01.11.11
Wann kommt die Scharia in Deutschland?
Muslime fordern Scharia für Gebiete in Dänemark mit Bevölkerungsmehrheiten aus islamischen Kulturkreisen
(MEDRUM) Was gestern noch als unvorstellbar galt, könnte morgen schon Wirklichkeit werden: Enklaven in Deutschland, in denen die Scharia gilt. Ein Artikel von Henryk M. Broder befasst sich mit vergleichbaren Forderungen, wie sie derzeit in Dänemark gestellt werden.
Henryk M. Broder hebt in der Tageszeitung DIE WELT unter der Überschrift „Islamische Moralpolizisten fordern «Scharia-Zonen»” warnend seinen Zeigefinger. In Dänemark werden Forderungen gestellt, in Enklaven mit mehrheitlich lebender Bevölkerung aus islamischen Kulturkreisen die Scharia einzuführen. Nach den Vorstellungen der Muslime soll dort laut Broder eine „Moralpolizei“ darauf achten, dass kein Alkohol konsumiert wird, keine Glücksspiele stattfinden und Diskotheken nicht besucht werden. Dies sei Teil der Vorstellungen einer muslimischen Organisation "Ruf des Islam".
Wer scharf über solche Entwicklungen nachdenkt, wird diese nicht einfach als absurd abtun, selbst wenn es auf den ersten Blick so erscheinen mag. Denn was heißt Integration? Wenn Integration bedeutet, dass Migranten ihren Glauben und ihre Kultur mitbringen dürfen, wenn sie das, was zu ihrer Identität gehört - wie Integrationspolitiker beteuern -, nicht bei der Übersiedelung nach Deutschland aufgeben müssen, dann kann ihnen der Anspruch, nach der Scharia leben zu können, nicht ohne weiteres generell vorenthalten werden. Denn die Scharia ist integraler Bestandteil des Islam und seiner Kultur. Sie gehöre zum Islam wie das Neue Testament zum Christentum, schrieb der Hochschullehrer Arndt Diringer kürzlich im Legal Tribune (MEDRUM berichtete).
Wer nicht will, dass Muslime in Städten oder Stadtteilen, in denen sie die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung stellen, so leben, wie es ihrem Glauben und ihrer Kultur entspricht, muss auch sagen, dass und warum den in Dänemark oder in Deutschland neu beheimateten Muslimen dieser Teil ihrer Identität genommen werden soll. Bundespräsident Christian Wulff ließ diesen Punkt bei seiner vieldiskutierten Rede zum 20. Jahrestag der Deutschen Einheit im Unklaren. Er sagte, der Islam gehöre zu Deutschland. Doch dann gehört - dem Selbstverständnis des Islam und der Logik folgend - auch die Scharia zu Deutschland, jedenfalls dort, wo Muslime leben. Wulff hat die Scharia bei seiner umstrittenen Äußerung über den Islam nicht ausdrücklich ausgeschlossen. Warum hat Wulff nicht differenzierter gesprochen? Hat Wulff etwa nicht über das nachgedacht, was er der deutschen Öffentlichkeit erklärte, kann ebenso gefragt werden? Falls Wulff meinte, die Scharia gehöre nicht zu Deutschland, hätte er jedenfalls eine andere Aussage machen müssen, etwa: Der Islam gehört nicht zu Deutschland, weil die Scharia nicht zu Deutschland gehört, oder, nur der von der Scharia befreite Islam gehört zu Deutschland. Doch das wäre vermutlich von vielen Muslimen als Affront verstanden worden. Vielleicht ist es deswegen auch nicht von Wulff ausgesprochen worden. In ähnlicher Weise verdrängt die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer, Probleme, die sich aus der Migration ergeben. Bei ihrer Rede zum Demografiebericht der Bundesregierung beschränkte sich Böhmer darauf, die wachsende kulturelle Vielfalt zu loben und den steigenden Anteil von Migranten als Chance sehen.
Das Verschweigen oder Verdrängen in der Politik löst bekanntermaßen allerdings keines der Probleme, die mit der Migration entstehen. Im Gegenteil: Es schafft umso mehr Probleme in der Zukunft. Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis auch in Deutschland die Forderung erhoben wird, in Gebieten mit islamischer Bevölkerung die Scharia einzuführen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt werden die Politiker einer Diskussion nicht mehr ausweichen können. Ob sie dann allerdings überzeugende Lösungen für die bis dahin entstehenden Probleme zu bieten haben, ist mehr als fraglich.
Zum Artikel von Henryk M. Broder → Islamische Moralpolizisten fordern "Scharia-Zonen"
01.11.11 | WELT | Islamische Moralpolizisten fordern "Scharia-Zonen" |
11.10.11 | MEDRUM | Arnd Diringer: "Islam ohne Scharia ist wie Christentum ohne Neues Testament" |
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