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Europarat - Wächter über Menschenrechte?

17.04.08


Europarat - Wächter über Menschenrechte für das ungeborene Leben?
Resolution zur Garantie des Rechtes auf Abtreibung und Schaffung von Wahlfreiheit verabschiedet

Nach einer vierstündigen Debatte nahm der Europarat am 16. April mit 102 Ja-Stimmen
bei 69-Gegenstimmen die Resolution 1607 an, mit der die europäischen Staaten aufgefordert werden, den Frauen das Recht zur
legalen Abtreibung
und eine wirksame Wahrnehmung dieses Rechtes zu garantieren. Dem Europarat gehören 47 europäische Staaten an. Er repräsentiert 800 Millionen Europäer.

In einer Pressemitteilung dazu aus Straßburg heißt es:

Die Parlamentarische Versammlung des Europarates (PACE) forderte heute die
Mitgliedsstaaten der Organisation zur Entkriminalisierung der Abtreibung bis zu
einer maximalen Schwangerschaftsdauer auf, sofern dies nicht bereits geschehen
ist. Des Weiteren soll Frauen das „Recht […] auf sicheren und legalen Zugang zu
Abtreibung“ eingeräumt werden.

Die Resolution der Vollversammlung wurde vom Ausschuss für die Gleichstellung von Frauen und Männern vorbereitet, in dem auch mehrere deutsche Bundestagsabgeordnete aus den Fraktionen der Linken, Bündnis90/die Grünen, SPD und FDP mitgewirkt haben. Federführend als Berichterstatterin des Ausschusses war die österreichische SPÖ-Abgeordnete Gisela Wurm (Bericht dazu).

In der Resolution heißt es einerseits, Abtreibung dürfe kein Mittel der Familienplanung sein und sollte soweit wie möglich vermieden werden, andererseits wird jedoch herausgestellt (Rohübersetzung):

Die Vollversammlung ist besorgt, dass in vielen Mitgliedsstaaten zahlreiche Auflagen gemacht werden, die den wirksamen Zugang zu sicherer, bezahlbarer und angemessener Abtreibung beschränken.

Der Europarat fordert alle Mitgliedstaaten auf:

  • den Frauen die wirksame Ausübung ihres Rechtes zu sicherer und legaler Abtreibung zu garantieren,
  • den Frauen Wahlfreiheit zu geben und das Umfeld für eine freie und aufgeklärte Entscheidung zu gewähren,
  • Beschränkungen aufzuheben, die in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht den Zugang zu sicher Abtreibung erschweren, und
  • insbesondere die notwendigen Schritte zu unternehmen, um eine angemessene gesundheitliche, medizinische und psychologische sowie finanzielle Unterstützung zu schaffen.

Viele, die sich dem Schutz des ungeborenen Lebens besonders
verpflichtet wissen, werden diesen Beschluss als Niederlage für das
ungeborene Leben betrachten.
Im Vorfeld der gestrigen Sitzung hatten sich etliche Lebensschutzorganisationen und Aktionskreise gegen die Initiative im Europarat augesprochen, weil sie darin eine Maßnahme sehen, die Abtreibung zu Lasten des Schutzes des ungeborenen Lebens begünstigt. Für oder gegen die Initiative "Recht auf Abtreibung" hatten sich beispielsweise ausgesprochen:

Contra Initiative

Pro Initiative

AKTION LEBEN

Aktionskreis
Weisser Friede

Aktion
Lebensrecht für Alle

Bundesverband
Lebensrecht

Donum Vitae

EuroProLife

KALEB

Lebensschutzorganisation CDL

Amnesty
International

Pro Familia

In der Vollversammlung des Europarates ist der Deutsche Bundestag mit 18
Mitgliedern
als Delegierten vertreten, die aus allen Fraktionen kommen (Bericht dazu).
Der Resolution des Europarates wird zwar keine unmittelbar rechtliche
Bindungswirkung für die Mitgliedsstaaten zugeschrieben, sie bringt aber
zumindest eine hohe moralische und auch politische Verpflichtung mit sich,
Beschlüsse im nationalen Bereich umzusetzen, da der Europrat das Dach
Europas ist, unter dem die Menschenrechte, die parlamentarische
Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit in Europa geschützt werden
sollen. Wesentliche Grundlage dafür ist die Konvention zum Schutz der Menschenrechte und der Grundfreiheiten, die vom Europarat ausgearbeitet und verabschiedet wurde. Eine Nichtbeachtung seiner Resolution würde mindestens die Glaubwürdigkeit und Durchsetzungsfähigkeit des Rates und seiner Mitglieder sowie die gemeinsame Zielsetzung zur Verwirklichung von Menschenrechten und Demokratie beschädigen. Eine solche Resolution kann daher schon deshalb kaum als unverbindlich bewertet werden. Stellungnahmen deutscher Politiker und Parlamentarier sind noch nicht bekannt.

Der vorläufig freigegebene Text der Resolution ist im Anhang enthalten.

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