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Gegen die arrogante Art des Regierens


08.09.15

Gegen die arrogante Art des Regierens

Gedanken eines Bürgers, der weit weg von Berlin lebt und denkt

Zwischenruf eines MEDRUM-Lesers

(MEDRUM) Alle, die gegen von der herrschenden Politik und „ihrer" Presse herausgegebenen Meinungen sind, sind rechts einzuordnen. Sie sagen: Wer Flüchtlinge nicht mit offenen Armen empfängt, ist rechts. Wir sehen bei Demonstrationen von Gegnern der momentanen Asylpolitik oft vor der Kamera „Dumpfbacken", wir sehen Glatzen, Gewalttätige und Besoffene. Natürlich gehöre ich nicht zu denen. Auch nicht zu denen, die mit Gewalt versuchen, Flüchtlinge einzuschüchtern.

Da sagt der „Dicke": „Bei uns da nennen wir solche Leute Pack". Aber zwischen den Befürwortern und den militanten Gegnern genau der Politik, die gerade geschieht, da gibt es doch auch Leute, die nachdenken, die Fragen haben, die sich Sorgen machen. Leute, die darüber reden wollen und nicht ständig vor Vollzugsmeldungen gestellt werden wollen.

Bei einer Benefizradtour (Hansetour Sonnenschein, meine 11. Teilnahme) für krebs- und chronisch kranke Kinder in diesem Jahr, wo Spendengelder eingesammelt werden, waren wir auch in Berlin und Potsdam eingeladen. Wir kamen mit 270 Fahrern an und hörten tolle Reden. Eine Spende von den Parlamentariern bekamen wir nicht, null Euro. In Potsdam waren es immerhin 50 €, die der Bürgermeister spendete. In Oranienburg waren es z.B. knapp 13.000 €. Kaum einer der Mitfahrer weiß, dass ich im Kreistag und der Gemeindevertretung im Landkreis Rostock mitarbeite. So konnte ich gut die Meinungen der Menschen mitten aus unserer Gesellschaft hören. Was sie u.a. über Politik und die Kluft zwischen Wort und Tat sagten. Wie sie enttäuscht waren und sind. Wie gering ihre Erwartungen an „die da oben" sind. Ich habe sehr gespannt zugehört.

Im Kreistag arbeite ich im Ausschuss für Familien, Senioren, Soziales und Gesundheit mit. Das schon seit über 10 Jahren. Eine Erhöhung der freiwilligen Leistungen (u.a. für soziale Aufgaben) gab es bisher noch nicht. Immer weniger Vereine bekommen etwas ab. Sucht- und Schuldnerberatungsstellen müssen teilweise schließen, bzw. ihre Leistungsangebote herunterfahren. Warum? Weil kein Geld da ist, weil wir sparen müssen, weil alles immer knapper wird, die Pflichtaufgaben der Kommunen ständig anwachsen, die Kreisumlage selbst die sparsamen Gemeinden „stranguliert"...

Die Leute „von der Straße", Kollegen und Kolleginnen aus den Ämtern und den Kreis- und Gemeindetagen sind doch nicht blöd. Sie sehen doch auch die Verläufe ihrer ehrenamtlichen Arbeit. Und sie lesen Zeitung und sehen und hören in den Medien, was momentan Sache ist.

  • Ich persönlich erlebe, dass meine Meinung nicht wirklich gefragt ist, wenn es nicht die Meinung der momentan herrschenden Politiker ist.
  • Ich erlebe, dass ich über die meisten Medien mit meiner Meinung, wenn sie denn öffentlich wird, in die „rechte Ecke" gestellt werde.
  • Ich erlebe, dass Menschen in der ehrenamtlichen und auch in der hauptamtlichen Politik im persönlichen Gespräch eine andere Meinung vertreten, als wenn sie öffentlich agieren.
  • Ich erlebe mich hilflos, weil ich nicht weiß, welche Entscheidungsorgane sich wirklich mit den Ängsten und Erfahrungen des Volkes auseinander setzen wollen.

Die Alibisätze vor den Kameras kann man vergessen. Wie kann es sein, dass ich wie zu DDR-Zeit genau wieder diese Ängste erlebe, sich öffentlich zu positionieren und sich gegen den Mainstream zu stellen. Der Mainstream, der künstlich aufgepeppt wird und aus meiner Sicht nicht die Meinung des ganzen Volkes ist. Vielleicht weil keiner in die „rechte Ecke" geschoben werden will. Und eine Plattform, wo man offen seine Fragen und Sichtweisen äußern kann, ohne stigmatisiert zu werden, sehe ich nicht wirklich.

Die Flüchtlinge, die in unser Land kommen – sie kann ich gut verstehen. Ihr Leid in den Herkunftsländern ist nicht mit unseren Sorgen „auf hohem Niveau" zu vergleichen. Auch ich habe erlebt, wie viele meiner ehemaligen DDR-Mitbürger alles liegen und stehen ließen. Nicht weil sie nach Grenzöffnung noch politisch verfolgt wurden, sondern weil der „goldene Westen„ lockte. Auch an ihnen haftete etwas vom Geruch von „Wirtschaftsflüchtlingen".

Meine Fragen und meine Kritik richtet sich an die Politiker, die aus meiner persönlichen, subjektiven Sicht aus dem Auge verlieren, wie Menschen hier seit langer Zeit Bedürfnisse ungehört anmelden, resigniert haben, aber andererseits mit einem mal Milliarden an Euro zur Verfügung stehen, um alle zu versorgen, die zu uns kommen. Nach Europa, nach Deutschland. Die, die zu uns kommen, sie sollen versorgt und gerecht behandelt werden, aber die, die schon hier sind und schon lange hier leben, dürfen nicht das Gefühl bekommen, sie werden übersehen. Denn hier sehe ich Sprengstoff, der vielleicht noch vor den nächsten Wahlen explodieren könnte.

Verhindern lässt sich das aus meiner Sicht nur, wenn die Politik ihre arrogante Art zu regieren einstellt und wirklich auf das Volk hören lernt. Auf die hören lernt, die nicht aus Angst das Lied des Mainstreams mitsingen. Ich wünsche mir das Gespräch auf Augenhöhe, nicht vom „Berliner Thron" aus.


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Leserbriefe

Danke, ein Artikel, der aus dem Herzen spricht. Wer etwa die Kommentare bei FAZ oder FOCUS liest, der erkennt, dass nur wenige Menschen die gleiche Meinung wie unsere Regierung haben. Flüchtlinge, die in ihrer Heimat verfolgt wurden: ja. Aber woher haben denn sog. Flüchtlinge große teure Koffer, wenn sie in München landen und einfach alles, was so mancher "Eingeborene" nie hatte? Barmherzigkeit sollte Nachdenken nicht ausschließen. Leider kommt von der EKD auch kaum etwas Durchdachtes.