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Deutschland bleibt weiter kinderärmstes Land Europas!


06.11.11

Deutschland bleibt weiter kinderärmstes Land Europas!

Breite Teile der Politik überbieten sich in immer neuen familien- und kinderfeindlichen Forderungen und unternehmen seit Jahrzehnten schlicht nichts dagegen

von Thomas Schirrmacher

(MEDRUM) Vor etwas mehr als einem Jahr veröffentlichte ich meinen Blogeintrag „Deutschland, einer der ärmsten Staaten der Erde - Geburtenzahl sinkt dramatisch: Über das einzige Land der Erde, dass seit 30 Jahren eine Geburtenrate unter 1,4 hat, obwohl 2,08 nötig wären".

Keine Wende: Anteil unter 18-Jähriger sinkt immer weiter

Die neuesten Zahlen aus dem Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes in dessen Bericht „Wie leben Kinder in Deutschland" bestätigen dies, obwohl einige Medien schon die große Wende verkündigen, weil die Geburtenrate ganImagez leicht angestiegen ist und neuerdings die Geburtenrate in den neuen Bundesländern etwas höher als die in den alten Bundesländern ist. Das ist ja durchaus eine positive Entwicklung, hat sich damit doch die Geburtenrate in den neuen Bundesländern von einem weltweiten historischen Tiefpunkt nach der Wiedervereinigung praktisch verdoppelt. Das ändert aber nichts daran, dass die Zahl der unter 18jährigen in den neuen Bundesländern seit 1990 um 29 % (S. 8) gesunken ist (in den alten Bundesländern um 10%).

Der Anteil der unter 18jährigen in Deutschland liegt bei einmalig niedrigen 16,5 % (= 13,1 Mio.; 2000: 18,8% = 15,2 Mio., S. 7) und ohne die vielen Kinder mit Migrationshintergrund läge die Zahl noch niedriger! Selbst in den Nachbarländern liegt der Prozentsatz überall über 20%. Der Präsident des Statistischen Bundeslandes, Roderich Egeler, sprach deswegen zu recht vom „kinderärmsten Land Europas". Das Bundesamt berechnet, dass im Jahr 2030 der Anteil auf 15% sinken wird, bis 2060 auf 14% (MEDRUM-Grafik links oben).

Verheerender Effekt des Nichtstuns

Die Finanzkrisen haben unmittelbar einen verheerenden Effekt, der Effekt der Kinderarmut wird demgegenüber zwar schleichend kommen, aber noch schlimmer sein. Denn Kinder kann man nicht schnell irgendwo leihen und auf den MaImagerkt ‚schießen‘. Von dem Moment, da man versucht, eine neue Generation von Menschen zu gewinnen, gerne und mehr Kinder zu haben, bis zu dem Moment, an dem diese Kinder in den Arbeitsmarkt eintreten und mit ihrem individuellen Schaffen und Können die Kultur bereichern, vergehen nämlich Jahrzehnte.

Das Statistische Bundesamt sagt: „Kinder sind das Wertvollste einer Gesellschaft" (Bericht S. 5; auch hier). Was aber tun, wenn das zwar einflusslose Statistiker so sehen, breite Teile der Medien und Politik sich aber in immer neuen familien- und kinderfeindlichen Forderungen überbieten und seit Jahrzehnten schlicht nichts dagegen unternehmen? Wenn das Bundesverfassungsgericht immer wieder neu entscheidet, dass in Deutschland Familien systematisch im großen Stil benachteiligt werden und bisher kein Urteil wirklich umgesetzt wurde?


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Leserbriefe

Danke an Professor Dr. Thomas Schirrmacher, dass er die Finger in die Wunde legt. Wann endlich kommt der Familiengipfel, der die bisherigen Prämissen der Familienpolitik endlich kritisch hinterfragt, weil sie ja offenbar seit Jahrzehnten nicht das gewünschte Ergebnis bringen. Oder wollen wir aussterben?

Ich wundere mich, dass man sich wundert. Wenn unter familienfreundlich die sogenannte "Vereinbarung von Beruf und Familie" verstanden wird, wenn es als familienfreundlich verstanden wird, Kinder ab 6 Monaten in einer Krippe zu entsorgen, wenn zuerst die Bedürfnisse der Frauen gefördert werden, anstatt die Familie - ist es verwunderlich, dass überhaupt noch Kinder gezeugt und geboren werden. Viele junge Männer, die eine Familie gründen wollen, kommen mit den jungen taffen Frauen, die zu allererst ihre Bedürfnisse befriedigt sehen wollen, nicht mehr klar. Dazu kommt die Unsicherheit der Berufswege. Kompromiss ist ein Fremdwort, Scheidung dagegen Normalität und die Frauen und Männer, die eine klassische Familienführung bevorzugen, werden diskriminiert und als "rückständig" angegriffen. Also hören wir auf, uns zu wundern, sondern fangen wir an, etwas zu tun.

www.agensev.de

Danke, dass Sie diese Problematik wieder aufgegriffen haben. Wir dürfen nicht müde werden, das Thema in die Öffentlichkeit zu bringen. Als Bundesgeschäftsführerin der Familien-Partei Deutschlands kann ich auf eine Reihe von Lösungsvorschlägen hinweisen. Einfach auf unsere Homepage www.familien-partei.de gehen. Noch besser: Mitglied werden! Am allerbesten: Aktives Mitglied werden und Politik mitgestalten.

Mit freundlichen Grüßen
Dagmar Feldmann

Wenn man sich mit jungen Frauen unterhält, dann fallen oftmals drei Dinge besonders auf:
1. Sie rechnen nicht mehr so sehr damit, dass es verantwortungsbewusste Männer gibt, die auch verläßlich Familienväter sein werden.
2. Sie sind programmiert auf das Arbeitsmarktziel, erst muss ich "Frau" in meinem Beruf Erfolg haben, dann kann ich "Frau" für Kinder sorgen.
3. In der Familienplanung vieler Frauen treten Männer kaum in Erscheinung.
Das dieses Zerrbild von Familie die Frauen (und die Kinder) auf eine harte Lebensprobe stellen wird, liegt auf der Hand. Gerne schraubt sich der Journalismus an der allgemeinen Familienfeindlichkeit hoch, wenn es mal wieder darum geht, dass Schwangerschaft eine berufliche Karriere bedroht. "Sie ist in die Babyfalle geraten" heißt es dann zum Beispiel. Schade, dass Baby keine Lobby hat. Denn wenn das keine Diskrimminierung von Kindern ist, was dann?

Es zieht mir die Schuhe aus: Kinderarmut in Deutschland - das liegt am Verfall christlicher Werte, an Amoralität und fehlender Kinderbetreuungsangebote ...

Es wäre an der Zeit einen Konsens zwischen den durchaus richtigen und wichtigen Grundwerten religiöser Erziehung und religiösen Lebens und unserer Zeit zu suchen, anstatt sich verbissen an alten, heute einfach nicht mehr real zu verwirklichenden Bildern festzuhalten. Das beginnt am Mitspracherecht der Kinder, das heute nun mal ohne das Ernstnehmen von kindlichen Anliegen nicht - wie einst über die Köpfe der Kinder hinweg - mehr funktioniert. Das geht weiter mit kirchlichen Dogmen, die für Menschen einer hochgebildeten Gesellschaft oftmals in ihrer Unantastbarkeit unerträglich sind, insbesondere, wenn es sich dabei um das wortgetreue blinde Glaubensgebote von zwar durchaus, der Aussage nach richtigen und wertvollen Geschichten und Bildnissen handelt. Weiterhin sollte sich gerade die Kirche die Frage stellen, in wie weit sie rein leistungsorientiert urteilt, wirtschaftlich abwägt, Unwirtschaftliche(s) ignoriert, Anstrengendes, Aufwendiges, Ungemütliches ausgrenzt. Christliche Werte werden durch Achtung, durch Liebe, Aufmerksamkeit und Licht geschaffen, nicht durch Drohung, Abwertung und Ausgrenzung.