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Kreistagsabgeordneter der Grünen in Hessen unter schwerem Missbrauchsverdacht


10.10.13

Kreistagsabgeordneter der Grünen in Hessen unter schwerem Missbrauchsverdacht

Partei der Grünen in Gießen löscht Angaben auf ihrer Internetseite in Windeseile und distanziert sich in schärfster Form

(MEDRUM) Ein anonymer Brief an den Bundestagsabgordneten der Grünen, Tom Koenigs, führte im Wahlkreis Gießen zur raschen Festnahme seines Büroleiters, der seitdem unter Verdacht steht, Minderjährige sexuell missbraucht zu haben. Dies geht aus den Berichten großer Medien sowie öffentlichen Verlautbarungen von Tom Koenigs und der Grünen in Gießen hervor.


Wie die Tageszeitung BILD berichtete, steht Hans-Bernd K., Büroleiter des Bundestagsabgeordneten Tom Koenigs im Wahlkreisbüro Gießen im Verdacht, im Zeitraum zwischen 2007 und 2013 drei Mädchen und einen Jungen im Alter von damals sechs bis zwölf Jahren sexuell missbraucht zu haben – und zwar, so BILD, '"nach derzeitigem Stand der Ermittlungen in mehr als 160 Fällen".

Tom Koenigs, Bundestagsabgeordneter der Grünen, informierte in einer Pressemitteilung:

Am letzten Mittwoch, dem 02.10.2013, hat mich ein anonymer Brief aus Gießen erreicht, in dem der Leiter meines dortigen Wahlkreisbüros des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen beschuldigt wurde.

Ich war von den Vorwürfen schockiert und völlig überrascht. Diesen anonymen Brief habe ich noch am selben Tag der Polizei in Berlin übergeben. Daraufhin wurde am Freitag, dem 04.10.2013 mein Gießener Wahlkreisbüro und das Privathaus meines Mitarbeiters durchsucht. Gestern Abend ist er, wie mir seine Familie mitteilte, auf Ersuchen der Staatsanwaltschaft Gießen festgenommen worden.

Zu den Vorwürfen selbst kann ich nichts sagen. Die Ermittlungen liegen in der Hand der Staatsanwaltschaft und der Polizei, die ich bei ihrer Ermittlungsarbeit unterstütze.

Der Mitarbeiter von Tom Koenigs ist nicht nur Büroleiter eines Wahlkreisbüros, sondern auch selbst politisch bei den Grünen aktiv: Er ist Mitglied der Kreistagsfraktion der Grünen im Kreistag des Landkreises Gießen. Als hauptberufliche Tätigkeit war auf der Internetseite der Grünen dort angegeben: Leiter Wahlkreisbüro Gießen Tom Koenigs, MdB. Wie weiter daraus hervorging, hatte Hans-Bernhard K. eine Vielzahl politischer Funktionen, unter anderem gehörte er zum Seniorenbeirat des Landkreises Kreis Gießen und zur Sportkommission des Landkreises Gießen. Er übte ebenso Parteiämter aus, insbesondere gehörte er zum Kreisvorstand der GRÜNEN Gießen und ist Stellvertretendes Mitglied im Parteirat der hessischen GRÜNEN.

Obwohl gegen Hans-Bernhard K. derzeit nur ermittelt wird und für ihn, wie für jeden anderen bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung die Unschuldsvermutung gilt, wurden einige Angaben zu ihm, insbesondere sein Bild und sein Amt als Mitglied des Kreisvorstands, offenbar in Windeseile von den Internetseiten der Grünen in Gießen gelöscht. Gleichzeitig wurde eine Pressemitteilung veröffentlicht. In der Erklärung von Kreisvorstand und Kreistagsfraktion heißt es:

"Fassungslos und entsetzt haben wir heute von der Untersuchung der Staatsanwaltschaft gegen ein Partei- und Fraktionsmitglied der Grünen im Kreis Gießen erfahren.

Angesichts der schweren Vorwürfe fordern wir ihn auf, eng mit Polizei und Staatsanwaltschaft zusammenzuarbeiten und alles nur Mögliche zu tun, um zur Aufklärung der Vorwürfe beizutragen. Wir erwarten von ihm, dass er alle Ämter und Mandate umgehend niederlegt.

Missbrauch von Kindern und Jugendlichen ist immer ein Verbrechen, das besonders schwer wiegt. Für uns Grüne sind die erhobenen Vorwürfe kaum zu ertragen.

Wir begrüßen ausdrücklich, dass Tom Koenigs die Polizei beim ersten Aufkommen eines Verdachtes sofort eingeschaltet hat. Die Grünen vertrauen auf die Arbeit der Ermittlungsbehörden und werden diese, wenn möglich, unterstützen."

Eine scharfe Verurteilung pädophiler Vergehen ist bei den Grünen nicht selbstverständlich. Wie MEDRUM wiederholt berichtete, vertraten prominente Politiker der Grünen in früheren Zeiten andere Auffassungen zum Sex zwischen Kindern und Erwachsenen. So meinte Volker Beck, Menschenrechtssprecher der Grünen, noch Ende der 1980er Jahre, es könne einvernehmlichen Sex zwischen Erwachsenen und Kindern geben. Er wollte die strafrechtliche Schutzaltersgrenze von 14 Jahren zur Disposition stellen. Davon hat er sich zwischenzeitlich distanziert.

Bemerkenswert ist die Koinzidenz von Becks politischen Menschenrechtsambitionen und dem jetzt unter Missbrauchsverdacht geratenen Büroleiter von Tom Koenig. So konnte man auf der Internetseite des Kreisverbandes der Grünen in Gießen unter dem Namen des Kreistagsabgeordneten Hans-Bernhard K. lesen:

"Ich mache Politik für die GRÜNEN, da sie sich am Stärksten für den Schutz von Minderheiten und die Wahrung der Menschenrechte einsetzen."

Sollte sich der Missbrauchsverdacht gegen das Kreistagsmitglied bestätigen, wäre dies ein Fall, in dem geradezu vom Missbrauch des Begriffs Menschenrechte durch einen Politiker und Mandatsträger gesprochen werden könnte. Es gibt wohl kaum eine schwerwiegendere Verfehlung gegen Menschenrechte als den sexuellen Missbrauch von Kindern, wie auch aus der Stellungnahme des Kreisvorstandes der Grünen in Gießen deutlich wird.

Aus ihren pädophilen Verstrickungen die nötigen Konsequenzen zu ziehen, scheint den Grünen schwer zu fallen. Franz Walter, ein Parteienforscher und Politikwissenschaftler, der das Verhältnis der Grünen zur Pädophilie untersucht, stellte in einem Beitrag in der TAZ kürzlich fest: "Die Grünen halten lieber den Mund, murmeln höchstens von einem besonderen Zeitgeist, raunen von Verirrten und Sektierern, die man längst hinter sich gelassen habe." Noch im Frühjahr 2013 haben Grüne ihr prominentes Mitglied Daniel Cohn-Bendit mit dem Theodor-Heuss-Preis auszeichnen lassen, obwohl dieser sich in der Vergangenheit über seine sexuellen Kontakte mit Kindern in verherrlichender Weise geäußert hat. 

Auch Claudia Roth, bisherige Chefin der Grünen, scheint ihre Probleme im Umgang mit der pädophilen Vergangenheit in der Gegenwart zu haben. Vor zwei Tagen kritisierte sie noch laut Spiegel-Online, dass die CSU die Grünen spalte, weil die CSU einen Unterschied zwischen "guten Grünen" und "schlechten Grünen" mache, so Roth. Es müssen nicht unbedingt Reizworte in die Debatte geworfen werden, wie es der Generalsekretär der CSU tat, als er von einem "Pädophilen-Kartell" sprach. Aber kaum jemand kommt daran vorbei, eine wesentliche Frage zu stellen: Zeigt nicht - wie zuvor die Fälle Cohn-Bendit, Volker Beck und Jürgen Trittin - auch der Fall in Hessen, dass es begründet und berechtigt, ja sogar notwendig ist, wie Horst Seehofer es tat, zu unterscheiden, mit wem man bei den Grünen spricht? 


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