22.10.14
Kultusminister Stoch über Warnung vor Sexualisierung der Schule erzürnt und empört
Statt sich einem konstruktiven Dialog zu stellen, lässt sich Stoch mit dem "Rosa-Detlef" auszeichnen und macht Mahner nieder
Ein Zwischenruf von Kurt J. Heinz
(MEDRUM) Kultusminister Andreas Stoch sei über den Chef des Philologenverbandes empört. "Minister empört über Bernd Saur", schreibt die Stuttgarter Zeitung. Zuvor hatte Saur in einem Artikel im Magazin FOCUS vor der Sexualisierung der Schule gewarnt.
Saur warnt vor Pornografisierung
Unter der Überschrift "Schamlos im Klassenzimmer" warnte der Ulmer Gymnasiallehrer Bernd Saur im FOCUS davor, den Schulunterricht zu sexualisieren. Saur verwies in seinem Gastbeitrag auf die medienbekannten Beispiele, wie unter dem Deckmantel sexueller Vielfalt und einer sexualpädagogisch empfohlenen Sexualaufklärung in bedenklicher Weise in einigen Bundesländern Einfluss auf das Unterrichtsgeschehen genommen wird. Saur griff diese Entwicklungen warnend auf: „Lederpeitsche und Fetische wie Windeln, Lack und Latex wollen sie als Lehrgegenstände in die Bildungspläne integrieren. Themen wie Spermaschlucken, Dirty Talking, Oral- und Analverkehr und sonstige Sexualpraktiken inklusive Gruppensex-Konstellationen, Lieblingsstellung oder die wichtige Frage ‚Wie betreibt man einen Puff‘ sollen in den Klassenzimmern diskutiert werden.“ Das sprenge eindeutig den Rahmen dessen, was Kindern zugemutet werden dürfe, meinte Saur, Landesvorsitzender des Philologenverbandes, und warnte vor einer Pornografisierung der Schule.
Stoch über Warnung erzürnt
Wer annimmt, Kultusminister Stoch hätte sich mit dieser Warnung und dem Bildungsexperten Saur, der zur Bildungsplankommission Baden-Württembergs gehört, solidarisiert, sieht sich im Irrtum. Vielmehr zeigt sich Stoch über die Warnung von Saur erzürnt und wirft ihm vor, er trage zur einer Verschärfung des öffentlichen Diskurses bei. Stoch sei empört über Art und Weise der Kritik. Er werfe Saur drastische Formulierungen vor, berichtet die Stuttgarter Zeitung. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Claus Schmiedel erklärte sogar, man werde nicht mehr mit dem Philologenverband reden, solange er sich nicht von Saur distanziere.
Keine Bereitschaft zur Reflexion und Diskussion
Mit seiner Schelte über Saur geht Stoch über die Tatsache hinweg, dass die Wortwahl Saurs keine von ihm erfundenen Wortschöpfungen und Fakten sind, sondern dem realen Geschehen entstammen und schon deswegen zu Recht bei einer verantwortungsbewusst geführten Bildungsplandebatte diskutiert werden müssten. Das hat nicht zuletzt der FAZ-Artikel "Unter dem Deckmantel der Vielfalt" belegt (MEDRUM berichtete). Nicht "was Saur von sich gibt, ist ekelhaft", wie es ihm die sogenannte Bildungsexpertin der Grünen, Sandra Boser, die sich an die Seite von Stoch stellt, laut Stuttgarter Zeitung vorwirft. Ekelhaft ist allenfalls, was sogenannte Sexualpädagogen unter sexueller Vielfalt in den Schulen lehren wollen und wie obendrein mit den Menschen, die davor besorgt warnen, umgegangen wird. Anstatt diese Dinge auf den Kopf zu stellen, müssten bedenkliche Entwicklungen, wie sie bereits in anderen Bundesländern außerhalb Baden-Württembergs Teil der Praxis sind, unvoreingenommen und selbstkritisch reflektiert und diskutiert werden, solange noch Zeit dazu ist.
Schule muss Ort des Vertrauens sein
Doch SPD-Kultusminister Stoch, der sich erst am Sonntag mit der Auszeichnung durch den "Rosa Detlef" für seine Verdienste um den Bildungsplan hat ehren lassen, scheint sich einer kritischen, sachorientierten Debatte entziehen zu wollen. Stattdessen versucht er augenscheinlich, besorgte Pädagogen hemmungslos niederzumachen. Er verkennt dabei, dass er Saur nicht als seinen Feind, sondern als einen natürlichen Verbündeten betrachten müsste, wenn es um das Kindeswohl und elterliche Erziehungsrechte geht. Die Schule ist kein Ort, an dem sich ideologisch begründete Debatten über Sexualität entzünden dürfen, sondern ein Ort, dem Eltern ihre Kinder mit ruhigem Gewissen anvertrauen können müssen. Doch es ist Stochs Verantwortung, dass das Vertrauen abgenommen und das Misstrauen zugenommen hat - wie die Petition "Kein Bildungsplan unter der Ideologie des Regenbogens" mit fast 200.000 Petenten beweist.
Stoch fehlt Format eines Kultusministers
Mit seiner Empörung über Saur hat Stoch der Sache einen schlechten Dienst erwiesen. Statt für eine sachliche und mit Ruhe geführte Diskussion zu sorgen, trägt er selbst zu einer aufgeheizten Atmosphäre bei. Ein kluger Politiker denkt und handelt anders.
Wäre es nicht viel vertrauenserweckender, Stoch würde die Warnungen aus dem Kreis der Lehrer und Elternschaft endlich ernst nehmen, mit ihnen selbstkritisch sprechen, anstatt diese mit wütenden Angriffen niedermachen zu wollen? Doch er scheint seiner Linie der Dialogverweigerung unbeirrt folgen zu wollen. Stoch zeigte bereits bei der Sendung "Nachtcafe" Anfang des Jahres nicht einmal die Bereitschaft zu definieren, was er unter sexueller Vielfalt versteht. Das strahlt weder Souveränität noch Kompetenz aus. Vertrauenserweckend ist das somit nicht. Darüber ist er sich offensichtlich nicht im Klaren. Stoch zeigt nicht das Format, das der Kultusminister eines Bundeslandes haben müsste.
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Kontaktadressen
Email: andreas.stoch(at)spd.landtag-bw.de
Email: claus.schmiedel(at)spd.landtag-bw.de
Email: Sandra.Boser@gruene.landtag-bw.de
Philologenverband Baden-Württemberg - Email: info@phv-bw.de
Zum Thema Aufklärung und "sexueller Kindesmissbrauch":
→ Die missbrauchte Republik - Aufklärung über die Aufklärer