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Kapstadt - ein Weckruf für die Christen und Kirchen in Deutschland


25.10.10

Kapstadt - ein Weckruf für die Christen und Kirchen in Deutschland

von Hartmut Steeb

(MEDRUM / DEA) Kapstadt, 24.10.2010 - Ich hoffe sehr, dass auch der 3. Lausanner Kongress für Weltevangelisation der Lausanner Bewegung - diesmal in Kapstadt - eine weite und tiefe Wirkungsgeschichte entfaltet.

Der Kongress 1974 „Alle Welt soll sein Wort hören", hat sich volksmissionarisch in Deutschland ausgewirkt: Aus dem 1975 geplanten Bekenntnistag „Gemeindetag unter dem Wort" im Stuttgarter Stadion wurde ein volksmissionarischer Tag der Glaubensermutigung und Glaubensstärkung, dem viele folgten. Das Christival 1976, dem viele folgten, war mit inspiriert durch „Lausanne". Das „Missionarische Jahr" folgte 1980. Das „Missionale" ist seither nicht mehr wegzudenken. Der Arbeitskreis für evangelikale Theologie entstand und vieles andere mehr.

15 Monate nach meinem Amtsantritt in der Deutschen Evangelischen Allianz hatte mir der 2. Lausanner Kongress 1989 in Manila sehr geholfen, die Dimension meines Dienstes im zentralen Punkt der Einheit und Gemeinsamkeit zu schärfen. „Das ganze Evangelium der ganzen Welt durch die ganze Gemeinde" war ein einzigartiges Plädoyer für Ganzheitlichkeit, Einheit und Kooperation in der unerledigten Aufgabe der Weltmission und Evangelisation. Die Planungen für den Deutschen Evangelisationskongress „weitersagen" 1990 wurde noch einmal überprüft und geschärft. Und das dortige miteinander Nachdenken über die Evangelisation bildete den fruchtbaren Boden, auf dem zum Beispiel 1991 der Verein „ProChrist" gegründet werden konnte mit seinen nicht mehr wegzudenkenden Evangelisationen seit 1993.

Ein neues Nachdenken über die biblisch gebotene Einheit befruchtete auch die innerchristliche Diskussion in Deutschland. Ein neues Kapitel der Zusammenarbeit wurde spätestens mit der gemeinsamen Erklärung zwischen dem Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden und der Deutschen Evangelischen Allianz 1996 eingeschlagen. Ich denke, dass auch andere Gemeinschaftsaktionen dadurch befruchtet wurden: Die Ermöglichung der Willow Creek Kongressarbeit, das GemeindeFerienFestival SPRING, die Gründung der Internetarbeitsgemeinschaft „CINA" bis hin zum mutigen Schritt einer weiten Kooperation bei der EXPO 2000 mit dem „Pavillon der Hoffnung".

Welche Erkenntnisse und Hoffnungen nehme ich aus Kapstadt mit?

  1. Deutschland ist Missionsland. Während die Kirchen des Südens und Ostens wachsen, treten wir auf der Stelle. Wir dürfen uns hilfesuchend und demütig ausstrecken nach den Erfahrungen in der Weltchristenheit. Wir können staunend hören und sehen und erfahren, dass Gott auch heute sein Reich baut. Ich hoffe sehr, dass wir mutige und fröhliche Christen aus Afrika, Südamerika und Asien zu uns einladen, damit sie uns ermutigen und stärken im Glauben.
  2. Die Gemeinde Jesu ist zu allen Zeiten bedrängte, leidende und nicht selten verfolgte Gemeinde gewesen. Wenn es bei uns angesichts eines erstarkten - zum Teil aggressiven - Atheismus etwas heißer wird, sollte uns die „Hitze" nicht verunsichern. Wir brauchen Mut zum Bekenntnis des Glaubens, auch wenn das Nachteile mit sich bringt! Es darf keinen Rückzug aus der Öffentlichkeit geben. „Es gilt ein frei Geständnis" (Martin Luther) gilt auch heute! Und wir müssen uns noch viel mehr an die Seite der bedrängten Gemeinde stellen, in der Fürbitte und in der Fürsprache.
  3. Neue Religionen und Weltanschauungen sind Ansporn und Herausforderungen zur Mission, keine Hindernisse für die Christen und Kirchen. Mission freilich muss im kleinen Alltag der Nachbarschaft und der persönlichen Begegnungen beginnen, aus Liebe zu Gott und den Menschen. Nicht die Erstarkung anderer Religionen ist unser Problem sondern eine schwächelnde und verunsicherte Christenheit.
  4. In der neuen missionarischen Gemeinde darf es keinen Platz mehr geben für Egoismus, Machtstreben und Rechthaberei. Wir brauchen den geistlichen Gemeinsinn der Liebe und der Einheit in Jesus Christus. Denn die Wahrheit des Evangeliums ist uns nicht als Waffe gegen andere Christen gegeben. Wahrheit ohne Liebe ist nicht die biblische Wahrheit. Ebenso wenig wie freilich auch Liebe ohne Wahrheit nicht die biblische Liebe ist.
  5. Die Missionsaufgabe in Deutschland ist riesengroß. Sie muss Priorität 1 der Christenheit und aller Kirchen in Deutschland werden. Das muss sich auch in den Personal- und Finanzentscheidungen auswirken. Das die chinesischen Christen mehr Finanzmittel zur Teilnehmerfinanzierung für solche, die nicht selbst bezahlen konnten, gegeben haben als ganz Europa, ist beschämend. Die Missionsaufgabe kann aber nicht von einer Kirche, einer Konfession oder Denomination alleine geschultert werden; ebenso wenig nur von Missionswerken oder hauptamtlich angestellten Mitarbeitern. Alle müssen ihre Gaben in das gemeinsame Anliegen einbringen. Darum brauchen wir mehr Kooperation und Koordination, auch und gerade mit den fremdsprachigen Christen, den Missionaren aus anderen Nationen und Kulturen in Deutschland und ihren Gemeinden.
  6. 20 Jahre nach dem Kongress „weitersagen" brauchen wir einen ähnlichen Kongress zur Vervielfältigung der Erkenntnisse, die wir in Kapstadt gewonnen haben, ein „Christival" für die ganze Gemeinde aller Generationen und Kulturen in Deutschland. In Dankbarkeit für alles auch in Deutschland vorhandene und gewachsene missionarische Bemühen und Wirken brauchen wir auch eine Evangelisations-Ideen-Schmiede für zusätzliche Evangelisationsbestrebungen.
  7. Die ethischen Herausforderungen müssen ebenso entschlossen angegangen werden: Hilfe für die Armen, Einsatz gegen den modernen Slavenhandel in der Sexindustrie und Prostitution, Einsatz für Menschenrechte und Religionsfreiheit, für die modernen Aussätzigen mit Aids, für Ehe und Familie und das Lebensrecht aller Menschen.

Hartmut Steeb ist seit 1. April 1988 Generalsekretär der Deutschen Evangelischen Allianz. ImageDer Diplom-Verwaltungswirt (FH) hat nach seiner städtischen und staatlichen Ausbildung im Evangelischen Oberkirchenrat der Evangelischen Landeskirche in Württemberg gearbeitet, bevor er in den Dienst der Deutschen Evangelischen Allianz berufen wurde. In Verbindung mit seinem Amt in der Deutschen Evangelischen Allianz arbeitet Hartmut Steeb in vielen bundesweit tätigen Vorständen der evangelikalen Bewegung mit, u.a. in der Arbeitsgemeinschaft Evangelikaler Missionen, bei idea, der Lausanner Bewegung Deutschland, ProChrist, Willow Creek, und ist derzeit Vorsitzender der Vereine SPRING GemeindeFerienFestival sowie des Treffen Christlicher Lebensrecht-Gruppen.