19.12.14
Jakob Augstein: "Ein Idiot oder ein Rassist ist jeder, der an einer Demonstration gegen die ‚Islamisierung des Abendlandes’ teilnimmt."
Spiegel-Kolumnist sieht in Anti-Islam-Märschen ein Zeichen des Rassismus und schwindenden Konsenses
(MEDRUM) Die PEGIDA-Demonstrationen hinterlassen eine tiefe Spur in der öffentlichen Diskussion. Zu Wort gemeldet hat sich in Spiegel-Online jetzt auch der Journalist Jakob Augstein. In seinen Augen ist jeder ein Idiot oder Rassist, der an einer PEGIDA-Demonstration teilnimmt. Der CICERO-Autor Alexander Kissler diagnostiziert einen Anti-Establishment-Effekt als verbindendes Element der Protestierer.
Politik sollte Debatte nicht suchen
Augstein kritisiert in seiner Spiegel-Kolumne vom 18.12.14 diejenigen Politiker, die meinen, man müsse für PEGIDA Verständnis aufbringen. Augstein setzt den "Märschen der Anti-Islamisten" sein Credo entgegen: "Null Toleranz für PEGIDA". So lautet die Überschrift seiner Kolumne. Dazu führt er, auch Verleger der Wochenzeitung Der Freitag, unter anderem aus: "Die Politik sollte den Teufel tun und die Debatte mit Idioten und Rassisten suchen. Denn ein Idiot oder ein Rassist ist jeder, der an einer Demonstration gegen die "Islamisierung des Abendlandes" teilnimmt.”
Augstein: Soziale Kälte
Eine Bedrohung des Abendlandes durch eine Islamisierung ist für Augstein reine Fiktion. Denn der Sachverhalt lässt sich nach seiner Ansicht schnell klären. Der Anteil von Muslimen werde im Jahr 2050 in Deutschland 7 Prozent betragen. Damit sei das Thema Islamisierung erledigt, nicht aber PEGIDA, meint der Kolumnist. Denn die wahre Ursache für PEGIDA ist nach Augsteins Meinung die Krise des Finanzkapitalismus und die soziale Kälte eines ungerechten Wirtschaftssystems.
Kissler: Anti-Establishment-Effekt
In dem Punkt, dass die eigentlichen Ursachen woanders liegen, lässt sich Augsteins Einschätzung mit einer Antwort des Journalisten Alexander Kissler verbinden, die der CICERO-Autor im Presseclub der ARD am vergangenen Sonntag gegeben hat (Bild links). Auf die Frage der Moderatorin, ob der Begriff Wutbürger für PEGIDA angebracht sei, meinte Kissler: "Ich glaube, es könnte durchaus sein, dass sich vielleicht als das verbindende Element dieser - teilweise peinlichen, teilweise nachvollziehbaren, teilweise links- wie rechtsextremistischen - Bewegungen sich doch dieser Anti-Establishment-Effekt herausstellen könnte. Man betrachtet sowohl die Medien als auch die Politik - und erst recht die EU - als Elitenprojekt ..., ohne die Betroffenen gebührend zu berücksichtigen."
18.12.14 | Märsche der Anti-Islamisten: Null Toleranz für Pegida | Spiegel |
14.12.14 | Frust oder Fremdenhass - Wie gefährlich sind PEGIDA und Co.? | ARD |