13.05.11
Chacun à son goût - und kirchlich Segen noch dazu!
Berliner Christopher Street Day wird von der Evangelischen Kirche in Union mit dem LSVD durch einen festlichen Gottesdienst eingeläutet
(MEDRUM) Warum sollte die EKD nicht Seite an Seite, in Union mit dem Lesben- und Schwulenverband Deutschlands (LSVD), zum Gottesdienst einladen, um den Christopher Street Day einzuläuten? Kommt zu mir, die ihr mühselig und beladen seid, steht in der Bibel geschrieben.
Bald ist es wieder so weit. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit feiert den Berliner Christopher Street Day (CSD). Organisiert wird der CSD mit der Parade am 25. Juni vom Verein "CSD Berlin e.V.". Bei einem so wichtigen Ereignis darf sich die Kirche nicht heraushalten, scheinen sich die Vertreter der Kirche zu sagen und haben mit dem LSVD eine Union gebildet, die zum Auftakt des CSD zu einer festlichen Messe einlädt. Dank Evangelischer Kirche und LSVD startet der CSD 2011 bereits am Vorabend, wie der Meldung des LSVD zu entnehmen ist. Darin heißt es:
"Evangelische Kirche und Lesben- und Schwulenverband Berlin-Brandenburg laden ein
Der Berliner Christopher Street Day 2011 startet bereits am Vorabend, Freitag, 24. Juni, mit einer festlichen evangelischen Messe in der St. Marienkirche unter dem Fernsehturm. Der Kirchenkreis Stadtmitte lädt dazu in Kooperation mit dem Lesben- und Schwulenverband Berlin-Brandenburg (LSVD) ein."
So verleiht die Kirche im Bündnis mit dem LSVD dem Großereignis CSD, bei dem sich Lesben und Schwulen ein freizügiges Stelldichein auf Berlins Straßen und Plätzen geben werden, einen Schein festlich-kirchlicher Würde. Daß der CSD immer mehr "zum Kommerz- und Porno-Spektakel verkommen" ist, daß "öffentlich kopulierende Männerpaare" sowie eine "massive Präsenz homo- wie heterosexueller Sado-Maso-Anhänger", die ihre „Sklavin" an der Kette durch die Straßen führen, an der Tagesordnung sind, wie Alice Schwarzer kritisch feststellte, hält die Evangelische Kirche nicht davon ab, für die gottesdienstliche Umrahmung des Spektakels zu sorgen. Einer der Mitwirkenden ist immerhin Klaus Wowereit, Berlins Regierender Bürgermeister, der - daran sei erinnert - den Religionsunterricht abgeschafft und durch das Pflichtfach Ethik ersetzt hat. Dessen ungeachtet lädt der Kirchenkreis Berlin-Stadtmitte im Bündnis mit dem Lesben- und Schwulenverband Berlin-Brandenburg (LSVD) zum Gottesdienst um 18.00 Uhr ein, wie das Ökumenische Rogate-Kloster Sankt Michael zu Berlin auf seiner Internetseite mitteilt. Der Superintendent des Kirchenkreises, Bertold Höcker, wird predigen: „Von der Identitätsfindung zum Engagement für alle".
Schon eine Woche zuvor zeigen die Vertreter der Kirche, daß sie bündnisbereit sind. "Die Glocken der Schöneberger Zwölf-Apostel-Kirche läuten ... eine Eröffnungsvesper zum 19. schwul-lesbischen Stadtfest des Regenbogenfonds (18. - 19. Juni) ein", so der LSVD. Das Ökumenische Rogate-Kloster St. Michael hält dazu am Freitag, 17. Juni, 19.30 Uhr, einen Gottesdienst ab. Predigen wird die Schöneberger Superintendentin Birgit Klostermeier. Zur musikalischen Umrahmung ist der schwule Chor Männer-Minne angekündigt. Die liturgische Gestaltung übernehmen Pfarrer Daniel G. Conklin und Frater Franziskus.
Die kirchliche Unterstützung des CSD ist nicht überraschend. Damit setzt die Evangelische Kirche in Berlin nur fort, was in der Evangelischen Landeskirche in Berlin-Brandenburg schlesische Oberlausitz (EKBO) auch an anderer Stelle gängige Praxis geworden ist: die Neuausrichtung kirchlicher Vorstellungen vom sexuellen Zusammenleben am Leitbild sexueller Vielfalt des doch als Mann und Frau füreinander geschaffenen Menschen. Die geistliche Beweglichkeit ist in dieser Gliedkirche so hoch, daß das Jesus-Wort zur Ehe "Was Gott zusammengeführt hat, darf der Mensch nicht scheiden" dafür benützt wird, um für die kirchliche Segnung von homosexuellen Partnerschaften zu werben (MEDRUM berichtete, Abbildung links).
Die Evangelische Kirche demonstriert mit ihrer Bündniswilligkeit bei der Abhaltung von Sonder-Gottesdiensten eine erstaunlich große Beweglichkeit und Anpassungswillen. Doch die evangelische Beweglichkeit birgt auch Risiken. Mit Gottesdiensten für "Homos" wird eine Art separatistischer Gottesdienst-Weg für eine bestimmte Interessengruppe beschritten. Darf das Prinzip, zum Gottesdienst im Bündnis mit einer Interessengruppe einzuladen, gutgeheißen werden? Es könnte durchaus gefragt werden: Wann lädt die Evangelische Kirche zu Gottesdiensten für Heteros, oder für die politische Linke, für die Konservativen, für Migranten oder für Nicht-Migranten ein? Oder hat nicht die Kirche den Auftrag, im Namen ihres Herrn und ohne Bündnis mit einzelnen Interessengruppen zum Gottesdienst einzuladen, um das Evangelium für alle zu verkünden? Und muß nicht - statt eines CSD - das Evangelium Takt- und Impulsgeber für die Gottesdienstfeier sein?
Auch wenn es darauf keine eindeutigen Antworten geben mag, scheint über das Bündnis zwischen evangelischer Kirche und dem LSVD für den CSD jedenfalls Einigkeit zu bestehen, ganz nach dem Prinzip: Chacun à son goût - und kirchlich Segen noch dazu!
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Kontaktinformation
Kirchenkreis Berlin Stadtmitte
Büro der Superintendentur
Superintendent Dr. Bertold Höcker
Klosterstr. 66
10179 Berlin-Mitte
Tel (030) 25 81 85-100
Fax (030) 25 81 85-109
Internet: www.kkbs.de
Email: leitung@kkbs.de
Generalsuperintendentur:
Superintendentin Isolde Böhm
Lietzenburger Straße 39, 10789 Berlin,
030 2177422,
030 2177483
Email: generalsup.berlin@ekbo.de
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