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Dudeks droht eine weitere Strafanzeige des Schulamtes


13.08.08

Dudeks droht eine weitere Strafanzeige des Schulamtes

Opfergänge zwischen Rechtsordnung, Menschenrechten und Gewissen
Kurt J. Heinz

(MEDRUM) Während das Ehepaar Dudek noch auf den Vollzug der 3-monatigen Freiheitsstrafen wartet, die gegen den Vater Jürgen und die Mutter Rosemarie Dudek wegen "Schulverweigerung" verhängt wurden, wurde den Eltern schon der nächste Strafantrag durch die Schulbehörden angekündigt. Zu insgesamt 6 Monaten Freiheitsstrafen könnten weitere Freiheitsstrafen hinzutreten.

Jürgen Dudek und seiner Ehefrau blieb keine Zeit, Ferien zu machen. Zum einen müssen sie sich mit der Revisionsbegründung befassen, die bis zum 24. August beim Gericht eingegangen sein muß, um das Urteil des Landgerichtes Eschwege durch das Oberlandesgericht Frankfurt überprüfen zu lassen. Zum anderen wurden sie erneut mit großem Nachdruck aufgefordert, ihre Kinder in die staatlich anerkannten Schulen zu schicken. Außerdem hat pünktlich mit Schulferienende des Bundeslandes Hessen auch in der Familie Dudek der Hausunterricht für ihre Kinder wieder begonnen.

Zur Zeit wird noch an der Begründung für den Revisionsantrag gearbeitet. Jürgen und Rosemarie Dudek müssen sich gegen den Vorwurf zur Wehr setzen, bei ihren Kindern seien Defizite entstanden, weil sie "an der Schulpflicht vorbeigeschleust" worden seien. Sie wollen sich ebenso dagegen zur Wehr setzen, dass sie durch das Urteil des Landgerichtes zu kriminellen Rechtsbrechern abgestempelt sind. "Bestraft werden soll, was im Grunde unser Menschsein ausmacht: Glaube und Gewissen", sagt Jürgen Dudek zum Urteil, das über ihn und seine Frau ergangen ist.

Gleichzeitig zu ihrem Bemühen, sich gegen diese Verurteilung zu wehren, müssten Dudeks ihren Lebensentwurf umstellen und ihre Kinder ab sofort nicht mehr selbst unterrichten, wie sie das in der Vergangenheit wegen ihres christlichen Glaubens getan haben. Sie müssten ihre Gewissensvorbehalte aufgeben und ihre Kinder in die Hände eines Schulsystems geben, dem sie bisher nicht vertrauen konnten. So will es eine Anordnung der Schulbehörden, die sie unter Androhung weiterer Strafen unmißverständlich auffordert, ihre Kinder noch im Laufe dieses Monats zur Ableistung der Schulpflicht am Unterricht öffentlicher Schulen teilnehmen zu lassen. Kommen sie dieser Anordnung nicht nach, ist einer weiterer Strafantrag angekündigt.

Das ist für die Eltern Dudek leichter gesagt als getan. Die Dudeks müssten zu neuen, zu anderen Menschen werden, zu Menschen, die eine neue Identität annehmen müssten. Denn für sie gehört zum Menschsein das, was das Individuum erst zum Menschen macht, wie Jürgen Dudek es mit den Worten "Glaube und Gewissen" ausdrückte. Erst durch den christlichen Glauben werden sie Menschen mit der gottgebenen Würde, die zu schützen eigentlich Verpflichtung aller staatlichen Gewalt ist, wie es das Grundgesetz in Artikel 1 festschreibt. Altbundeskanzler Helmut Schmidt hat erst bei seiner Ansprache am 20. Juli 2008 vor dem Reichstag in Berlin daran erinnert, dass es der Mensch und seine Rechte sind, die für alle das oberste Gebot sind. Dudeks erleben das anders. Nicht ihre Würde und ihre Rechte als Menschen, sondern die Anordnung der Schulbehörden, ihre Kinder in das staatliche Schulsystem zu integrieren, soll als oberstes Gebot durchgesetzt werden. Dudeks müssten sich diesem staatlichen Gebot unterwerfen, müssten ein neues Gewissen entwickeln oder mit einem "vergewaltigten Gewissen" leben.

Für die meisten Menschen scheint das staatliche Schulsystem keine Gewissenslast mit sich zu bringen. Menschen wie die Familie Dudek sind eher die Ausnahme. Das hessische Schulgesetz gibt indes dem Schulamt die Möglichkeit, bei Vorliegen wichtiger Gründe Ausnahmen vom Besuch der staatlichen Schule zu genehmigen. Für Dudeks gibt es wichtige Gründe, Gründe, die für sie von existentieller Bedeutung sind. Warum für sie dennoch keine Ausnahmegenehmigung erteilt wurde, und dies nicht, obwohl sie für die Bildung ihrer Kinder bisher bestens gesorgt haben, erschließt sich den Dudeks nur indirekt: "Das ist vom Kultusministerium so angeordnet", weiß Dudek.

Das Landgericht erklärt in seiner Urteilsbegründung der Freiheitsstrafen vor allem, weshalb die "Pflichtwidrigkeit" der Dudeks "ungewöhnlich groß" sei. Nach Auffassung des Gerichtes muss die "Rechtsordnung verteidigt" werden. Nach allgemein geltender Logik kann nur verteidigt werden, was angegriffen wird. Demzufolge stellt also die Weigerung der Dudeks, die häusliche Bildung ihrer Kinder durch die staatliche verordnete Bildung mit allem was dazugehört zu ersetzen, ein Angriff auf die Rechtsordnung des Staates dar. Mithin sind Jürgen und Rosemarie Dudek durch ihren christlichen Glauben zum "Angreifer" auf die Rechtsordnung eines Staates geworden, dessen Werte und Inhalte der schulischen Bildung mit christlichen Werten für sie nicht mehr vereinbar sind.

Es ist nicht der erste Fall, in dem Menschen, die alles andere als Sektierer sind, zu dieser Gewissensüberzeugung gekommen sind. Die Dudeks teilen dieses Schicksal mit einer ganzen Reihe anderer untadeliger Bürger, die sich dem staatlichen Bildungsdiktat aufgrund ihrer christlichen Gewissensverantwortung vor Gott nicht unterwerfen konnten. Wer hätte damals gedacht, als der Verfassungskonvent von Herrenchiemsee das Grundgesetz entwickelte und in seiner Präambel "In Verantwortung vor Gott und den Menschen ..." formulierte, dass heute Menschen, die von dieser Gewissensverantwortung ebenso beseelt sind wie unser Verfassungskonvent, dafür ins Gefängnis gehen oder auswandern müssen?

Es stellt sich nur vordergründig die Frage, was sich voneinander entfernt hat, damit es zu solch einer Entwicklung kommen konnte. Die Antwort liegt auf der Hand: Es sind die Werte und der Umgang mit Werten, die im heutigen Prozess schulischer Bildung zugrundegelegt werden. Sie haben sich für Menschen, die sehr konsequent zu ihrem christlichen Glauben stehen, soweit von christlichen Werten entfernt, dass sie in Verantwortung vor Gott und ihren Kindern diese dem staatlichen Schulsystem nicht mehr anvertrauen können.

Werden die Dudeks ihre Identität über Bord werfen oder werden sie für die Wahrung ihrer Identität in Gefängnis gehen und damit zu christlichen Märtyrern werden, die einen Opfergang antreten, weil sie sich weigern, der Anordnung eines Schulamtsdirektors, der sich auf eine ministerielle Weisung und seinen Amtseid beruft, zu folgen? Die Entwicklung wird zeigen, ob es zu einem Opfergang kommt und wie er beschaffen sein wird.

Wir leben in einem Land vieler Freiheiten. So gibt es zum Beispiel die Freiheit, die Soldaten dieses Staates ungestraft als Mörder zu bezeichnen, es gibt Homosexuellen und Lesben die Freiheit, eheähnliche - vielleicht auch bald ehegleiche - Lebensgemeinschaften abschließen zu dürfen, es gibt die Freiheit, ungeborene Kinder ungestraft zu töten oder töten zu lassen, es gibt aber Christen nicht die Freiheit, ihre Kinder selbst im christlichen Glauben zu erziehen und zu bilden. Damit stellt sich eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung, sozusagen eine Dudek-Frage: "Wie frei ist ein Land, das kriminelle Bestrafung vollstreckt, die christliche Eltern zu Rechtsbrechern abstempelt?"


Vorheriger MEDRUM-Artikel über den Fall "Familie Dudek"

-> Revision gegen Verhängung von Gefängnisstrafen eingelegt


MEDRUM-Artikel über eine "Homeschool"-Familie in Süddeutschland

-> Eine christliche Familie aus Süddeutschland hat Asyl im Ausland gefunden


letzter MEDRUM-Artikel zum Fall "Familie Gorber", die ihre Kinder etwa 10 Jahre selbst unterrichtet hatten:

-> Drei Stunden-Wochenendbesuch der Eltern Gorber bei ihren Töchtern in Geisterheim


Leserbriefe

Wenn ich - wie aktuell Dudek und Gorber - von christlichen Familien lese, die ihre Kinder aus Gewissensgründen nicht auf die staatliche Schule schicken sondern zuhause unterrichten, bin ich "hin und her gerissen". Diese Familien nennen sich bibeltreu und leben sicher in voller Überzeugung ihren christlichen Glauben. Sind aber somit die tausenden anderen christlichen Familien, die ihre Kinder an staatliche Schulen schicken weniger fromm oder bibeltreu? Diesen Eindruck könnte man gewinnen, wenn man o.g. Berichterstattungen liest. (Zitat: "Für die meisten Menschen scheint das staatliche Schulsystem keine Gewissenslast mit sich zu bringen.", "Identität über Bord werfen" usw.). Ich finde es unpassend, den Eltern, die ihre Kinder mit gutem Gewissen in die Schule schicken, ein schlechtes Gewissen einzureden oder sie gar als weniger fromm oder bibeltreu einzustufen! Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass es weder uns noch unseren Kindern (3 erwachsene, 3 Schulkinder, 1 Kleinkind) geschadet hat, in eine staatlichen Schule zu gehen. Im Gegenteil, im behüteten Elternhaus wären wir und unsere Kinder in unserem Glauben nicht so gestärkt und geformt worden wie in der Auseinandersetzung mit anderen Weltanschauungen. Wir als Eltern sind im DDR-Schulsystem nicht wenigen Repressalien ausgesetzt gewesen (einzige nicht FDJ-ler, einzige Konfirmanden usw.) und doch sind wir dadurch in unserer Überzeugung geformt und gestärkt wurden. Auch unsere Kinder sind zu aufrechten Christen herangewachsen, die sich nicht scheuen, ihren Glauben zu bezeugen - Gott sei Dank! Jesus hat uns ganz klar einen Missionsauftrag erteilt, ich glaube nicht, dass wir den abgeschottet auf einer christlichen Insel ausführen können. Er hat uns auch versprochen, immer und überall (auch in der Schule!) bei uns zu sein und uns zu stärken - wollen wir das etwa bezweifeln und denken, wir müssten unsere Kinder selbst beschützen? Jesus selbst hat es uns beispielhaft vorgelebt, was es heißt, "in der Welt aber nicht von der Welt" zu sein. Ich denke, es ist wichtig, dass wir unseren Kindern von Klein auf das gute Rüstzeug des Glaubens mitgeben. Wenn es dann mit dem Schulalter so weit ist, sie "in die Welt" zu lassen, dürfen wir sie getrost dem Schutz unseres Heilandes anbefehlen und sie das auch wissen lassen. Unser Glaube muss sich durch das Feuer des Alltages bewähren können, um zu reifen und zu wachsen. Denn: "Wer will uns scheiden von der Liebe Christi? Trübsal oder Angst oder Verfolgung oder Hunger oder Blöße oder Gefahr oder Schwert? Wie geschrieben steht (Psalm 44,23): »Um deinetwillen werden wir getötet den ganzen Tag; wir sind geachtet wie Schlachtschafe.« Aber in dem allen überwinden wir weit durch den, der uns geliebt hat. Denn ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch eine andere Kreatur uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserm Herrn. " (Röm 8,35-39). Dem ist nichts hinzuzufügen.