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Wirtschaftsweise sehen Euro und wirtschaftliche Stabilität Deutschlands gefährdet


08.07.12

Wirtschaftsweise sehen Euro und wirtschaftliche Stabilität Deutschlands gefährdet

Teufelskreis aus Bankenkrise, Staatsschuldenkrise und makroökonomischer Krise noch nicht durchbrochen

(MEDRUM) Die fünf Wirtschaftsweisen stellten anlässlich ihres Sondergutachtens vom 5. Juli 2012 fest, der Fortbestand des Euro und die gesamtwirtschaftliche Stabilität Deutschlands seien gefährdet. Auch der jüngste Euro-Gipfel vom 28./29. Juni 2012 verschaffe nur eine Atempause. Ohne Rückkehr zu soliden Staatsfinanzen und einer Stabilisierung des Banken- und Finanzsystems könne die Krise nicht beendet werden.

Die krisenhafte Entwicklung des Euro und die davon ausgehenden Gefahren für die ökonomische Stabilität Deutschlands waren für den Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (Wirtschaftsweise) Anlass, vor dem Hintergrund des jüngsten Beschlusses beim Euro-Gipfel die gesamtwirtschaftliche Entwicklung zu begutachten. In diesem Gutachten wollen die Sachverständigen Wege auzeigen, wie die Staatsschuldenkrise beendet werden kann und wie der Bankensektor nachhaltig stabilisiert werden kann. Es trägt den Titel: „Nach dem EU-Gipfel: Zeit für langfristige Lösungen nutzen".

Schuldentilgungspakt zur Überwindung der systemischen Krise der Währungsunion

Die Wirtschaftsweisen sprechen von einer sich "immer weiter verstärkenden systemischen Krise der Währungsunion", von der Gefahren für die ökonomische Stabilität Deutschlands ausgehen. Die jüngsten Beschlüsse beim Eurogipfel vom 29. Juni 2012 könnten den Problemländern zwar zu einer Atempause verhelfen, sie seien aber nicht dazu geeignet, die Krise zu beenden. Es gehe darum, den "Teufelskreis aus Bankenkrise, Staatsschuldenkrise und makroökonomischer Krise" mit umfassenden Lösungen möglichst bald zu durchbrechen und das verlorengegangene Vertrauen in die Stabilität und Integrität der Währungsunion wiederherzustellen.

Aus Sicht der Sachverständigen ist es erforderlich, den Übergang zu soliden Staatsfinanzen zu schaffen und dabei die nationale Verantwortung in der Finanzpolitik im Sinne der Nicht-Beistandsklausel des Lissabon-Vertrags wiederherzustellen. Die Wirtschaftsweisen schlagen dafür einen Schuldentilgungspakt vor.  Bereits im Herbst 2011 hatten sie ein Konzept für einen Schuldentilgungspakt vorgelegt, das sie nun weiterentwickelt haben.

Warnung vor Schnellschüssen und direkten Kapitalhilfen aus dem ESM für Banken

Ebenso im Blickpunkt steht das Banken- und Finanzsystem in der Eurozone, das aus Sicht der Experten dringend stabilisiert werden muss. Es seien bereits vier Jahre seit Ausbruch der Bankenkrise verstrichen, ohne dass die nötigen Reformen der Finanzmärkte umgesetzt worden seien. Nötig sei eine Restrukturierung und Rekapitalisierung des Bankensektors. Sollten dafür Kapitalhilfen aus dem ESM (Europäischer Stabilitätsmechanismus) erforderlich sein, sollten die entsprechenden Finanzmittel zunächst ausschließlich über die Regierungen erfolgen. Die Wirtschaftsweisen warnen zudem vor Schnellschüssen hin zu einer Bankenunion, die noch in weiter Ferne sei.

Mitglieder des Sachverständigenrates sind:

  • Professor Dr. Peter Bofinger (Universität Würzburg)
  • Professor Dr. Claudia M. Buch (Eberhard Karls Universität Tübingen)
  • Professor Dr. Lars P. Feld (Universität Freiburg)
  • Professor Dr. Dr. h.c. mult. Wolfgang Franz (Vorsitzender, Universität Mannheim)
  • Professor Dr. Christoph M. Schmidt (Ruhr-Universität Bochum)

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weitere Information:www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de