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Kastler: "Selektion kranken Lebens ist eine moralische Katastrophe"


23.04.09

Kastler (CSU): "Selektion kranken Lebens ist eine moralische Katastrophe"

Europaabgeordneter verurteilt Trakatellis-Bericht über die Behandlung seltener Krankheiten

(MEDRUM) Der mittelfränkische Europaabgeordnete Martin Kastler übt scharfe Kritik am Bericht des griechischen Parlamentskollegen Trakatellis, der heute durch das Europäische Parlament verabschiedet worden ist. "Dieser Bericht ist ein Rückschritt in unseren Bemühungen, Europa zu einem Vorbild für Zivilisation und Menschlichkeit zu machen", so Kastler.

Zu Kastlers "Nein" zum gesamten Bericht führte ein Änderungsantrag des griechischen Berichterstatters Trakatellis, welcher mit Hilfe der Sozialdemokraten, Kommunisten und Liberalen nachträglich in den Text aufgenommen worden war. Dieser Antrag fordert die "Ausmerzung" von genetisch bedingten Erkrankungen unter anderem durch "Selektion" von Embryonen. Gemeinsam mit gleichgesinnten Kollegen sowie durch die Unterstützung der Kirchen und Behindertenverbände konnte Kastler lediglich eine Abschwächung im Plenum erreichen. Da jedoch der Großteil der kritischen Ergänzung erhalten blieb, stimmte Kastler gegen den Gesamtbericht. "Der unbedingte Schutz des menschlichen Lebens von der Befruchtung der Eizelle bis zum natürlichen Tod hat für mich Vorrang. Wenn es um Leben oder Tod geht, müssen wir kompromisslos für das Leben sein. Das gilt gerade für behindertes Leben, das an sich schon großen Beschwerden ausgesetzt ist", erläutert Kastler seine Entscheidung und sieht darin ein "unheilige Allianz von Sozialdemokraten, Kommunisten und Liberalen."

Für den Historiker Kastler ist der Umgang mit Behinderten ein Gradmesser für die Menschlichkeit. Er verwies auf die seines Erachtens erschreckende Sprache des Antrags: "Von Ausmerzen und Selektieren haben in der Politik zuletzt vor 70 Jahren die Nationalsozialisten in Deutschland gesprochen. Es ist erschreckend, dass solche Ideen heute in Europa scheinbar nicht nur politik-, sondern sogar mehrheitsfähig geworden sind."

Im Vorfeld der heutigen Abstimmung hatte bereits die Bundesvorsitzende der CDL, Mechthild Löhr, alle deutschen Europaparlamentarier aufgerufen, der Selektion "kranken" Lebens nicht zuzustimmen (MEDRUM-Artikel Keine Qualitätsselektion von Menschen).

Die Stellungnahme des Abgeordneten Kastler ist im Anhang zum Download beigefügt.