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Brief gegen Beschränkung des Informationsangebotes

16. Mai 2008

Herrn Ministerpräsidenten
Rheinland-Pfalz
Staatskanzlei Rheinland-Pfalz
Peter-Altmeier-Allee 1
55116 Mainz

 

Sehr
geehrter Herr Ministerpräsident,

wie die Fernsehsendung der ARD Panorama gestern
Abend berichtete, gibt es Bestrebungen des Bundesverbandes der deutschen
Zeitungsverleger e.V. (BDZV), den Zugang des Gebührenzahlers zum
Informationsangebot des öffentlich-rechtlichen Fernsehens künftig zu
beschränken. So soll es ihm nur noch sehr begrenzt möglich sein, beispielsweise
auf Filmarchive der ausgestrahlten Fernsehbeiträge im Internet zugreifen zu
können, die mit Hilfe seiner Gebühren produziert und bereitgestellt werden.

Wenn es nach den wirtschaftlichen Interessen des
BDZV geht, sollen diese Fernsehbeiträge künftig nach wenigen Tagen gelöscht
werden. Als Gebührenzahler fragt man sich, mit welchem Recht und aus welchen
Motiven der BDZV dafür sorgen will, dass dieses Informationsangebot künftig
beschnitten wird. Ein Produkt des öffentlich-rechtlichen Fernsehens ist
ein Produkt für den Gebührenzahler. Anderen Stellen wie dem BDZV steht es
nicht zu darüber zu befinden, ob, wie, wie lange und in welcher Form der
Gebührenzahler auf sein Produkt zugreifen darf. Wenn solche Bestrebungen Erfolg
hätten, käme dies einer Beschränkung der Informationsfreiheit gleich.
Fernsehbeiträge, die der Gebührenzahler finanziert hat, müsste er sich
nach Ablauf 1 Woche an anderer Stelle oder auf anderem Wege erneut beschaffen,
wenn die Vorstellungen des BDZV Realität werden würden.

Ein solches Gesetz wäre absurd und nicht zu
rechtfertigen. Es wäre das Gleiche, wie wenn sich der Bürger ein Buch kaufen
und gezwungen werden würde, es nach einer Woche wegzuwerfen, um es an anderer
Stelle erneut zu kaufen. Das darf nicht Richtschnur für politisches Handeln und
zum Gesetz werden, so verständlich die erkennbar wirtschaftlichen Interessen
der deutschen Zeitungsverleger auch sein mögen, die das Internet wohl als
wichtigen Teil ihrer Zukunft sehen. Aber: Es darf nicht erzwungen werden, dass
der Gebührenzahler und Fernsehkonsument an seinen Rechten beschnitten wird und
am Ende für die gleiche Sache auch noch mehrfach zur Kasse gebeten wird, weil
die unliebsame öffentlich-rechtliche Informationskonkurrenz per Gesetz
ausgeschaltet wird. Das würden manche Zeitgenossen mit dem üblen Begriff
"Abzocke" belegen. Wir haben mehr als genügend von solchen Missbräuchen
in unserem Land.

Darum bitte ich Sie eindringlich nicht zuzulassen,
dass die Lobbyisten-Initiative des BDZV im Raum der Politik Erfolg hat. Das
Recht des Gebührenzahlers auf unbeschränkte Bereitstellung und freien Zugang
des Informationsangebotes des öffentlich-rechtlichen Fernsehens darf nicht
beschnitten werden. Setzen Sie sich bitte dafür ein, das die
Informationsfreiheit nicht dem "Kassemachen" von Partikularinteressen
geopfert wird. Ein wichtiger Teil des Informationsangebotes des
öffentlich-rechtlichen Fernsehens würde nämlich nur noch für den zur Verfügung
stehen, der dafür genug bezahlen kann. Denn darauf würde das Ganze letztlich
hinauslaufen. Mit Gemeinwohl hat das nichts zu tun. Die Politik ist aber dem
Gemeinwohl verpflichtet.

Mit
freundlichen Grüßen

gez. Kurt J. Heinz