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Bremen bleibt im Bundesrat mit Initiative zur Benennung von Kinderrechten erfolglos


23.09.08

Bremen bleibt im Bundesrat mit Benennung von Kinderrechten erfolglos

Wahlrecht für Kinder ausgeblendet - Zielte Bremens Vorstoß nur auf symbolische Wirkung?

(MEDRUM) Das Bundesland Bremen brachte im Juni im Bundesrat den Vorschlag ein, die Bundesregierung zur Vorlage eines Gesetzentwurfs zur Änderung des Grundgesetzes aufzufordern, mit dem Kinderrechte besonders verankert werden sollten. Der Vorschlag ist vom Bundesrat in seiner Sitzung am 19.09.08 nicht angenommen worden.

Das Land Bremen verwies in seinem Vorschlag auf seine eigene Landesverfassung, in der als Rechte von Kindern benannt werden, das Recht

  • auf Entwicklung und Entfaltung der Persönlichkeit,
  • auf gewaltfreie Erziehung und den besonderen Schutz vor Gewalt,
  • Vernachlässigung und Ausbeutung.

Bremen betonte, dass die Regelung von Bremen zudem die Aufgabe der staatlichen Gemeinschaft enthalte,

  • die Rechte des Kindes zu achten, zu schützen und zu fördern und
  • für kindgerechte Lebensbedingungen Sorge zu tragen.

Im Vorschlag des Landes Bremen hieß es weiter, das Grundgesetz enthalte bislang kein ausdrücklich normiertes eigenständiges Grundrecht für Kinder. Insbesondere werde den Kindern durch Art. 6 Abs. 2 Grundgesetz, der das Elternrecht zur Pflege und Erziehung ihres Kindes garantiere, kein eigenes Grundrecht zugewiesen. Die Stellung von Kindern in der Gesellschaft soll so gestärkt und das allgemeine Bewusstsein dafür geschärft werden, dass Kinder eigene Grundrechte haben, die zu respektieren seien.

Nachdem der federführende Rechtsausschuss, der Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik, der Ausschuss für Frauen und Jugend, der Ausschuss für Familie und Senioren und der Ausschuss für Innere Angelegenheiten dem Bundesrat empfohlen hatten, die von Bremen und Rheinland-Pfalz vorgeschlagene Entschließung nicht zu fassen, fand sich in der 847. Sitzung am 19.09.08 keine Mehrheit im Bundesrat, die eine Änderung des Grundgesetzes im Sinne des Vorstoßes der beiden Bundesländer für erforderlich hielt.

Ein Blick auf den Vorschlag der beiden Bundesländer und Vergleich mit dem Grundgesetz macht deutlich, weshalb dem Scheitern des Vorstoßes des Landes Bremen eine eher nur symbolische Bedeutung beigemessen werden muß. Bremen hatte einerseits lediglich Rechte benannt, die der Staat
nicht nur gegenüber Kindern, sondern ohnehin schon gegenüber jedem Menschen - gleich ob Kind, Frau oder Mann - zu achten und
zu schützen hat. Im Grundgesetz heißt es bereits in Art. 2: "Jeder hat
das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit". Zum anderen ist auch der
Schutz vor Vernachlässigung und Ausbeutung bereits durch Art. 6 des
Grundgesetzes geschützt, der dem Staat das Recht einräumt, Kinder vor
Vernachlässigung und Verwahrlosung zu schützen, indem Kinder von den
Eltern getrennt werden können, wenn das Kindeswohl gefährdet ist. Ferner geht der grundgesetzliche Schutz sogar derzeit
schon über das hinaus, was im Vorschlag des Landes Bremen genannt wird.
Denn Art. 6 benennt nicht nur ein Elternrecht zur Pflege und Erziehung, wie es in der Vorlage des Landes Bremen heißt,
sondern sagt außerdem, Pflege und Erziehung sei die den Eltern
zuvörderst obliegende Pflicht. Und schließlich stellt das Grundgesetz
in Art. 6 Kinder ganz generell unter den besonderen Schutz des Staates,
da es staatliche Pflicht ist, Ehe und Familie (also Kinder, Mütter und Väter) besonders zu schützen.
Aufgabe des Staates - Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung - ist es damit schon heute, Kinder als Teil der
Familie in besonderem Maße zu schützen.

Der Vorschlag des Landes Bremen hat also
keine Rechte benannt, die nicht schon heute im Grundgesetz und weiteren Gesetzten verankert und vom Staat besonders zu achten und zu schützen sind, wie es Artikel 1 des Grundgesetzes feststellt. Eine neue Rechtsqualität für Kinder hätte könnte allerdings durch die Schaffung eines Wahlrechtes
für Kinder geschaffen werden, wie es in der FDP und auch von der Evangelischen Allianz Deutschland vorgeschlagen wird.
Ein solches Recht wurde vom Land Bremen in seiner
Beschlußvorlage jedoch nicht benannt. Auch das natürliche Recht eines Kindes, eine natürliche Mutter und Vater zu haben und bei diesen aufzuwachsen, würde eine neue Rechtsqualität für Kinder mit sich bringen. Dieses Recht würde sie vor dem Zwang in Schutz nehmen, gleichgeschlechtliche Paare als Eltern zu haben und bei diesen aufwachsen zu müssen. Derlei Rechte wurden jedoch weder von Bremen noch von Rheinland-Pfalz benannt. Daher kann der Eindruck nicht von der Hand gewiesen werden, dass dem Vorstoß im Bundesrat überwiegend ein Symbolcharakter beigemessen werden kann und nur das benannt wurde, was mit dem politischen Mainstream vereinbar ist und opportun erscheint. Dies umsomehr, als der Staat einen Großteil der Familien bei der Schaffung kindgerechter Lebensbedingungen in den Familien nicht die Unterstützung gewährt, die für kindgerechte Lebensbedingungen erforderlich wäre. Dies hat nicht zuletzt der Bericht der Bundesregierung über Kinderarmut aufgezeigt.

Jenseits der Diskussion um die Benennung von Kinderrechten hängt es vor allem von der praktischen Politik und Gestaltung der Lebensbedingungen für Familien ab, wie gut die Rechte von Kindern verwirklicht werden. Eine Frage, die auch eine rechtliche Dimension hat, ist die Frage, wer Kinder und ihre Rechte vor dem Zugriff staatlicher Instanzen schützt, wie er in den Fällen der Familien Gorber und Dudek und vielen anderen Fällen geschehen ist? Im Fall der Familie Gorber hat der Staat empfindlich in die Rechte des Kindes eingegriffen und ihm das Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit genommen, indem er die Kinder gewaltsam und gegen ihren Willen von der Familie getrennt und in staatlichen Heimen untergebracht hat. In diesen Heimen wurden ihre Rechte unter staatlicher Aufsicht auf ein Minimum in einer Weise beschränkt, die mit Kindesrechten und Kindeswohl kaum noch etwas gemein hatte. Im Fall der Familie Dudek greift der Staat ebenso empfindlich in die Rechte von Kindern ein, indem er ihnen die Eltern für mehrere Monate durch Gefängnisstrafen nehmen will, weil der staatliche Schulbesuchszwang über das Recht von Kindern und Eltern gestellt wird, ihre Persönlichkeit frei zu entfalten und ihr Recht auf Bildung in eigener Verantwortung zu gestalten. Auf diese Fragen zu Kinderrechten gibt der Vorstoß der Länder Bremen und Rheinland-Pfalz keine Antworten. Diese Problematik wird ausgeblendet. Auch hier könnte die Einführung eines Wahlrechtes für Kinder am ehesten einen Beitrag dafür leisten, dass ihren Interessen und Rechten wirksam Geltung verschafft wird. Maßnahmen von symbolischer Bedeutung und Ausblenden solcher Problemstellungen reichen nicht aus. Sie lösen keine Probleme und bewegen nichts - außer Symbolik.


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