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Steiger-Award für Erdogan und seine Verdienste um die Demokratie


11.03.12

Steiger-Award für Erdogan und seine Verdienste um die Demokratie

Ex-Kanzler Schröder als Laudator für Galaveranstaltung zur Preisverleihung am 17. März in Bochum angekündigt

(MEDRUM) Es sei ein Stück aus dem Tollhaus, so der Zentralrat der Armenier zur angekündigten Auszeichnung des türkischen Ministerpräsidenten Erdogan, der für seine Verdienste um die Demokratie am 17. März 2012 in Bochum den Steiger-Award erhalten soll.

2012 wird die Auszeichnung mit dem Steiger-Award zum achten Mal vergeben. Die Hellen Medien Projekte GmbH hat angekündigt: "Alle Preisträger werden die Auszeichnung im Rahmen der Galaveranstaltung am 17. März 2012 in der Jahrhunderthalle in Bochum persönlich in Empfang nehmen." Dieses Jahr gehört insbesondere der türkische Ministerpräsident Erdogan zu den Auserwählten. "Wir ehren Persönlichkeiten, die sich durch Geradlinigkeit, Offenheit, Menschlichkeit und Toleranz auszeichnen", sagt der Veranstalter. Das sei unerträglich, meint indes der Zentralrat der Armenier. Erdogan und seine Regierung stünden für "Intoleranz nichttürkischen und nichtmuslimischen Ethnien gegenüber". Wörtlich: "Sie sind noch weit entfernt von einem Wertekanon, der Europa zusammenhält. Toleranz und Menschlichkeit der Regierung Erdogan müssten sich auch messen lassen am Umgang mit der christlichen Minderheit der Armenier in der Türkei."

Ein kritisches Licht auf Erdogans Vorstellungen wirft das Echo auf den Monumentalfilm «Fetih 1453» über die Eroberung Konstantinopels durch das Osmanische Reich. Erdogan gefalle der Film, berichtete die türkische Zeitung Hürriyet. Der Wiener KURIER zeigt sich darüber nicht verwundert. Der Film instrumentalisiere die Religion und genau das nütze Erdogan und seiner konservativ-islamisch geprägten Partei AKP, schreibt die Zeitung. Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FASZ) stellt dazu unter der Überschrift "Das große Gemetzel" in der Ausgabe vom 4. März 2012 fest, der Film zeige, wie sich Erdogans AKP die Welt wünsche.  Es sei ein Film, der an Verherrlichung des Dschihad kaum zu überbieten sei, so die FASZ.

Als Laudator der Veranstaltung, bei der auch Schwedens Königin Silvia und Altbundespräsident Horst Köhler ausgezeichnet werden sollen, ist Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder angekündigt. Schröder erregte einst Aufsehen, als er den russischen Politiker Putin als "lupenreinen" Demokraten bezeichnete. An dieser Haltung nimmt der Generalsekrekretär der CDU, Hermann Gröhe, Anstoss. Schröder sei "Putins bestbezahlter Minnesänger", sagte Gröhe in SPIEGEL-Online.

Ins Leben gerufen wurde der Preis «Steiger-Award» von dem Journalisten Sascha Hellen. Er ist Geschäftsführer der Hellen Medien Projekte GmbH, die die Veranstaltung organisiert. Zum Steiger-Award sagt Hellen: "Diese Auszeichnung ehrt Persönlichkeiten, die den Tugenden des Steigers gerecht werden."


Leserbriefe

Wer sich mit der türkischen Geschichte beschäftigt hat, weiß, dass insbesondere die systematische Vernichtung der Armenier bis jetzt in der Türkei nicht aufgearbeitet ist und jeder, der das so nennt, unter Strafe gestellt wird. Grundlegend für eine Demokratie ist aber Meinungsfreiheit und die Beeitschaft, sich auch der eigenen Geschichte zu stellen. Ich finde es unerhört, das Erdogan in Deutschland geehrt werden soll - das zeigt unsere eigene Geschichtsvergessenheit eben auch des Armeinierkonflikts, wo wir Deutschen noch viel Grund haben, eigene Schuld aufzuarbeiten - aber nicht einen Schuldverleugner zu ehren!

Na, da paßt es ja prima, dass unser Ex-Kanzler die Rede hält. Er merkt ja sowieso nicht, wer oder was ein Demokrat ist. So kann er unvoreingenommen drauflos reden. Warum protestiert da niemand? Nicht nur die Armenier sind durch solch einen Preisverleih gedemütigt. Unsere kurdischen Nachbarn könnten da auch was erzählen. Ganz abgesehen von den Christen. Hat nicht erst kurzlich der Ex-Buprä Herzog einem Pastor einen Preis verliehen, der gegen Israel hetzt? Vielleicht ist das in Zukunft die Voraussetzung für eine Preisverleihung. Man muss vor allem negativ auffallen.

Wer Macht hat, bekommt Recht und wird hofiert. Das wussten schon andere. Was wäre, wenn Hitler den Krieg gewonnen hätte? Wäre dann Nixon zu ihm statt zum Mao-Monster gepilgert? Gaddaffi hätte um ein Haar einen Preis für Menschenrechte bekommen. Wie sich die Phantome gleichen. Schröder zeigt Gesicht - als zynischer Funktionär.

Seine Militärsprache, sein Nationalismus, die Gleichsetzung von Islam mit Islamismus - das zeigt Erdogan, den Führer einer national-islamistischen Partei (Natis) für eine Großtürkei. Er regiert bei uns bereits mit. Schröder, das deutsche Führerchen des „Aufstandes der Anständigen“, wollte alles aus der Geschichte gelernt haben, aber stolpert nur desorientiert durch die Gegend.