08.10.13
Künneth-Preis für Lutz Scheuflers Gewissensentscheidung
Philosoph Harald Seubert: Es ist nicht selbstverständlich, dass Scheufler das Selbstverständliche getan hat.
(MEDRUM) Das Gewissen galt nichts im Dritten Reich. Dies war der Grund, weshalb die Verfassungsgeber 1949 im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland dem Schutz des Gewissens einen besonders hohen Rang gaben. Und dennoch kann es auch heute eine ungeheure Last für den Einzelnen bedeuten, seinem Gewissen zu folgen. Der Evangelist Lutz Scheufler gehört zu jenen, die eine solche Last auf sich genommen haben, um ihrem Gewissen treu zu bleiben. Am Sonntag wurde er dafür in Nürnberg mit dem Walter-Künneth-Preis geehrt.
Bekenntnistreue wichtiger als Gleichstellung homosexueller Lebensweisen
Lutz Scheufler war 2012 durch einen Beschluss der Evangelischen Kirche in Sachsen in Gewissensnot geraten. Auslöser seines Konfliktes war der Beschluss der Sächsischen Landeskirche auf der Frühjahrstagung der Synode, homosexuell lebenden Pfarrern das Zusammenleben mit ihren Partnern im Pfarramt zu gestatten. Dazu hatte ein engagierter Kreis von Kirchenmitgliedern, darunter Lutz Scheufler, am 1. Juni 2012 erklärt, dass nach ihrem Schriftverständnis praktizierte Homosexualität mit der Heiligen Schrift nicht vereinbar sei. Deshalb, so verlautbarten sie, könnten sie dem Beschluss der sächsischen Landessynode nicht folgen. Ihre Erklärung gipfelte in der Feststellung: "Der „status confessionis“ ist gegeben. Darum stellen wir fest: Den Landesbischof, die Kirchenleitung und die Landessynode erkennen wir nicht mehr als geistliche Leitung unserer Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens an." Lutz Scheufler wurde wegen seiner Haltung, die Person des Landesbischofs Bohl nicht mehr als "geistlichen" Leiter anzuerkennen, vom Dienst in der Landeskirche suspendiert und erhielt später die Kündigung.
Wegen Gewissenstreue aus dem Dienstverhältnis entfernt
Gegen die Entscheidung der sächsischen Landeskirche hatte es zunächst starken Protest gegeben. So forderte beispielsweise die Internationale Konferenz Bekennender Gemeinschaften die Kirchenleitung in Sachsen auf, ihre Sanktionen gegen Lutz Scheufler zurückzunehmen. Es wurde von einem "ungeistlichen" Versuch der Einschüchterung gesprochen. Doch die Landeskirche blieb bei ihrer unnachgiebigen Haltung. Dennoch war Scheufler nicht bereit, seine, sich auf die Bibel berufende, Position aufzugeben, während die Landeskirche an ihren Entscheidungen über das Zusammenleben von homosexuellen Pfarrerinnnen und Pfarrern festhielt und die Kündigung von Lutz Scheufler aussprach. Seit 1. April 2013 steht der fünffache Familienvater nicht mehr im Dienst der Landeskirche. Er wurde aus dem Dienstverhältnis entfernt. Seitdem ist Scheufler als freier Evangelist unterwegs. Er kommt in landes- und freikirchliche sowie unabhängige Gemeinden, in pietistische Gemeinschaften und CVJM-Gruppen in ganz Deutschland.
Einsatz für die rechte Lehre
Mit der jetzigen Künneth-Preis-Verleihung, die am Sonntagnachmittag im Beisein von etwa 120 geladenen Gästen in Nürnberg stattfand, würdigte die Kirchliche Sammlung um Bibel und Bekenntnis in Bayern (KSBB) die Gewissenstreue von Scheufler und seine Bereitschaft, persönliche Nachteile dafür zu ertragen.
In der Begründung der Auszeichnung heißt es: "Wegen seines vorbildlichen Handelns und Einsatzes für die rechte Lehre in Wort und Tat, insbesondere aber für sein Festhalten am Zeugnis der Bibel, für das er persönliche Nachteile in Kauf nahm, erhält heute Herr Evangelist Lutz Scheufler den diesjährigen Walter-Künneth-Preis."
Laudator Seubert: Der "status confessionis" war für Scheufler erreicht
Der Laudator, der Philosoph Harald Seubert von der Staatsunabhängigen Theologischen Hochschule Basel (Bild links), erinnerte in seiner Ansprache, worauf es ankomme: Gott mehr zu gehorchen als den Menschen. Diese biblische Grundforderung, die die Haltung des Theologen und Namensgebers des Preises, Walter Künneth, geprägt habe, kennzeichne auch die Haltung von Lutz Scheufler. Seubert: "Wo das an das Zeugnis der Schrift gebundene Gewissen den status confessionis erkennt, da hat ein Christenmensch nicht nur das Recht, sondern die Pflicht, sich zu widersetzen." Wenn den Menschen und dem Zeitgeist mehr gehorcht werde als Gottes Gebot und Weisung, und wenn dies dann auch noch für kirchlich und christlich ausgegeben werde, dann sei der "status confessionis" erreicht, so Seubert. Dieser Punkt sei für Scheufler mit homosexuellen Partnerschaften im Pfarramt und ihrer Gleichstellung mit der Ehe erreicht worden.
Handeln im lutherischen Sinne
Seubert stellt heraus, wie die Landeskirche bei der Durchsetzung der kirchlichen Anerkennung homosexueller Lebensweisen vorgegangen ist: "Wie in einer Vielzahl ähnlicher Fälle wurden in der Novelle des Dienstgesetzes gesellschaftspolitische Forderungen einfach und unbefragt übernommen und in der Kirche durchgesetzt." Dem Bemühen einer Reihe Synodaler, eine umfassende Durchsetzung homosexueller Lebensweisen im Pfarrdienstrecht wenigstens zu beschränken, wurde letztlich kein Gehör geschenkt. Mit der Novelle des Pfarrdienstrechtes habe die evangelische Kirche den Magnus Consensus der Kirche Jesu Christi verlassen. Seubert zur Novelle: "Die kraftlose und durch und durch bürokratisierte Sprache spricht für sich und nicht für die Wahrheit. Hier ist der Magnus Consensus der Kirche Jesu Christi an einem leider nur symptomatischen Punkt in der Methode und in der Sache verlassen." Scheufler hat aus Seuberts Sicht konsequent und im lutherischen Sinne gehandelt, als er sagte: "Die Loyalität zur Institution Kirche kann ich nicht über die Loyalität zur Heiligen Schrift stellen“. Luther, so Seubert, habe es so gesagt „....ich bin gebunden und gefangen in den Worten Gottes. Daher kann und will ich nicht irgendetwas widerrufen, denn gegen das Gewissen zu handeln, ist weder sicher noch heilsam.“
Politisierte Kirche ohne Fundierung auf Schrift und Bekenntnis
In seiner Laudatio spannt Seubert den Bogen vom Pfarrdienstgesetz bis hin zur "Orientierungshilfe Familie" der EKD. Beide zeigten, so Seubert unter Verweis auf den Theologen Slenczka, die „Hilflosigkeit einer politisierten Kirche“, die menschliche Bedürfnisbefriedigung und beliebige Meinungsvielfalt an die Stelle der Fundierung auf Schrift und Bekenntnis gestellt habe. Diese Tendenz ist nach Seuberts Überzeugung programmatisch. Das zeige das theologisch und geistlich nichtige, "politisch aber hoch ambitionierte EKD-Familienpapier".
Was Scheufler getan habe, sei nicht selbstverständlich. Er habe ins Angesicht widerstanden und mit seiner Person bezeugt, welche Bindekraft im Wort Gottes, in Gesetz und Evangelium liegen. Aber, das Selbstverständliche zu tun, sei keineswegs selbstverständlich, so Seubert. Daher gebühre ihm großer Dank und Anerkennung. Der Künneth-Preis soll dem Ausgezeichneten signalisieren, betonte der Philosoph, dass er keineswegs alleine steht und die Aufmerksamkeit auf ihn und seine Arbeit lenken, die weit über den „Fall Scheufler“ hinausgeht.
Künneth-Preis eine großartige Ermutigung
In seiner Erwiderungs- und Dankesrede erinnerte der Evangelist und Liedermacher Scheufler an den Druck, dem er und das Evangelisationsteam ausgesetzt waren und hielt der Kirche vor, dem ideologisch angereicherten Zeitgeist nachzurennen. Er nahm nichts von seiner Gewissensüberzeugung zurück. Dass dieser Widerstand mit dem Künneth-Preis gewürdigt wurde, ist für Scheufler eine große Ermutigung. Auszug aus seiner Ansprache:
"Es ist ein Wunder, dass es das Evangelisations-Team noch gibt. Denn von kirchenamtlicher Seite wurde bis heute vieles versucht, um das Team - nach dem Motto „teile und herrsche" - zu spalten und zu isolieren. Alle Teammitglieder haben die Stellungnahme unterschrieben und niemand hat dem Druck nachgegeben und widerrufen.
Es ist ein Geschenk von Jesus, dass dies den Kirchenfunktionären nicht gelungen ist. Sie sind eigentlich nur zu bedauern. Denn diesen Makel werden sie wohl nie mehr losbekommen. Es sei denn, sie kehren um.
In der Haut von Weichei-Theologen, die das Wort Gottes so zurecht kochen, dass es den Zeitgenossen schmeckt, möchte ich jedenfalls nicht stecken. Auf ihrem Kochrezept steht: Eine Prise Ideologie, ein
bisschen Frieden, zwei Löffel Humanismus und alles übergossen mit einer historisch-kritischen Soße.
Durch meine Suspendierung und nachfolgende Kündigung haben die dafür Verantwortlichen unsere Evangelisten und unser Evangelisationszelt im gesamten deutschsprachigen Raum bekannt gemacht. Ich muss dankbar feststellen: Diese Werbekampagne hätten wir niemals finanzieren können.
Auch wenn ich erst zögerlich war, möchte ich mich jetzt ganz herzlich für den Walter-Künneth-Preis bedanken. Wir haben uns lediglich auf die Heilige Schrift berufen und danach gerichtet, was in der Confessio Augustana, Artikel 28 steht. Dort ist zu lesen, dass wir Bischöfen, die „etwas wider die heilige göttliche Schrift lehren oder
anordnen“ nicht folgen sollen.
Dass diese Haltung durch einen Preis geehrt wird, ist eine großartige Ermutigung!"
Lutz Scheufler im Internet:www.lutz-scheufler.de
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Der Walter-Künneth-Preis ist ein undotierter Preis, der von der Kirchlichen Sammlung um Bibel und Bekenntnis in Bayern (KSBB) für besondere Verdienste um das Bekenntnis vergeben wird. Die KSBB sagt zu diesem Preis: "Der Walter-Künneth-Preis ist nach einem der bedeutendsten deutschen Theologen des 20. Jahrhunderts benannt, dem Erlanger Professor Walter Künneth (1901-1997). Ausgehend vom Zentrum des christlichen Glaubens, der Auferstehung Jesu Christi, nahm Künneth wiederholt Stellung zu Fragen von Politik und Ethik. So geriet er mit den totalitären Systemen des 20. Jahrhunderts in Konflikt. Die Nationalsozialisten belegten ihn mit reichsweitem Schreib- und Redeverbot. In der DDR waren seine Bücher unerwünscht und ihr Besitz konnte negative Konsequenzen haben. ... Die KSBB verleiht diesen Preis an Persönlichkeiten und Werke, die sich im Geiste des Namensgebers auf biblischer Basis um die Bewahrung und Verbreitung des christlich-reformatorischen Erbes in Theologie, Verkündigung, Diakonie und Gesellschaft verdient gemacht haben."
06. Oktober 2013, 14.30 Uhr, Verleihung des Walter-Künneth-Preises 2013
Preisträger: Lutz Scheufler, Evangelist
Laudator: Prof. Dr. Harald Seubert, Fachbereichsleitung Missions- und Religionswissenschaft der StH Basel
Zum Kreis der bisherigen Preisträger gehört der ehemalige und inzwischen verstorbene Verteidigungsminister der SPD, Hans Apel. Er erhielt den Walter-Künneth-Preis 2004.
Kirchliche Sammlung um Bibel und Bekenntnis in Bayern → www.ksbb-bayern.de
Der Laudator, Prof. Dr. Harald Seubert, ist Mitautor des Buches "„Einst opferte Jerobeam ... Häresie – Aufstand des Zeitgeists gegen Gottes Ordnung".
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Ein Aha-Erlebnis besonderer Art zum Thema Glauben und rechte Lehre
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