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Verbreitung der Wahrheit über Abtreibung wichtiger als Interessen eines Arztes


29.06.10

Verbreitung der Wahrheit über Abtreibung wichtiger als Interessen eines Arztes

Bundesverfassungsgericht weist Gerichte an, die verfassungsmäßig garantierten Rechte zu beachten

(MEDRUM) Mit seiner Entscheidung vom 8. Juni 2010 hat das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung von Gerichten aufgehoben, die es einem Gegner der Abtreibung untersagen wollten, auf die rechtswidrige Verletzung des Lebensrechtes ungeborener Kinder hinzuweisen.

In der Beschwerdeentscheidung des Gerichtes ging es um den Fall eines Abtreibungsgegners, der sich an zwei Tagen vor der Praxis eines Münchener Frauenarztes aufgestellt hatte. Der Arzt hatte nach den Feststellungen der Gerichte seinerzeit im Rahmen seiner Berufsausübung Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen und hierauf auch im Internet hingewiesen. Der Beschwerdeführer verteilte bei seiner Aktion Flugblätter, auf denen angegeben war, der Arzt führe „rechtswidrige Abtreibungen durch, die aber der deutsche Gesetzgeber erlaubt und nicht unter Strafe stellt“. Auch im Internet machte der Beschwerdeführer auf einer von ihm betriebenen Homepage den Arzt als Abtreibungsmediziner namhaft.

Der Arzt sah sich in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt und erwirkte gegen diese Protestaktion auf zivilrechtlichem Wege einen Anspruch gegen den Protestierer, seine öffentlichen Hinweise auf das Abtreibungsgeschehen in der Praxis des Arztes zu unterlassen. Es wurde ihm ebenso gerichtlich untersagt, im Umkreis von einem Kilometer Kundinnen der Arztpraxis anzusprechen und sie über das kritikwürdige Abtreibungsgeschehen zu informieren. Der Protestierer hatte vergebens gegen diese Gerichtsentscheidungen geklagt und deshalb Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingelegt.

In seiner Entscheidung gab das Bundesverfassungsgericht dem Beschwerdeführer recht und hob die zuvor ergangenen Gerichtsentscheidungen auf. In seiner heutigen Mitteilung stellte das Verfassungsgericht fest:

"Die dem Beschwerdeführer untersagten Äußerungen sind wahre Tatsachenbehauptungen, die den Kläger weder in seiner besonders geschützten Intim- noch in seiner Privatsphäre treffen, sondern lediglich Vorgänge aus seiner Sozialsphäre benennen. Derartige Äußerungen müssen grundsätzlich hingenommen werden und überschreiten regelmäßig erst dann die Schwelle zur Persönlichkeitsrechtsverletzung, wenn sie einen Persönlichkeitsschaden befürchten lassen, der außer Verhältnis zu dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit steht. Eine derart schwerwiegende Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers zeigen die angegriffenen Entscheidungen aber nicht in verfassungsrechtlich tragfähiger Weise auf. Namentlich lassen sie nicht erkennen, dass dem Kläger ein umfassender Verlust an sozialer Achtung drohe, wenn seine Bereitschaft zur Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen zum Gegenstand einer öffentlichen Erörterung gemacht wird. Hiergegen spricht, dass ihm nicht etwa eine strafrechtlich relevante oder auch nur überhaupt gesetzlich verbotene, sondern lediglich eine aus Sicht des Beschwerdeführers moralisch verwerfliche Tätigkeit vorgehalten wurde, auf die zudem der Kläger selbst ebenfalls öffentlich hinwies.

Darüber hinaus haben die Gerichte auch nicht hinreichend gewürdigt, dass der Beschwerdeführer mit dem Thema der Schwangerschaftsabbrüche einen Gegenstand von wesentlichem öffentlichem Interesse angesprochen hat, was das Gewicht seines in die Abwägung einzustellenden Äußerungsinteresses vergrößert."

Der Beschwerdeführer wurde von der Kanzlei des Rechtsanwalts Leo Lennartz aus Euskirchen als Prozeßbevollmächtigtem vertreten. Die Entscheidung der 1. Kammer des BVerfG vom 08.06.2010 (Beschluss 1 BvR 1745/06) wurde von seinem Büro erstritten.

Mit dieser Entscheidung stärkt das Bundesverfassungsgericht die Rechte von Abtreibungsgegnern und Lebensschützern, die immer wieder dem Versuch der Unterdrückung ihres Rechtes ausgesetzt sind, sich für den Schutz des Lebens ungeborener Kinder einzusetzen. Dies wurde beispielsweise auch an einem Artikel des Mitglieds des Landesvorstandes der Linkspartei in Schleswig-Holstein, Asja Huberty, deutlich. Sie nannte die gesetzlichen Regelungen des § 218 als "skandalös" und warnt vor "weiteren kulturellen Rückschritten". Frauen würden durch "Babyfetischismus" und "Kinderkult" genötigt und eine herbeiphantasierte Erklärbarkeit aller menschlichen Eigenschaften durch Gene und Hormone würde untermauert. Huberty hatte sich am Schluß ihres Artikels sogar dafür ausgesprochen, gegen die Abtreibungsgegner einen Krieg zu führen. Das Bundesverfassungsgericht wies mit seiner heutigen Entscheidung auch solche Politiker in ihre Schranken, in dem es klarmachte, daß im Grundgesetz das Recht, die Wahrheit öffentlich zu verbreiten, einen hohen Rang hat, und daß es zur Wahrheit gehört, daß Abtreibungen rechtswidrige Handlungen sind.


29.06.10 Süddeutsche Zeitung Abtreibungsgegner dürfen demonstrieren
14.05.10 MEDRUM Ökumenischer Kirchentag: Platzverweis für Lebensrechtler
21.09.09 MEDRUM Manifest und Kriegserklärung einer Linken

Abtreibung

Leserbriefe

Ich bin sehr dankbar, dass das BVG so entschieden hat. Man sollte wirklich diese Tötungen mehr in das Bewußtsein der Öffentlichkeit bringen und die, die zu solchen Unrechtshandlungen bereit sind, der Öffentlichkeit bekannt machen.