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Zehn Fragen an den Rat der EKD zur "Orientierungshilfe Familie"

8. August 2013

Zur »EKD-Orientierungshilfe Familie«

Offener Brief: Zehn Fragen an den Rat der EKD

(1) – Bitte informieren Sie über das ›Instrumentarium‹: »Orientierungshilfe« (auch im Unterschied zur ›Denkschrift‹), über das ›procedere‹ (bis hin zur Verabschiedung), über den Status von EKD-ad-hoc-Kommissionen, über deren Autorität und Legitimation, über die Verbindlichkeit solcher Verlautbarung in den verschiedenen EKD-Gliedkirchen. Es fällt auf, dass von einzelnen führenden EKD-Vertretern aufgrund der heftigen Kritik die vom Rat herausgegebene und verantwortete »Orientierungshilfe« zu einem ›Diskussionspapier‹ herabgestuft werden soll. Was ist denn nun ›Sache‹? Haben die Regeln der sog. EKD- Denkschriften - Denkschrift »Aufgaben und Grenzen kirchlicher Äußerungen zu gesellschaftlichen Fragen« (1970) ihre Gültigkeit verloren?

(2) – Wenn eine solche »Orientierungshilfe« im Namen und Auftrag der EKD herausgegeben wird: sollte sich dann nicht zuvor die Synode der EKD eingehend mit dem Entwurf der geplanten »Orientierungshilfe« befassen und diese ggf. dann auch beschließen und verantworten? Zudem, wo diese kirchenamtliche Äußerung die Brauchbarkeit von Bibel und Bekenntnis für heutige Lebensverhältnisse hinterfragt?

(3) – Ist der Eindruck von der Hand zu weisen, wonach diese »Orientierungshilfe« dem sogenannten ›Mainstreaming‹ folgt, einem gewissen ›Genderismus‹, dem Parteiprogramm von »Bündnis 90/die Grünen« – aber immer mehr den Boden von Bibel und Bekenntnis verlässt? Bibeltreue Mitchristen also bewusst brüskiert und kirchenferne Mitmenschen erheblich befremdet? Auffällig müsste sein, dass sich nicht nur kirchentreue, sondern gerade auch säkulare Journalisten bundesweit kritisch äußern, weil sie von der evangelischen Kirche einfordern, was von der Bibel her zu Ehe und Familie zu sagen ist! Sie beklagen also ein Versagen führender Kirchenvertreter und benennen das Problem beim Namen: Die sog. »Orientierungshilfe« desorientiert und sollte zurückgezogen bzw. eingestampft werden! Umkehr tut not!

(4) – Falls der Rat der EKD diese »Orientierungshilfe« nicht zurückzieht, riskiert er damit nicht den Zerfall der EKD (als Dachorganisation der verschiedenen Landeskirchen), die Spaltung innerhalb der protestantischen Christenheit in unserer Bundesrepublik, damit unermesslichen Flurschaden? Verliert die EKD nicht an Glaubwürdigkeit, an Stimme und Gewicht in der (ökumenischen) Christenheit und in der Öffentlichkeit, indem sie sich von Bibel und Bekenntnis absetzt? Welche Grundlagen hat sie denn sonst, wenn nicht diese? Und wie steht es um Pfarrer(innen) in ihrer Ordinationsverpflichtung, wie um kirchliche Mitarbeitende, Kirchenälteste / Presbyter / Kirchenvorstände in ihren Dienstverpflichtungen, die nunmehr in einen Gewissenskonflikt gebracht werden? Ist die bisher erwartete Bindung an die Bekenntnisgrundlagen nunmehr also de facto freigegeben? Was gilt noch in der Kirche?

(5) – Stimmt es denn nicht, dass die »Orientierungshilfe Familie« den Familienbegriff auflöst und bis ins Beliebige hinein aufweicht? Nivelliert als eine der möglichen verschiedenen Lebensformen neben anderen? Dabei ist der Begriff ›Familie‹ doch wohl immer noch klar definiert, geprägt, geschützt und trennend zu unterscheiden von ›Partnerschaften Homosexueller‹ und ›polyamoren Beziehungen‹, für die ein ›aliud‹ gilt …Die Begriffe von Ehe und Familie, die im Grunde klar definiert sind, werden ausgeweitet, bewusst dem Missverständnis ausgesetzt, missbraucht, wenn begrifflich-diffus von der sog. ›Homo-Ehe‹ die Rede ist, aber auch von ›familiären‹ und von ›familialen‹ Beziehungen. Was damit jeweils konkret gemeint ist, bleibt ungeklärt: um unter dem Deckmantel des Begriffs›Familie‹ die Zustimmung für verschiedenste familiale Beziehungen zu erreichen? Diese Vorgehensweise ist nicht nur irritierend zu nennen, sie ist schlichtweg unredlich und kommt einem Täuschungsmanöver gleich. Mitchristen werden bewusst getäuscht – wer denn kann etwas gegen ›Familie‹ haben? Unter der Hand jedoch eröffnet der missbräuchlich eingeführte Familienbegriff ganz andere Optionen! Transparenz sieht anders aus …

(6) – Ehe und Familie im klassischen und bewährten Sinne heute zu leben, fällt vielen Menschen in unserer Gesellschaft zunehmend schwer(er). Gerade deshalb wäre es dringend erforderlich, Ehe und Familie im herkömmlichen Sinne zu stärken und zu fördern, an den Generationenvertrag zu erinnern, an die Weitergabe des Lebens an nachfolgende Generationen. Ist es denn nicht zum einen die Aufgabe der EKD-Führung, wenn sie eine »Orientierungshilfe Familie« herausgibt, für die bewusste Stärkung von Ehe und Familie im herkömmlichen Sinne einzutreten – und zum anderen, die politischen Entscheidungsträger unter Bezug auf Art. 6 GG auf ihre besondere Verantwortung zu fixieren und zur Einführung des Familiensplittings, zur finanziellen Förderung von Ehe und Familie zu ermutigen?

(7) – Ist es nicht so, dass der EKD-Rat einem Missverständnis von ›Toleranz‹ aufsitzt und meint, um der ›Liebe Jesu‹ willen alles (ab-)segnen zu müssen (auch die Ehescheidung?) oder aus ängstlicher Anpassung und Anbiederung an den Zeitgeist alles gutheißen zu müssen, was gesellschaftlich ›in‹ zu sein scheint? Ist es denn nicht Aufgabe von Kirche, im Sinne des Evangeliums in die Gesellschaft hinein ›Contrapunkte‹ zu setzen und auch angesichts zunehmender Säkularisierung und Individualisierung zum christlichen Glauben einzuladen?

(8) – Was die ›theologische Orientierung‹ innerhalb der sog. »Orientierungshilfe« angeht, so drückt sich die Kritik weithin folgendermaßen aus: dürftig / selektiv / verzeichnend / unzureichend / mangelhaft. Das biblische Gebot: »nicht ehebrechen« findet auffälligerweise keinerlei Erwähnung und Berücksichtigung – das biblische Menschenbild wird in den grundlegenden Passagen ignoriert – Martin Luthers Wort: »Die Ehe ist ein weltlich Ding« wird aus dem Zusammenhang herausgerissen und dadurch entstellt (Luther versteht die Ehe als »göttliche Stiftung«) – Dietrich Bonhoeffers Verständnis von Ehe im Sinne eines göttlichen Mandats wird erst gar nicht aufgeführt. Ist es nicht allzu beschämend, wenn sich die »Kirche des Wortes« (Quelle und Richtschnur christlichen Lebens und kirchlichen Handelns ist allein die Heilige Schrift / »sola scriptura«) von der Römischen Kirche an die Grundlagen von Bibel und Bekenntnis mahnend erinnern lassen muss?

(9) – Wie kann dem widersprochen werden, dass sich der Rat der EKD zunehmend aus dem Ethik-Konsensus mit der Römisch-katholischen Kirche verabschiedet und isoliert (als Stichworte seien genannt: ›PID‹ / Sterbehilfe / Familienbegriff)? Dass es zunehmend schwerer wird, seitens der Großkirchen ›mit einer Stimme‹ in die Gesellschaft hinein zu sprechen?

(10) – Und nicht zuletzt: Was ist Gemeindegliedern überzeugend zu antworten, die im Sinne von Prof. Dr. Udo Schnelle (»FAZ«, 25.06.2013, S. 30) urteilen: »Warum sollen Menschen einer Kirche angehören, wenn sich deren Stellungnahmen nicht mehr an der Bibel orientieren …?«

Quelle: http://ekiachern.de/zur-diskussion/offener-brief-zehn-fragen-an-den-rat-der-ekd/