Sie sind hier

Norbert Geis: Die Ehe - eine intime Entscheidung von Bedeutung für unsere Gesellschaft


26.02.12

Norbert Geis: Die Ehe - eine intime Entscheidung von Bedeutung für unsere Gesellschaft

Zur Kontroverse, ob die grundgesetzliche Stellung von Ehe und Familie auch in hohen Staatsämtern wie dem Amt des Bundespräsidenten sichtbar sein sollte

(MEDRUM) Die Äußerung des Bundestagsabgeordneten Norbert Geis, dass es im Interesse von Joachim Gauck liegen dürfte, seine Lebensverhältnisse zu ordnen, hat bundesweit Schlagzeilen gemacht. Joachim Gauck ist verheiratet, lebt von seiner Ehefrau getrennt und unterhält daneben seit vielen Jahren eine Beziehung zur Journalistin Daniela Schadt, von der er sich im Amt des Bundespräsidenten anstelle seiner Ehefrau als "First Lady" begleiten lassen will. Geis muss wegen seines lauten Nachdenkens über diese Umstände Titulierungen wie Sittenwächter oder Hardliner ertragen. Selbst vom bayerischen Taliban war im TAGESSPIEGEL die Rede. Sind derartige Etikettierungen angebracht oder ersticken sie nicht vielmehr eine Diskussion, die der Bedeutung der Ehe und des Amtes unseres Staatsoberhauptes angemessen wäre?

Gegenüber der FAZ hat sich der Politiker der CDU-/CSU-Bundestagsfraktion mit Blick auf den Artikel von Georg Paul Hefty "Der Präsident ist nicht allein zu denken" (Ausgabe vom 23.02.12) gegen den Vorwurf verwahrt, er wolle Gauck Vorschriften für sein Privatleben machen und habe der Ehe einen "Bärendienst" erwiesen. Das sieht der Politiker anders. Er macht sich immer wieder für den Erhalt des besonderen Status von Ehe und Familie stark, wie er im Grundgesetz verankert ist, und tritt dafür ein, dies auch in hohen öffentlichen Ämtern sichtbar werden zu lassen. MEDRUM dokumentiert die Antwort von Norbert Geis.

Eine intime Entscheidung und wichtiges Ordnungsprinzip

Norbert Geis:

Zum Beitrag „Der Präsident ist nicht allein zu denken" von Georg Paul Hefty in der F.A.Z. vom 23. Februar: Hefty hat in seinen Ausführungen wichtige Einwände gegen meine Wortmeldung, die ich im Zusammenhang mit der Nominierung von Joachim Gauck geäußert habe, angeführt. Das schwerwiegendste Argument sehe ich darin, dass weder Gauck noch sonst jemand, sich öffentlich auffordern lassen muss, eine Heirat einzugehen.

Die Entscheidung, ob und wer mit wem eine Ehe eingeht, gehört in der Tat zu den intimsten Entscheidungen, die jemand in seinem Leben trifft. Sie geht nur die beiden Partner an, die sich entschließen, sich gegenseitig ein Leben lang die Treue zu halten.

Die Ehe selbst ist dann aber nicht nur eine private Angelegenheit dieser beiden, sondern hat zugleich einen öffentlichen Charakter. Sie gilt als ein wichtiges Ordnungsprinzip unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens und wird deshalb auch durch unsere Verfassung privilegiert.

Fehlentwicklungen sollten nicht befördert werden

Norbert Geis:

Dieses Prinzip verliert jedoch mehr und mehr an Bedeutung. Die Zahl derer, die ohne Trauschein zusammenleben, wachst seit Jahren. Die einen halten dies für einen großartigen Fortschritt, andere befürchten eine Fehlentwicklung. Ich fürchte, dass Gauck als Bundespräsident mit hohem Ansehen, was man ihm nur wünschen kann, als Vorbild für die Menschen im Land diese Entwicklung, ohne es vielleicht zu wollen, befördert.

Darauf durch eine entsprechende öffentlich Wortmeldung, die in ihrer Kürze nicht alle Aspekte beinhalten konnte, hinzuweisen, mögen die einen als Fehler werten, was ich respektiere, viele sind jedoch auch dankbar, wie zahlreiche unterstützende Zuschriften zeigen.

Jedenfalls musste diese Wortmeldung vor der Wahl erfolgen, um das Amt des Bundespräsidenten nicht zu beschädigen. Dass ich mir dadurch viel Spott und Hohn eingehandelt habe, muss ich ertragen. Es gibt jedoch auch Gegenargumente, mit denen sich im Sinne der Sache selbst eine Auseinandersetzung lohnt.

Einen Einwand weise ich jedoch zurück: Horst Seehofer hat im vorgenannten Sinn seine „Lebensverhältnisse" geordnet. Ich habe mich im Übrigen immer gegen die gewandt, die auf ihn in einer schwierigen Lebensphase mit Steinen geworfen haben.

NORBERT GEIS, MDB, BERLIN

Mut zur offenen Diskussion

Wer diese Replik von Norbert Geis durchdenkt, kann zu einer anderen Auffassung als Hefty kommen, der meinte, Geis habe der rechtlichen und religiösen Sonderstellung der Ehe mit seiner Äußerung einen Bärendienst erwiesen. Die Ehe sei nicht einforderbar, so Hefty. Der Familienpolitiker und Rechtsexperte Geis weiß dies natürlich auch selbst, ist aber zugleich bisher der Einzige auf weiter Flur, der die öffentliche Bedeutung der Ehe als verbindliche Einstandsgemeinschaft für die Lebensverhältnisse in der Gesellschaft ins Bewusstsein rücken will.

Weder für den Menschen als Einzelindividuum noch für die Gesellschaft als Ganzes kann Leben auf Dauer gelingen, wenn die Ehe als ein im Grundgesetz verankertes, ordnendes Prinzip für das Zusammenleben von Mann und Frau durch das Prinzip der Beliebigkeit ersetzt wird. Diese Erkenntnis hat auch die EKD geleitet, als sie das neue Pfarrdienstgesetz verabschiedete und in ihren Pfarrämtern nur diejenigen Partner von Pfarrerinnen und Pfarrern duldet, die eine Ehe oder Lebenspartnerschaft verbindet, weil, so die EKD, nur dann Verbindlichkeit, Verlässlichkeit und gegenseitige Verantwortung bestehen. Doch selbst Vertreter der Kirche wie die Generalsuperintendentin von Berlin, Ulrike Trautwein, scheuen davor zurück, diese Kriterien auch beim höchsten Amt im Staate in den Blick zu bringen. Sie beschränken sich stattdessen auf den banalen und eigentlich überflüssigen Hinweis, das Eingehen einer Ehe sei eine private Lebensentscheidung.

Umso wichtiger ist es, dass eine Stimme wie die von Norbert Geis zu vernehmen ist, der den Mut hat, über Banalitäten hinauszudenken und dabei auch das ungern Gehörte auszusprechen. Das hätten auch ein Hefty und viele andere tun können, die sich zu Wort gemeldet haben. Das höchste Staatsamt würde sicher keinen Schaden durch eine offene und kontrovers geführte Diskussion nehmen. Zudem unterschätzt Hefty die Person Joachim Gauck, wenn er meint, dessen Bereitschaft, sich für eine Ehe mit Daniela Schadt zu entscheiden, könne etwa abnehmen, wenn er öffentlich dazu aufgerufen werde. Nein, gerade Joachim Gauck ist souverän genug, sich nur von Beweggründen und Argumenten leiten zu lassen, die ihn selbst überzeugen. Ausschlaggebend dürften am Ende weniger die besondere Wertschätzung der Ehe und Familie durch Norbert Geis sein, sondern seine Beziehungen zu seiner Ehefrau Hansi Gauck und zur Journalistin Daniela Schadt sowie sein eigener Wille, Dinge anders als bisher zu ordnen.


In den Medien

26.02.12 Tagesspiegel Norbert Geis, der bayerische Taliban
23.02.12 Tagesspiegel Wird seine wilde Ehe zum Streitthema?
22.02.12 Ostsee-Zeitung Frau Gauck: Über Scheidung nicht gesprochen
22.02.12 Main Post Joachim Gaucks Beziehung stößt auch in der Region auf Kritik
22.02.12 WELT Hansi Gauck will von Scheidung nichts wissen
21.02.12 Bild Ohne Trauschein im Schloss Bellevue
21.02.12 Spiegel Joachim Gaucks Freundin "völlig aus dem Häuschen"
21.02.12 Berliner Morgenpost Debatte um Joachim Gaucks wilde Ehe entbrannt
21.02.12 Spiegel Muss ein Bundespräsident den Trauschein haben?
21.02.12 FOCUS Wilde Ehe im Schloss Bellevue: CSU-Politiker legt Gauck Hochzeit nahe
21.02.12 Rheinische Post Daniela Schadt – Partnerin in Fernbeziehung
21.02.12 MEDRUM Nimmt Gauck seine Geliebte mit ins Bellevue?
20.02.12 FOCUS Die Lebensgefährtin von Joachim Gauck
20.02.12 FAZ Wilde Ehe in Bellevue?

Leserbriefe

Ich unterstütze die Aussagen von Herrn Geis zu 100 %.

Es ist Norbert Geis zu danken, dass er das hohe Gut der Ehe öffentlich unterstützend ins Spiel bringt. Noch sind wir nicht so weit, dass es ihn den Kopf kostet, wie dereinst Johannes der Täufer, der den damaligen König wegen seiner unrechtmäßigen Liason mit der Frau seines Bruders kritisierte. Aber erschreckend ist, wie viele Christen trotz ausbleibender Lebensgefahr schweigen, wo es doch um ein Kernthema christlicher Lebensführung, um ein substanzielles Thema der Grundordnung unseres Staates geht. Hat das ZdK sich schon zu Wort gemeldet? Vermutlich wird wieder eine Gelegenheit zum Bekenntnis verschlampert, und zwar zum wiederholten Male aus politischen Gründen.

Die Entscheidung, mit jemandem, beispielsweise Frau Daniela Schadt zu leben, ist eine private Lebensentscheidung.
Die Ehe hingegen war schon immer die öffentliche Entscheidung, das Zusammenleben unter den öffentlichen Schutz der Gesellschaft und der Gesetze zu stellen.
Zu diesem Schutz gehört es, Ehebruch zu nennen, wenn ein Verheirateter mit einer anderen Frau lebt. Niemand wùrde Gauck einen Vorwurf machen, wenn er sich innerhalb der geltenden Gesetze von seiner ersten Frau scheiden und Frau Daniela Schadt heiraten würde. Aber, indem er ohne Scheidung offen mit einer anderen lebt, gibt er ein Zeichen an alle gegenwärtigen und kommenden Ehepaare: Eure Ehe ist nichts wert, die Exklusivität der Zweisamkeit steht zwar im Gesetz (BGB), aber Gesetze kümmern einen Bundespräsidenten nicht. Damit hätte Gauck schon vor Amtsantritt gegen seinen Amtseid verstossen.
Dass Gauck diese Gesetze mit Füssen tritt, hat er schon jahrelang demonstriert. Bis zur Wahl am 18. März jedoch kann er dies nicht mehr nachholen - eine Scheidung dauert schlicht zu lange. Da er jedoch schon zwei Mal als Bundespräsident vorgeschlagen, ihm dieser Fehler schon zwei Mal vorgehalten wurde, sehe ich keine Notwendikeit mehr, auf eine Klärung zu warten.
Von einem Bundespräsidenten erwarte ich ein klares Bekenntnis zum Rechtsstaat und schnelle Korrektur von Fehlern. Beides fehlt.

muss man Ihnen recht geben. Aber in der Politik, wie auch anders wo, geht es immer öfter darum, das kleine Übel zu wählen. Es ist ein weinig so, wie mit dem König Saul. Nur wann kommt ein David?

Sie haben Recht. Ich vergaß zu erwähnen: Am Wichtigsten ist, wir beten für unser Staatsoberhaupt und für die Bundesversammlung. Gott lenkt beides die Wahl und den Gewählten. Wie oft haben wir erlebt, dass Gott jemanden erst im Amt die Weisheit gibt, die er vorher nicht hatte.

Es ist richtig, dass die Ehe nicht einforderbar ist. Genauso wie ein Amt, das gesellschaftliche Maßstäbe repräsentiert und das Vorbildcharakter hat. Man sollte sich nur darüber im klaren sein, welche Verantwortung übernommen wird. Der Bundespräsident ist der Repräsentant der Deutschen. Ist es gewünscht, dass Ehen beliebig gehandhabt werden, Trennungen, Alleinerziehung und Trennungskinder ein gesellschaftliches Brauchtum darstellen und keine schmerzlichen Lebenseinschnitte mit unendlich viel Problemen, dann soll auch der BP hier ruhig entsprechende Zeichen setzen dürfen.

Er ist halt einer von uns, einer Gesellschaft auf ethisch- moralischer Talfahrt.

Man könnte meinen, das Amt des Bundespräsidenten wird immer mehr zum Debakel. Ich zolle Herrn Geis hohen Respekt dafür, dass er es gewagt hat, seine Stimme zu erheben. Der Bundespräsident ist der höchste Repräsentant dieses Landes. Ehe oder nicht Ehe mag Privatsache sein, aber doch nicht in einem solchen Amt! Es ist wirklich eine Schande, wenn jemand Bundespräsident wird, der gleichzeitig mit allem anderen auch die Beliebigkeit des familiären Zusammenlebens damit repräsentiert. Ich bin entsetzt über darüber, dass jemand, der das öffentlich endlich mal ausspricht, in dieser Weise diffamiert und lächerlich gemacht wird. Ich bitte zu bedenken, es sind nicht wenige in diesem Land, die so denken wie Herr Geis. Eigentlich müsste ein Aufschrei durch unser Land gehen! Astrid Borower

Matth. 18, 15-17 sei empfohlen. Man zerrt so ein Thema nicht in dieser Art und Weise an die Öffentlichkeit.

Der angebliche Pfarrer Gauck sollte mal seine Bibel lesen und dann danach handeln. Also zuerst die Kebse in die Wüste schicken, ernsthaft Buße tun und Bereuen, und dann zu seiner rechtmäßig angetrauten Ehefrau zurückkehren. Eine Ehe scheidet nur der Tod!

Ich unterstütze Herrn Geis voll und ganz in seinen Aussagen über Herrn Dr. Gauck. Herrn Dr. Gauck respektiere ich mit höchster Bewunderung über seine Leistungen, die mit zur Wende führten. Verwirrt war ich allerdings, dass er in seiner Behörde zur Aufarbeitung der Stasi-Unterlagen ehemalige Stasi-Angehörige einsetzte. Nun als Kandidat zum Bundespräsidenten wünschte ich mir einen Mann ohne Fehl und Tadel. Herr Dr. Gauck kann nicht erwarten, dass er im In- und Ausland ernst genommen wird, wenn er in einer wilden Ehe lebt. Darin missachtet er das Grundgesetz wie auch die christlichen Werte., die ihm als Pfarrer doch besonders am Herzen liegen sollten. Winfried Kahla