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Ratsvorsitzender Schneider wechselt Kurs in Richtung aktiver Sterbehilfe


04.09.12

Ratsvorsitzender Schneider wechselt Kurs in Richtung aktiver Sterbehilfe

Grenzüberschreitung: Angehörige oder andere nahestehende Personen sollen bei Suzidhilfe straffrei bleiben

(MEDRUM) Wie die Rheinische Post berichtete, tritt der Ratsvorsitzende der EKD, Präses Nikolaus Schneider, für eine aktive Sterbehilfe in bestimmten Fällen ein (Rheinische Post: "Präses Schneider für begrenzte Sterbehilfe").

"Geist der Liebe" ein Unterscheidungskriterium?

Schneider unterstützt den Gesetzentwurf der Bundesregierung "zur Strafbarkeit der gewerbsmäßigen Förderung der Selbsttötung", der gewerbsmäßige Sterbehilfe unter Strafe, aber aktive Sterbehilfe durch nahestehende Personen straffrei stellen soll. Schneider sagte laut Rheinische Post: "Man kann nicht alle Grauzonen regeln wollen." Bei der Unterscheidung zwischen aktiver und passiver Sterbehilfe könne man die Unterschiede oft nicht mehr so genau definieren. Als Gemeindepastor habe er die Erfahrung gemacht, dass Menschen, die den Betroffenen sehr nahe stünden, im Geist der Liebe mit der Grauzone zwischen passiver und aktiver Sterbehilfe umgingen.

Mit seiner jetzigen Haltung kommt Schneider dem umstrittenen Gesetzentwurf der Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger entgegen. Bestraft werden soll, wer anderen die "Gelegenheit zur Selbsttötung gewährt, verschafft oder vermittelt". Der Gesetzentwurf stellt diese sogenannte aktive Sterbehilfe aber nur dann unter Strafe, wenn sie absichtlich und gewerbsmäßig geleistet wird. Nahestehende Personen, die nicht gewerbsmäßig handeln, wie etwa Angehörige, sollen straffrei bleiben. Zum diesem Personenkreis könnten im Einzelfall auch nahestehende Ärzte oder Pfleger gehören. Im Gesetzentwurf heißt es: "Ein nicht gewerbsmäßig handelnder Teilnehmer ist straffrei, wenn der in Absatz 1 genannte andere sein Angehöriger oder eine andere ihm nahestehende Person ist." Der von Schneider als Legitimation propagierte "Geist der Liebe" wird im Gesetzentwurf nicht erwähnt.

Ethische Grenze nicht mehr aufrechterhalten

Vor zwei Jahren sagte Schneider noch, er sei strikt dagegen, der Tötung auf Verlangen den Weg zu bereiten. "Die aktive Sterbehilfe ist ethisch nicht gerechtfertigt. Diese Grenze wollen und werden wir aufrechterhalten", versicherte Schneider nach der Verkündung des Grundsatzurteils zur Sterbehilfe durch den Bundesgerichtshof im Juni 2010.

Auch die Ärztezeitung hob Schneiders jetzige Position hervor und schrieb am 30.08.12, die Bundesregierung wolle Straffreiheit für Bürger, die Nahestehenden beim Suizid helfen. Nun habe sich auch der Ratsvorsitzende der evangelischen Kirche dafür ausgesprochen.

Mit seiner jetzigen Position billigt Schneider es dem Menschen zu, autonom über das Ende seines Lebens zu bestimmen.  Dadurch und in besonderem Maße durch die Straffreiheit für andere, an solchen Tötungsakten mitzuwirken, wird einer Grauzone der Boden bereitet, die mit dem Tabu bricht, nicht über das Leben des Menschen verfügen zu dürfen.

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Im März 2013 wird Präses Nikolaus Schneider aus dem Amt als Präses der Rheinischen Landeskirche, das er 2003 übernommen hatte, ausscheiden. Seine Amtsperiode als Ratsvorsitzender der EKD endet 2015. Am Montag konnte Präses Schneider seinen 65. Geburtstag feiern. Bei einem Geburtstagsempfang betonte die Ministerpräsidentin von NRW, Hannelore Kraft, Schneider zeichne eine Weltoffenheit aus, «die man sich bei vielen anderen, auch aktuell wünschen würde» (Kölner Stadtanzeiger).


Aus dem Medienspiegel:

31.08.12 Rheinische Post Präses Schneider für begrenzte Sterbehilfe
30.08.12 Ärztezeitung EKD-Ratschef: Sterbehilfe in engen Grenzen
26.06.10 Spiegel Evangelische Kirche begrüßt Sterbehilfe-Urteil

Leserbriefe

Sehr geehrte Redaktion,

meiner Meinung nach lässt sich aktive Sterbehilfe, von wem auch immer, nicht mit dem Wort Gottes vereinbaren - auch nicht "im Geist der Liebe". Denn Gott ist Herr über Leben und Tod. Meine Frage, ausgelöst durch Ihren letzten Satz, "nicht über das Leben des Menschen verfügen zu dürfen", ist jedoch, ob wir das nicht schon längst in vielen anderen Bereichen tun. Dabei denke ich nicht einmal zuerst an die tausendfache Tötung im Mutterleib, weil hier keine Rede von einer Grauzone sein kann, sondern eindeutig das Wort Gottes übertreten wird. Ich denke z.B. an die vielen Menschen, die über lange Zeit durch Maschinen künstlich am Leben erhalten werden, ohne dass eine Aussicht auf Heilung bestünde. Denn ist nicht die künstliche Lebensverlängerung genauso eine Verfügung über das menschliche Leben? Und zwar eine, die die Frage nach aktiver Sterbehilfe oft erst auslöst? Darum meine ich, dass die Diskussion schon früher ansetzen sollte. Vor allem aber sollten wir Christen uns wieder unseren Hauptauftrag widmen: Das Evangelium verkündigen und Menschen auf das ewige Leben und den ewigen Tod hinweisen. Jemand, der sich im Laufe seines (gesunden) Lebens ganz Jesus Christus übereignet hat, braucht am Ende seines Lebens weder künstliche Lebensverlängerung noch "Sterbehilfe", weil er weiß, er wird zum liebenden Gott gehen.

Mit einem freundlichen Gruß und Gottes Segen,

Sehr geehrter Pastor Jacobus,
offensichtlich stecken sie immer noch in nun beinahe zweitausend Jahre alten Denkmustern fest. Viel haben diese mit der heutigen Diskussion und Lebenswirklichkeit nicht mehr zu tun.
Gibt es denn ein Problem damit, dass Menschen, die durch *künstliche* Methoden weit über ihre vorhergesehene Lebenszeit in einem Zwischenzustand festgehalten werden, diesen schlicht und ergreifend unnatürlichen Zustand zu beenden?
Mit freundlichen Grüßen, ein Skeptiker.

Als Mitglied in einer Landeskirche, die der EKD angehört, und als Politiker mißfällt mir der Kurs der EKD unter dem Präses Schneider schon seit einiger Zeit. Es wächst der Eindruck, dass die EKD zu einer Art Vorfeld-Organisation des rot-grünen bzw. linken Parteispektrums wird. Hier wird die Mitwirkung der Kirchen, zumal einer Dachorganisation von Kirchen, weit überdehnt. Das Maß ist voll.

Wir brauchen eine Reform der EKD an Haupt und Gliedern. Es kann nicht sein, dass die Präses der EKD-Synode aktiv an der Parteispitze einer Partei Politik macht. Es kann genausowenig sein, dass der Vorsitzende des Rates der EKD einer Entwicklung Vorschub leistet, in der Menschen über den Tod anderer Menschen entscheiden. Seltsam still bis unhörbar ist die Position der EKD zur nach wie vor 100.000-fachen Tötung von Menschen im Mutterleib. Vergleicht man diese Positionen mit den parteipolitischen Positionen des linken Parteienspektrums, fällt die Übereinstimmung eklatant ins Auge.

Christliche Kirchen sind Christus rechenschaftspflichtig. Kirchen sollten richtungsweisende Impulse für die Gesellschaft geben, die sich aus Gottes Liebe für uns Menschen ableitet, die die hilfreichen Ordnungen Gottes für uns Menschen als lebensspendend und lebenserhaltend verstehbar machen. Die Kirchen verkünden Christus, der von sich sagt: "Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben." Christus steht für das Leben, er ist ProLife. Gottes Wort sagt uns eindeutig, dass - auch in den zugegeben schwierig zu regelnden Grauzonen, die die moderne Medizin hervorgebracht hat - Gott der ist, der bestimmt, wann das uns geschenkte Leben auf der Erde enden soll. Das ist nicht in der Verfügung von (anderen) Menschen. Diese Grenze muß eine christliche Kirche deutlich in der Gesellschaft zu Gehör bringen. Wenn Salz nicht mehr salzt, ist es unnütz.

Wenn die EKD sich nicht mehr an Christus und seinen Vorgaben orientiert, sondern zwischenmenschlich argumentiert, also auf der Horizontalen anstatt aus der Vertikalen abgeleitet, dann ist die EKD im gesellschaftlichen Willensbildungsprozess überflüssig bzw. aus der Perspektive Himmelreichs sogar schädlich. Wenn nämlich nicht-christliche Positionen als christlich "verkauft" werden, ist das Etikettenschwindel, der Menschen irreführt, statt zur richtigen Erkenntnis.

In beiden oben genannten Rollen, als Mitglied in einer EKD-Kirche und als Politiker, fordere ich die EKD-Leitungsgremien auf, Konsequenzen zu ziehen, Herrn Präses Schneider zu inhaltlicher Korrektur und Frau Göring-Eckardt zur Niederlegung ihres Amtes zu veranlassen.

Vielen Dank für dieses Statement. Wie sehr wünschen Wähler der christlichen Parteien sich, daß das Kreuz wieder im Mittelpunkt von Glauben und Leben der Gesellschaft steht? Und daß Politiker das Kreuz haben, für Christus zu stehen, den Herrn zu bekennen. Sehen wir doch: Ein Balken des Kreuzes zeigt nach oben, das bedeutet Frieden mit Gott. Der zweite Balken zeigt in die Horizontale, Frieden mit den Mitmenschen. Ein Paradebeispiel dafür ist meines Erachtens das Leben und der Wandel des gegenwärtigen Papstes Benedikt XVI., soweit ich das beurteilen kann. Wenn ich an die Rede des Papstes im Deutschen Bundestag am 22.11.2011 denke, dann kommen mir die Tränen vor Dankbarkeit, daß Worte der Weisheit Gottes an dieser historisch bedeutsamen Stätte und in solch tiefer Liebe verkündigt werden durften. Bitte verzeihen Sie mir, ich bin evangelisch und erst vor einiger Zeit zum Glauben gekommen. Aber meiner Ansicht nach geht die Reformation der Kirche von heute, die Treue des Glaubens in Glauben, nunmehr zumeist von vielen Geschwistern der katholischen Kirche aus und nicht von der Führung einer ehemals lutherisch reformierten EKD. Das tut mir sehr leid. Ich wünsche mir eine geistige Erneuerung in der Christenheit Deutschlands und daß Politiker wie Sie, lieber Verfasser obigen Statements "EKD braucht...", mit Namen und Adresse die Initiative ergreifen.
In Liebe Jesu verbunden,
Dieter Schimmelpfennig
http://www.dieter-schimmelpfennig.de

Diese Situationsethik hat mit Ethik nichts und mit dem Wort Gottes noch weniger zu tun. Sie hebt den Schutz von Menschen auf, die ihn am meisten brauchen. Leider ist das die logische Fortführung der Abtreibung. Wenn begonnen wird, Grenzen zu verschieben, dann kann keine endgültige Grenze festgelegt werden. Der Druck diese Grenze zu verschieben, wird bei Erfolg nicht nachlassen, sondern viele ermutigen in dieser Richtung weiter Druck auszuüben.

Ein weiteres Problem, was ich sehe, dass gerade nahestehende Personen wirtschaftliche Nutznießer eine zeitnahen Ablebens sind. Dieser Geist der „Liebe“, den er da heraufbeschwört, wird wohl betört werden durch die Pflegekosten, die das zu erwartende Erbe mindern können, und durch eine „ sinnvollere Vewrwendung“ des Erbes selbst.

Herr Schneider hat leider noch nicht das Wesen des Menschen verstanden, weil er schon zuvor die Autorität des Wortes Gottes verworfen hat. Leider ist er kein Bischof Gottes, sondern nur ein Prophet des Zeitgeists. Das auf ganzer Linie.

Wieder wird ein Thema, abgehoben von seinem Fundament, seiner Basis behandelt, als ob es sich dabei um Eierhandel oder dergleichen handelte. Wer die Schranken des absoluten Tötungsverbotes niederreißt, handelt nicht fahrlässig, sondern geistig so eingeschränkt, wie es alle Ideologen tun: Kurzsichtig, verblendet, resistent gegen die Vernunft. Wie viele werden in Zukunft in dringender Erwartung des Ablebens des Erblassers versucht sein, da ein wenig nachzuhelfen?

Wenn Herr Schneider sich über die Auferstehungskraft Christi und die Hoffnung auf das Leben nach dem Tode genauso verbreiten würde wie über das Abtöten von Leben, wäre der Kirche viel mehr gedient.

Nun wundere ich mich in unserer Kirche schon fast über gar nichts mehr. Kann denn Herr Schneider nicht sehen, welche Tore hier geöffnet werden? Ja, ich kann durchaus nachvollziehen, dass es für Menschen schwer wird, mit Schmerzen und ohne Aussícht auf Heilung noch gerne zu leben. Aber gerade hier sollte man Hilfe finden - nicht Mord. Ich habe auch sofort gedacht, wie jemand hier schrieb, wie darüber hinaus viele doch eine rosarote Brille aufhaben. Da denken sie allen Ernstes, dass gerade Angehörige usw. immer zum Wohl des Kranken entscheiden würden. Das war und ist doch schon bei der Abtreibung nicht der Fall. Von wegen: die Frauen entscheiden. Frauen werden oft unter allergrößten Druck gebracht. Und dann hier. Wie schon beschrieben: die Angehörigen sind mit einem Schwerkranken auch belastet. Dann sagt jemand so ganz lieb nebenbei zu dem/der Kranken: "Ach, wir würden ja so gerne mal wieder in Urlaub fahren. Aber durch die Kosten für deine Krankheit bleibt uns nichts und wir können ja auch nicht weg. Aber, ehrlich, willst du wirklich so weiterleben?" Das erscheint übertrieben, ist aber eher noch sanft gesagt. Ist sich eigentlich Herr Schneider seiner riesigen Verantwortung bewußt, die er hat? Ich hoffe, er besinnt sich noch.

... genauso habe ich es erwartet: Das Echo aus der Leitungsebene unserer Kirche gibt mit kurzer Zeitverzögerung wieder, was andere vorher schon gesagt haben. Herr Schneider erweist sich damit als ein geschickter Politiker, dessen einziges Interesse zu sein scheint, an der Macht zu bleiben und der die dafür erforderlichen Regeln hervorragend beherrscht. Sollte die allgemeine Stimmung zur Sterbehilfe mal ins Gegenteil umschlagen, wird Herr Schneider aller Erwartung nach auch seine Meinung dazu ins Gegenteil umschlagen lassen ... Mein Vorschlag: Politiker sollten dorthin gehen, wo sie hingehören: in die Politik. Kirche sollte von Leuten geleitet werden, die nicht derart von politischen Interessen geleitet werden wie Herr Schneider (oder Frau Göring-Eckard und andere).