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Homophobie oder fachlicher Diskurs?


09.04.09

Homophobie oder fachlicher Diskurs?

Autonomes Schwulenreferat des AStA-Marburg redet von selbsternannten Homoheilern

(MEDRUM) Der AStA in Marburg bezeichnet den 6. Kongreß für Psychotherapie und Seelsorge in Marburg als "fragwürdigen" Kongress. "Auf dem Kongreß werden auch selbst ernannte Homo-Heiler reden", so das autonome Schwulenrefererat.

In einer Erklärung des '"Autonomen Schwulenreferates" des AStA heißt es:

"Es sind Vertreter von Organisationen beteiligt, die Homosexualität als psychische Krankheit ansehen und entsprechende Konversationstherapien anbieten (z.B. "Wuestenstrom e.V.", vertreten durch Herrn Markus Hoffmann). Auch wenn die Vorträge und Seminare des aktuellen Kongresses sich nach Aussage des Veranstalters allgemein auf Identität beziehen und zumindest in den Titeln und Beschreibungen der Veranstaltungen der direkte Bezug auf Homosexualität vermieden wird, so stehen bestimmte Redner dieses Kongresses in einer klar homophoben Tradition: Einige der Referenten haben in der Vergangenheit deutlich gemacht, dass ihrer Ansicht nach menschliche Identität und Identitätsfindung mit den klassischen Geschlechterrollen untrennbar verbunden ist und homosexuelle Neigungen auf einer psychischen bzw. seelischen Störung beruhen und damit heilbar sind, wie es z.B. von Frau Dr. Christl Ruth Vonholdt vom „Deutschen Institut für Jugend und Gesellschaft" in einem Interview mit dem Rheinischen Merkur ausgeführt wurde."

Die Herausgeber der Mitteilung fordern die Universitätsleitung auf, sich von der Veranstaltung zu distanzieren.

Im Interview (2004), das der AStA als Beleg für die "homophobe" Haltung von Christl Vonholdt anführt, nahm Vonholdt u.a. Stellung zur Frage, ob Homosexualität angeboren sei. Sie erklärte dazu: "Martin Dannecker, er ist Professor für Sexualwissenschaft in Frankfurt und zählt sich selbst zur Homosexuellenbewegung, hat in seinem Gutachten für die Bundesregierung festgestellt, dass alle Versuche, die Homosexualität biologisch zu verankern, als gescheitert zu bezeichnen sind." Nach Auffassung von Vonholdt haben die Ursachen für homosexuelle Empfindungen eher mit frühkindlichen, tiefen emotionalen Verwundungen zu tun und sind von tiefenpsychologischer Natur. Der Mensch, sagte Vonholdt, sei ein Beziehungswesen, und Sexualität habe etwas mit Beziehungen zu tun. "Deshalb spielen die frühkindlichen Beziehungserfahrungen eine ganz wesentliche Rolle für die Art und Weise, wie ein Mensch später sexuell empfindet", so Vonholdt im Rheinischen Merkur. Es gehe um ein "tiefes Verlangen nach Zugehörigkeit, nach emotionaler Verbundenheit mit der Männlichkeit und nach Anschluss (an die Männlichkeit), die erotisiert und sexualisiert" werde.

Aus der Gegenüberstellung der Äußerungen von Christl Vonholdt und der Wertung ihrer Äußerungen als "homophob" durch das Schwulen-Referat wird der Kern der Kontroverse deutlich: der Versuch einer tiefenpsychologischen Analyse und Explikation für unterschiedliche sexuelle Orientierungen wird als "homosexuellenfeindlich" abgelehnt. Letztlich geht es also um die Frage, ob einer Medizinerin auf einem Fachkongreß die Freiheit gegeben wird, ihre fachlichen Erkenntnisse und Auffassungen zu präsentieren - und damit auch dem Widerspruch auszusetzen - oder ob ihr und den Teilnehmern des Kongresses das Recht und die Möglichkeit eines fachlichen Diskurses zu Fragen der menschlichen Identität entzogen werden dürfen.