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"Echte Demokraten lehnen jeden Extremismus ab"


15.01.10

"Echte Demokraten lehnen jeden Extremismus ab"

EKD wegen Fixierung auf Kampf gegen Rechtsextremismus und tendenziöser Denunziation in der Kritik

(MEDRUM) Renommierte protestantische Christen haben gemahnt, sich in der Evangelischen Kirche nicht einseitig auf den Kampf gegen den Rechtsextremismus zu fixieren und politisch Unwillkommenes nicht als "rechtsextrem" zu denunzieren. Anlaß für diesen Appell ist die Ankündigung, eine Bundesarbeitsgemeinschaft "Kirche gegen Rechtsextremismus" zu gründen, und der Vorwurf an Helmut Matthies, Leiter der Evangelischen Nachrichtenagentur "idea", er bewege sich mit der Annahme des Gerhard-Löwenthal-Preises in einer Grauzone zum Rechtsextremismus.

Der Vorsitzende der Kirchlichen Sammlung um Bibel und Bekenntnis in Bayern (KSBB), Andreas Späth, hat am Donnerstag dazu aufgerufen, sich in der Kirche nicht auf den Kampf gegen Rechtsextremismus zu beschränken, sondern allen Formen des Extremismus entgegenzutreten. Er reagierte damit auf eine Initiative, die mit der Gründung einer "Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche gegen Rechtsextremismus (BAGKR)" ihren Blick am Kampf gegen Rechts ausrichten will.

Initiatoren für die Gründung der BAGKR sind Christian Staffa, Geschäftsführer der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste, und die Vereine "Kulturbüro Sachsen e.V." und "Miteinander e.V." aus Sachsen-Anhalt. Nach ihren Vorstellungen soll am 12.02.2010 die BAKGR in Dresden gegründet werden. Sie erklärten dazu: "Menschen- und Demokratiefeindliche Einstellungen, Rechtsextremismus und Alltagsrassismus sind - nicht nur im Osten Deutschlands - eine alltägliche Erscheinung. Täglich wird ein Mensch Opfer rechtsextremer Gewalt. Betroffen von solcher Gewalt und Bedrohung sind in zunehmendem Maße auch ChristInnen und Kirchgemeinden."

Christian Staffa hat sich zugleich dagegen ausgesprochen, die Bundesprogramme gegen Rechtsextremismus um Linksextremismus und Islamismus zu einem Programm gegen Extremismus zu erweitern. Staffa sieht darin eine "Gleichsetzung völlig unterschiedlicher Phänomene, die das Ausmaß rechtsextremer Organisationsdichte sowie rassistischer und politisch rechts motivierter Gewalttaten in Deutschland verharmlosen" würde.

Für den Vorsitzenden der Kirchlichen Sammlung um Bibel und Bekenntnis in Bayern (KSBB), Andreas Späth, liegen die Verhältnisse genau umgekehrt. Durch eine Beschränkung auf den Rechtsextremismus werde die Bedrohung verharmlost, die von anderen extremistischen Bewegungen ausgehe. Späth kritisiert dies ganz entschieden: "Echte Demokraten lehnen alle Formen des Extremismus ab, die mit Gewalt anderen ihre Meinung aufzwingen wollen. Dazu gehörten Rechtsextreme, Linksextreme, Islamisten und auch Teile der aggressiv intoleranten Homosexuellenbewegung, die Kritik an ihrem Lebensstil gesetzlich verbieten lassen möchten."

Im Gegensatz zum Geschäftsführer der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste hält Späth deswegen die Pläne von Bundesministerin Kristina Köhler (CDU), gegen jede Form von Extremismus vorgehen zu wollen, grundsätzlich für richtig. Sie sei im Prinzip auf dem richtigen Weg. Späth weiter: "Viel zu lange habe der 'Kampf gegen Rechts' einseitig 'andere Ausformungen des verdammungswürdigen Extremismus verharmlost." Es sei fast schon selbstverständlich, wenn die SED-Fortsetzungspartei sich in die demokratischen Parteien einreihe. Späth warnt zudem vor der stark angestiegenen Gewalt durch die linksextremistische und linksautonome Szene: "Während rechtsextreme Gewalttaten zurückgegangen sind, brennt allein in Berlin im Durchschnitt täglich ein von Linksradikalen angezündetes Auto aus." Späth hält es ebenso für wichtig, daß die Kirche ihren primären Auftrag, allen Menschen - also auch Extremisten aller Couleur - das Evangelium zu predigen, nicht aus den Augen verliert. Das sei die beste Prävention gegen Gewalt und fördere Frieden, Freiheit und Wohlstand.

Mit der Forderung, linksextreme Tendenzen nicht zu verharmlosen, steht Späth nicht allein. So erklärte der Theologe und frühere Jugendpfarrer in der DDR, Theo Lehmann, in der JUNGEN FREIHEIT am Donnerstag, die EKD sei einseitig auf das Thema Rechtsextremismus fixiert. Gleichzeitig würden linksradikale und linksextreme Tendenzen verharmlost. Anzeichen für eine solche Entwicklung sieht Lehmann auch in der Rufmordkampagne gegen den Leiter der Evangelischen Nachrichtenagentur "idea", die durch eine Pressemitteilung von Oberkirchenrat Christhard Wagner, Bildungsdezernent in der Evangelischen Kirche Mitteldeutschland ausgelöst wurde (Wagner gehört auch zum Kreis  der Unterzeichner des Aufrufes zur Gründung einer BAGKR). Es sei ein Skandal, daß nicht einmal mehr „vor so einer integeren Person wie Herrn Matthies" haltgemacht werde, so Lehmann. Auch der renommierte Kirchenrechtler und ehemalige Direktor des Kirchenrechtlichen Instituts der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Axel von Campenhausen, bezeichnete den Vorgang als „empörend". Der Extremismus-Vorwurf werde zur modernen Form der gesellschaftlichen Denunziation mißbraucht. Was einem politisch nicht willkommen sei, werde in die „rechtsextreme" Ecke gedrängt, kritisierte der Kirchenrechtler von Campenhausen in der JUNGEN FREIHEIT.


MEDRUM -> Die Geschichte einer Verleumdung

MEDRUM -> Solidarisierung mit Helmut Matthies


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