Sie sind hier

Rüttgers will Bundesstaat gegen Bundesverfassungsgerichtsurteil


15.07.09

Rüttgers will Bundesstaat gegen Bundesverfassungsgerichtsurteil

Stellvertretender CDU-Vorsitzender plädiert in Süddeutscher Zeitung für Änderung des Grundgesetzes

Ein Zwischenruf von Kurt J. Heinz

(MEDRUM) Der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Jürgen Rüttgers hat in einem Artikel in der Süddeutschen Zeitung Stellung gegen das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum Lissabonner Vertrag bezogen.

Durch das Karlsruher Urteil dürfe man sich nicht "in eine Sackgasse manövrieren" lassen. Es dürfe nicht den Weg zu einem europäischen Bundesstaat verbauen. Das Grundgesetz müsse geändert werden, um Unklarheiten zu beseitigen, so Rüttgers.

Der CDU-Politiker aus Nordrhein-Westfalen stellt damit Kernpunkte des Karlsruher Urteilsspruchs in Frage. Denn das Bundesverfassungsgericht hat eingehend begründet, dass Regelungen im Lissabonner Vertrag nur dann nicht verfassungswidrig sind, wenn damit keine unzulässige Abgabe von Kompetenzen der deutschen Verfassungsorgane Bundestag und Bundesrat an die Europäische Union verbunden ist, die einer Integration Deutschlands in einen Bundesstaat Europäische Union gleichkäme. Das Karlsruher Verfassungsorgan hatte unmißverständlich festgestellt, dass eine Integration der Bundesrepbublik in einen Bundesstaat EU auf der Grundlage des Grundgesetzes nicht zulässig ist und darum verfassungswidrig wäre. Die Identität des deutschen Volkes und die Grundordnung des deutschen Staates sind unantastbar, verlauteten die Karlsruher Richter in ihrem Urteilsspruch.

Jürgen Rüttgers macht dagegen nun offen Stimmung. Das Urteil sei „Wasser auf die Mühlen all jener, die immer noch der Nationalstaatsidee des 19. Jahrhunderts anhängen", schreibt Rüttgers. Die EU vereine jedoch nicht Staaten, sondern Völker. „Eine Gleichsetzung von Volk, Nation und Staat beruht auf einem überholten Denken", schreibt er in seinem Artikel. Rüttgers betreibt damit eine polemische Urteilsschelte und plädiert für die Auflösung des deutschen Staates. Das ist die seiner Aussage innewohnende Logik. Denn weder das deutsche Volk noch die deutsche Nation haben aufgehört zu existieren. Sie haben sich weder in einem europäischen Volk noch in einer europäischen Nation aufgelöst.  Wenn also, wie Rüttgers sagt, deutsches Volk, Nation und deutscher Staat nicht mehr gleichgesetzt werden dürfen, stünde nur die Auflösung des deutschen Staates zur Disposition. Und genau das haben die Karlsruher Richter mit Recht untersagt, solange dieses Grundgesetz gilt und dem deutschen Volk und der deutschen Nation ihre Identität und staatliche Grundordnung gibt. Wer etwas anderes will, wie es Rüttgers erklärt hat, der kann dies nur tun, wenn sich das deutsche Volk zuvor eine andere Verfassung gegeben hat.

Das Karlsruher Urteil orientiert sich weder an Nationalstaatsideen des vorvergangenen Jahrhunderts noch an politischen Wunschvorstellungen von Politikern, die offenbar bereit sind, sich über unsere Verfassung hinwegzusetzen. Die Richter aus Karlruhe haben genau das getan, was ihres Amtes ist, nämlich die ihnen verfassungsgemäß zugewiesene Aufgabe erfüllt, diese Verfassung für den deutschen Souverän zu hüten, solange sie gilt. Dies haben alle Bürger dieses Landes, ganz besonders aber auf Zeit gewählte Repräsentanten unserer Volkes - auch ein Ministerpräsident - zu achten und zu beachten. Rüttgers Äußerungen stellen daher nicht nur eine klare Mißachtung des Bundesverfassungsgerichtes, sondern auch des deutschen Souveräns dar.

Wer so mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes umgeht, gibt eine Geringschätzung für eine Verfassung zu erkennen, die alle nur erdenkbaren Lehren aus der deutschen Geschichte erfolgreich gezogen hat. Diese Verfassung darf nicht als Manövriermasse mißhandelt werden. Wer dies dennoch tut, der verspielt das Vertrauen der Bürger und setzt das höchste Rechtsgut der Deutschen leichtfertig aufs Spiel. Es ist ein Spiel mit dem Feuer. Wer soll denn diese Verfassung und ihre Verfassungsorgane noch achten, wenn schon der Ministerpräsident eines Bundeslandes einen eklatanten Mangel Achtung und Gehorsam gegenüber dieser Verfassung und ihrem Hüter zu erkennen gibt. Nicht nur bei der Europäischen Union, auch bei Jürgen Rüttgers gibt es ein bedenkliches Demokratie-Defizit.


Süddeutsche Zeitung -> Mehr Macht für Europa

Die Freie Welt -> Karl Feldmeyer: Die große Mehrheit lehnt einen EU-Bundesstaat ab

MEDRUM -> Nimmt die CDU das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes so ernst wie die CSU?


Leserbriefe

Wer bislang der Meinung war, dass die CDU die Gewähr für den Fortbestand unseres Grundgesetzes garantiere, muss sich spätestens heute fragen, wohin unsere Politiker ihre "dummen Schafe" (= Stimmvieh) treiben wollen. Es ist erschreckend, mit welcher Arroganz sich Herr Rüttgers über sein Volk und dessen Meinung hinwegsetzt. Zumal er genau weiß, dass in einer Volksabstimmung über den Lissabonvertrag die Zustimmung hierfür mit mehr als 3 Fragezeichen versehen werden müsste. Auch andere CDU-Politiker wie z. B. Wolfgang Schäuble, haben sich in der ablaufenden Wahlperiode wahrlich nicht "mit Ruhm bekleckert". Politiker, die die Verfassung in Frage stellen, stellen sich letzlich selbst in Frage. Einem schlechten Schüler würde man das Attest "Thema verfehlt - Sechs!" ausstellen. Herr Rüttgers, das war eine glatte 6!!! - Versetzung in die nächste Klasse (Wahlperiode) ausgeschlossen!

http://www.segen-fuer-deutschland.de

Der zuvor gegebenen Antwort kann ich nur zustimmen. Die Brüssel-er EU-Behörde betrachte ich als ein neues Politbüro. Wir sind das christliche Abendland und nicht das muslimische Morgenland. Wir sollten der Geschichte immer noch dankbar sein, das die Türken vor gut 300 Jahren vor den Toren Wien's aufgehalten worden; wenn die Schwachköpfe so weitermachen, dann regieren uns demnächst die Ajatollahs. Nicht umsonst lassen sich die Brüssel-er Bürokraten nicht vom Volk wählen! Die Entwicklung ist einfach haarsträubend!