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Geburtenzahlen unerheblich angestiegen


15.02.09

Geburtenzahlen unerheblich angestiegen

Ursula von der Leyen präsentiert morgen Familienbericht der Bundesregierung und zieht voreilige Schlüsse

Zwischenruf von Kurt J. Heinz

(MEDRUM) Ursula von der Leyen wird morgen den Bericht zur Familienpolitik der Bundesregierung vorstellen. Sie rechnet mit einer Zunahme von 5000 Geburten im Jahr 2008 im Vergleich zum Vorjahr und sieht dies als Erfolg ihrer Familienpolitik.  Wie die "Welt" berichtet, meinte die Bundesministerin für Familie, die Familie habe Konjunktur.

Noch liegen die Zahlen über die Geburtenentwicklung im Jahr 2008 nicht vollständig vor. Von Januar bis September war insgesamt ein geringfügiger Anstieg von 0,66 % zu verzeichnen. Das entspricht einer Zunahme der Geburten um 3.397 von 514.152 auf 517.549 Geburten. Wird dieser Anstieg auf das Gesamtjahr hochgerechnet, müsste die Gesamtzahl der Geburten um 5000 Geburten von 682.000 auf 687.000 steigen. Damit läge die Zahl der Geburten im Jahr 2008 immer noch um den stattlichen Betrag von ca. 44.000 Geburten pro Jahr niedriger als die durchschnittliche Zahl der Geburten pro Jahr in der Regierungszeit der rot-grünen Koalition in den Jahren 1998-2005. Diese Vergleichszahl zeigt einerseits auf, dass sich die Zahl der Geburten auch unter Ursula von der Leyen auf einem unverändert niedrigen Niveau befindet und andrerseits, dass ein Anstieg von 5.000 Geburten nur sehr geringfügige Bedeutung für die Entwicklung der Geburtenzahlen und der Gesamtbevölkerung hat. Eine erfolgreiche Familienpolitik lässt sich mit diesem geringen Anstieg keinesfalls belegen. Es ist ein Zahlenspiel, aus dem genauso gut die Wirkungslosigkeit der Familienpolitik dieser Bundesregierung abgeleitet werden kann, zumindest hinsichtlich der Zahl der Neugeborenen.

Legt man für die Folgejahre  einen beständigen Anstieg der Geburtenzahlen von jährlich 0,66 % zugrunde, würde es bis zu 60 Jahre dauern, bis die Zahl der Kinder pro Frau von heute 1,37 Kindern pro Frau in Deutschland auf den Wert von 2,0 Kindern pro Frau in den USA gestiegen wäre. Dieser Wert müsste etwa erreicht werden, um die Nachkommenschaft einer jeweiligen Generation zu sichern. Ein Wachstum von 0,66 % ist für die Familienpolitik ebenso unbedeutend wie in der Wirtschaftsentwicklung. Von einem Aufschwung kann weder hier noch dort die Rede sein.  Wir bleiben also noch weit von einer akzeptablen Geburtenrate entfernt, wenn es nicht gelingt, in Deutschland in absehbarer Zeit den Kinderwunsch und die Zahl neugeborener Kinder nicht wirklich spürbar und nachhaltig zu steigern. Bei einer jährlichen Wachstumsrate von 2,0 % könnte ein zufriedenstellendes Niveau zumindest innerhalb von 20 Jahren erreicht werden. Daran muss sich auch die Familienpolitik der Ministerin von der Leyen messen lassen.

Die Einführung des Elterngeldes und die Ankündigung, die außerfamiliäre Ganztagesbetreuung massiv auszubauen, haben jedenfalls noch keine wirklich überzeugenden Erfolge bei der Geburtenentwicklung erkennen lassen. Nach dem Kabinettsbeschluß zum Ausbau der Krippenplätze im April 2008 und der Plenardebatte über das Kinderförderungsgesetz im Bundestag im Mai 2008 sind die Geburtenzahlen im Viermonatszeitraum Juni - September 2008 sogar - trotz Einführung des Elterngeldes in 2007 - um durchschnittlich 3,15 % pro Monat gesunken. Der Rückschluß auf eine erfolgreiche Familienpolitik aus den Geburtenzahlen des Jahres 2008, wie er von Ursula von der Leyen gezogen wird, ist daher selbst nicht unter der Annahme haltbar, dass die Geburten auch in den Monaten Oktober - Dezember 2008 gestiegen sind. Die leicht positive Tendenz der Geburtenentwicklung in 2007 bis Mitte 2008 ist ein noch viel zu schwacher und unsicherer Indikator. Eine Trendwende von der 1-Kind-Familie zur 2-Kind-Familie ist insgesamt gesehen noch in weiter Ferne. Die Krise an den Finanzmärkten und der wirtschaftliche Abschwung könnten die Geburtenentwicklung zudem erneut auch ungünstig beeinflussen. Dies wird jedoch erst in der Entwicklung in der zweiten Hälfte dieses Jahres erkennbar werden. Der jetzige Schluss, die Familie habe Konjunktur, könnte sich dann schnell als voreilig und falsch erweisen. Deswegen sollten auch in Vorwahlkampfzeiten keine trügerische Illusionen verbreitet werden. Deutschland ist auch in der Familienpolitik noch nicht aus der Krise herausgeführt.

Die Welt -> Zahl-der-Geburten-in-Deutschland-nimmt-zu

MEDRUM-Artikel -> Deutsche Geburtenrate gehört unverändert zu den niedrigsten Geburtenraten Europas


Pressemitteilung familienbund-bayern.de vom 16.02.09: Babyboomer bekommen Enkel

Auch die Analyse des Familienbundes der Katholiken in Bayern unterstreicht, dass die jetzige Geburtenentwicklung keineswegs durch die Familienpolitik verursacht ist, sondern durch demographische Strukturen erklärt werden kann.