Baden-Württemberg werde vom "rechten Rand" unterstützt. Wie MEDRUM berichtete, zog der SWR den umstrittenen Textteil aus dem Verkehr.

Erhebliche Kritik wird an der Sendung und ihrer Moderation durch Wieland Backes auch von vielen Zuschauern geübt. Nach vorläufigen Erkenntnissen aus einer laufenden Umfrage von mehreren hundert Zuschauern sind nur etwas mehr als zwölf Prozent der Auffassung, dass Wieland Backes die Sendung ausgewogen moderiert hat und die Gesprächsgäste in angemessener Weise zu Wort kommen ließ.


→  Leser- und Zuschauerumfrage zur Nachtcafé-Sendung des SWR


Leserbriefe

Danke G.P. trifft den Sachverhalt auf den Kopf.