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126 Synodale beschließen einstimmig "epochales" Pfarrdienstgesetz


11.11.10

126 Synodale beschließen einstimmig "epochales" Pfarrdienstgesetz

EKD macht es anderen vor: Familie ist auch da, wo keine Kinder sind

von Kurt J. Heinz

(MEDRUM) Am Mittwoch, 10. November 2010, nahmen die 126 Mitglieder der Synode das vom Rat der EKD vorgelegte neue Pfarrdienstgesetz einstimmig an. Es sei ein „wahrhaft epochales Werk", sagte das EKD-Ratsmitglied, Landesbischof Ulrich Fischer, als er den Entwurf für das Gesetz der EKD-Synode zur Abstimmung vorlegte. Das neue Kirchengesetz will einen verlässlichen Rahmen für die Gliedkirchen schaffen und basiert unter anderem auf einem neuen Familienbegriff.

Das neue Pfarrdienstgesetz umfasst 116 Seiten. Sein Name lautet: "Kirchengesetz zur Regelung der Dienstverhältnisse der Pfarrerinnen und Pfarrer in der Evangelischen Kirche in Deutschland (Pfarrdienstgesetz der EKD - PfDG.EKD)". Den 45 Seiten Gesetzestext folgen 69 Seiten Begründung und 1 Seite mit der Stellungnahme der Kirchenkonferenz.

Das PfDG gliedert sich in zehn Teile und umfasst insgesamt 121 Paragraphen, in denen alles Wichtige zum Pfarrdienstverhältnis in der EKD kirchenrechtlich und für die Gliedkirchen übergreifend geregelt sein soll:

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Der Vorsitzende des Rechtsausschusses der EKD-Synode, Gerhard Eckels, stellte in seiner Beschlussempfehlung vor der Synode heraus, dass „dieses Gesetz ein weiterer, ganz wichtiger Baustein der Rechtsvereinheitlichung in der EKD ist." Landesbischof Fischer führte dazu weiter aus: „Die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Pfarrerberuf, der zu Recht als Schlüsselberuf der evangelischen Kirchen bezeichnet wird, werden auf eine einheitliche und verlässliche Grundlage gestellt." Nicht weniger als elf unterschiedliche Pfarrdienstgesetze gebe es bisher in den 22 Gliedkirchen der EKD, so Landesbischof Fischer. Es sei dringend erforderlich, „dass die Gliedkirchen auch in diesem Kernbereich ihrer Arbeit eine Sprache sprechen und enger zusammenarbeiten, dass ihre Praxis vergleichbarer und der Wechsel von Pfarrerinnen und Pfarrern zwischen den Gliedkirchen leichter und einfacher wird. Mit diesem gemeinsamen Gesetz wollen wir auch den künftigen Regelungsaufwand reduzieren und nicht zuletzt eine höhere Akzeptanz des kirchlichen Rechts bei staatlichen Stellen erreichen."

Zuvor hatte bereits die Kirchenkonferenz, die Vertretung der Gliedkirchen der EKD, dem Gesetzentwurf zugestimmt. Das Gesetz tritt am 1. Januar 2011 in Kraft. Für das Inkrafttreten in den Gliedkirchen bedarf es noch der Zustimmung der Gliedkirchen beziehungsweise der Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands (VELKD). Hierfür sieht das Gesetz eine Frist bis zum 31. Dezember 2012 vor.

Eine epochale Bedeutung kann dem neuen Pfarrdienstgesetz insbesondere wegen des Einführung eines neuen Verständnisses von Familie beigemessen werden. Das PfDG enthält einen Paragraphen 39 über "Ehe und Familie", der auf den ersten Blick nicht sehr aufregend wirkt. Er besagt, daß Pfarrerinnen und Pfarrer auch in ihrer Lebensführung im familiären Zusammenleben und in ihrer Ehe an die Verpflichtungen aus der Ordination gebunden sind. Während es keiner weiteren Begründung bedarf, um zu verstehen, was mit Ehe gemeint ist, erschließt sich der Begriff "familiäres Zusammenleben" erst nach Studium der ausführlichen Begründung zum Gesetzestext.

Wie MEDRUM berichtete, wird aus der Begründung zum Begriff "familiäres Zusammenleben" klar, daß mit diesen neuen kirchenrechtlichen Regelungen auch lesbische Pfarrerinnen oder schwule Pfarrer, die in einer Lebenspartnerschaft zusammenleben, ebenso wie ein in der Ehegemeinschaft zusammenlebendes kinderloses Pfarrerehepaar als Familie angesehen werden. In der Begründung zum neuen Gesetz wird dieses Verständnis in der Formulierung ausgedrückt: "jede Form des rechtsverbindlich geordneten Zusammenlebens von mindestens zwei Menschen". Auch damit dürfte die EKD ihrer Zielsetzung Rechnung tragen, eine höhere Akzeptanz bei staatlichen Stellen zu erreichen. In Bremen wurde 2010 die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft durch eine Änderung der Landesverfassung der Ehe völlig gleichgestellt. Die Formulierung "mindestens zwei" Menschen gibt darüber hinaus sogar Spielraum für künftige Weiterentwicklungen von Lebensformen. So könnten auf weitere Sicht beispielsweise auch drei als Partner zusammenlebende Pfarrerinnen oder Pfarrer als Familie gelten.

Das neue Familienverständnis weicht grundlegend von bisherigen kirchlichen und tradierten gesellschaftlichen Vorstellungen ab. Der Begriff Familie war bislang an die natürliche Lebensverbindung zwischen Eltern und Kindern gebunden. So antwortete 2002 der damalige Bundeskanzler Schröder auf die Frage, was er unter Familie verstehe, mit der plakativen Formel: "Familie ist dort, wo Kinder sind". Ein solches Verständnis ist mit der Einführung des neuen Pfarrdienstgesetzes überholt. Die mit unterschiedlichen Lebensformen jeweils verbundenen Inhalte diffundieren nun und verändImageern bisher klare Konturen des Familienbegriffes grundlegend. Familie ist nach dem neuen Verständnis der EKD alles, was als "Einstandsgemeinschaft" gelten kann. Familie ist damit auch dort, wo keine Kinder sind. Der im Bild links abgebildete Ausschnitt aus einem Faltblatt der EKBO spiegelt das neue Verständnis der EKD vom Familienbegriff wieder.

Das neue Kirchenrecht wird dem Anspruch gerecht, Entwicklungen voranzugehen, wie es von der Präses der Synode, dem Mitglied der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/ Die Grünen, Katrin Göring-Eckardt, formuliert wurde, als sie zu Beginn der Tagung der Synode zu Reformen aufrief: "Machen wir es den anderen vor."

In der Evangelischen Landeskirche in Berlin-Brandenburg schlesische Oberlausitz (EKBO) hat das neue Denken schon Fuß gefasst. Wie MEDRUM berichtete, lädt sie lesbische und schwule Partner ein, sich kirchlich segnen zu lassen. Sie benutzt dafür das Wort Jesu zur Ehe: „Was Gott zusammengefügt hat, darf der Mensch nicht scheiden."


08.11.10 MEDRUM Vorlage der EKD: Kinder sind für Familie nicht mehr konstitutiv
23.09.10 MEDRUM Rückschritt vom Toleranzdiktat in eine beliebige Zeitgeistethik


 

Pfarrdienstgesetz

Leserbriefe

Lieber Gast X, ich weiss nicht, warum es so schwer für Sie ist, mich zu verstehen. Sie scheinen unter Homosexualität eihzig und allein das vorstellen zu können, was entsprechende Bilder beim CSD oder auch bei Folsom Street Day zeigen, wo sich Leder- Fetischisten und SM- Anhänger in Berlin und San Francisco tummeln, oder entsprechende Praktiken dieser Klientel, wie sie im Netz abrufbar sind. Das alles hat natürlich nichts mit Liebe und Zärtlichkeit zu tun - und dafür setze ich mich nun wirklich nicht ein! Worauf ich hinweisen möchte, ist, dass es auch unter homosexuellen Menschen Liebe und Zärtlichkeit gibt und dass diese Liebe und Zärtlichkeit ganz genauso Wirklichkeit sind, wie die von Ihnen geschilderte moralische Unordnung (die es im Übrigen auch bei heterosexuellen Menschen gibt). Wenn Menschen in solcher Liebe, Zärtlichkeit und gegenseitiger Verantwortung miteinander leben und umgehen, dann ist das nicht nur bei heterosexuellen Menschen achtenswert! Leider kennen viele nur abschreckenden Beispiele homosexuellen Verhaltens, wie sie - zu Recht - in der Bibel verurteilt werden. Über die positiven Beispiele, die es ganz genauso gibt, wird geschwiegen. Wenn die EKD ihr neues Pfarrerdienstrecht so gefasst hat, dass auch gleichgeschlechtlich geprägte Pfarrer und Pfarrerinnen in Liebe und Verantwortung zusammenleben dürfen, dann wird damit keineswegs sexueller Willkür und Beliebigkeit Tor und Tür geöffnet!

Ich bin froh, dass ich aus diesem verlotterten Käsmann- und sonstigen Verein schon ausgetreten bin, wäre ich es nicht, dann würde jetzt aus dieser homosexuellen Spinatkirche austreten. Die hat mit Jesus und dem Evangelium nichts mehr zu tun, ist nur noch ein makabrer Sozialverein, der fast jede Sünde für gut und richtig befindet.

Kann mir jemand erklären, welche Rolle das Präsidium der EKD bei dieser Entscheidung gespielt hat? Was ist die Aufgabe des Präsidiums? Vielen Dank für eine Antwort.

Die Einstimmigkeit dieser Entscheidung ist auch mir ein Rätsel. Eine der Synodalen ist Dr. Christel Hausding, die im Dezember 2000 als Mitglied des Arbeitskreises Lebendige Theologie heute das Papier "Zur aktuellen Diskussion um Homosexualität in der Württembergischen Landeskirche" mitunterschrieben hat, worin es heißt, es hätte vermieden werden können, "die Auffassung, 'dass eine ethisch verantwortlich gelebte homosexuelle Partnerschaft von Amtsträgerinnen und Amtsträgern nicht im Widerspruch zur Leitbildfunktion der Ehe steht und den biblischen ethischen Leitlinien entspricht'. In Wahrheit gilt: Eine Lebensweise, die der biblischen Bestimmung der Geschlechter widerspricht, macht auch einen Zeugen des Evangeliums unglaubwürdig und ist mit der Treue zum Evangelium und dem öffentlichen kirchlichen Auftrag nicht vereinbar." http://www.elk-wue.de/fileadmin/mediapool/elkwue/stellungnahme_vom_191.pdf Wie kann sie zehn Jahre später das Gegenteil vertreten? Ich kann es mir nur so erklären, dass sie nicht wusste, was sie im Einzelnen damit unterschreibt.

Nicht allein Frau Hausding aus dem Bereich der Evangelikalen gehört zu den 126 Auserwählten. Es ist erschütternd zu lesen, wer da noch alles von der Partie ist! MfG Gast X Mitglieder der 11. EKD-Synode ++ Beckstein, Dr. Günther Ministerpräsident a.D. / Rechtsanwalt / Mitglied des Landtags Lions Club ++ Dölker Tabea Erzieherin Gesprächskreis Lebendige Gemeinde ++ Mack, Ulrich Prälat, Lebendige Gemeinde Christustag ++ Rentrop, Norman Verleger, Mitglied Rotary Club Bonn- Kreuzberg, Bibel- TV, Mitglied im Kuratorium ProChrist ++ Teich, Volker Dekan, Gesprächskreis Lebendige Gemeinde

Auf die Abschaffung der Familie folgt die Abschaffung der Kirche. Der Entwurf zu einem einheitlichen Dienstrecht für evangelische Geistliche bedeutet nichts anderes als dem unseligen Gender-Mainstreaming zu folgen, das auf Antrag der Lesben- und Schwulenverbände in die europäische Ratsgesetzgebung Eingang gefunden hat. Im Ergebnis läuft das auf die Abschaffung des klassischen Familienverständnisses hinaus. Das Verhalten einer Minderheit wird so zu einer Norm für die Mehrheit der Gesellschaft hochstilisiert. Wenn die evangelischen Kirchen diesem Trend folgen und die eindeutige Botschaft der Bibel bezüglich der guten Schöpfungsordnung Gottes relativieren, wird ein erneuter Aderlass an Gläubigen provoziert, der zwar nicht unbedingt die Mitgliederzahlen drastisch reduziert, die Kirchenbänke aber noch mehr entleert. Denn warum sollten sich Gläubige Sonntagspredigten anhören, denen wochentags ein verbindlicher Rahmen fehlt?

Heute lese ich in idea-online: Warum auch württembergische Pietisten zustimmten: Unter evangelikalen Beobachtern gab es Verwunderung, dass auch pietistisch-evangelikale Synodale aus Württemberg dem neuen Dienstrecht zustimmten. Dazu erklärte auf Anfrage von idea der Sprecher der Evangelikalen in der EKD-Synode und der „Lebendigen Gemeinde“ in der württembergischen Landessynode, Dekan Volker Teich (Schorndorf bei Stuttgart): „Im Vorfeld der EKD-Synode wurde intensiv über dieses Thema diskutiert. Wir Württemberger haben dort zur Kenntnis gebracht, dass bei uns Ehe und Familie weiterhin nach biblischem Vorbild gelten. Wir sind gegen eine homosexuelle Lebenspartnerschaft im Pfarrhaus.“ Wie können sie dann dafür stimmen, wenn sie dagegen sind? Versteht das jemand?

Verzeihung, aber ist Ihnen klar, dass auch die pietistisch geprägten Parlamentarier in den Kirchenparlamenten (beschönigend "Synoden" genannt) Politiker sind, nämlich Kirchenpolitiker und dass diese auch wiedergewählt werden möchten? Aber sie müssten den entsprechenden Synodalen einen Brief schreiben. Es ist in der Tat erschreckend, wie fromm manche Fromme in ihren Wahlkreisen reden und was sie letztlich in der Staats-/Landeskirche mittragen und stützen. Dass sie es nicht gewusst haben sollten, wofür sie stimmen, würde auch nicht für sie sprechen, sondern stellte ein Armutszeignis dar: Denn in seinem Amt in einem Parlament seine Hausaufgaben nicht zu machen, geht gar nicht. Es gibt auch Evangelikale, die "BischöfInnen" zur Wahl gratulieren, die ich nicht einmal Bischof nennen würde. Es gibt ein schönes Lied von R. Schröder, darin heißt es "Es mag sein, dass alles fällt / dass die Burgen dieser Welt / um Dich her in Trümmer brechen. Halte Du den Glauben fest / dass Dich Gott nicht fallen lässt, / Er hält Sein Versprechen." Das wünsche ich allen, die in dieser Kirche bleiben wollen, und dazu die Kraft auf Synodale zuzugehen, sie mutig auch auf den Anspruch Gottes an unser ganzes Leben, der in seinem Wort laut wird, hinzuweisen.

Ich bin Theologiestudent einer deutschen Universität und stehe kurz vor dem Examen. Was ich nun alles aus "erster Hand" während meines Studiums erfahren habe, führt mich dahin, die EKD und sämtliche ihrer Gremien etc. zu bezweifeln. Sie sind sehr oft unglaubwürdig. Sie kommen für mich schon lange nicht mehr in Sachen Glaubensfragen/Weltanschauung und Ethik in Frage. Es empfiehlt sich sehr, sich selbst jeweils ein eigenes Bild zur jeweiligen Sachlage zu machen und dabei direkt auf die Bibel (und vielleicht "alte Theologen" wie Luther etc. und selbst sie haben sich in manchen Dingen geirrt) zu beziehen. Selbst Luther hätte es heute in dieser Kirche sehr schwer, wahrscheinlich wäre er von dieser stark diffamiert worden und letztlich ausgeschlossen worden.

Nehmen wir mal an, meine Frau wäre (aufrichtige, ehrliche und eine sehr friedliebende) Muslimin oder Buddhistin - was für mich gesehen auch nicht in Ordnung wäre, aber nur mal angenommen: ich hätte wohl keine Chance auf eine Pfarrstelle. Doch wäre ich schwul, vielleicht auch schon 2-3 geschieden oder schwuler Single mit polygamen Leben (von Liebesleben kann keine Rede sein, höchsten von triebhaftem Sexualverhalten): kein Problem - morgen können sie anfangen! Wo sind wir nur hingekommen? Überhaupt diese längst überholten alt-68-Ansichten und die zum teil linksextremen Ansichten, die weit unter Theologiestudenten verbreitet sind, bereiten mir schlaflose Nächte, wenn ich daran denke, was für eine nächste Pfarrergeneration da auf uns zukommt. Seelsorger, die selbst unbedingt einen bräuchten. Glaubensberater, die nie mit Gott eine persönliche Erfahrung machten (Jesus wird ja schon ungern überhaupt nur erwähnt). Verkündiger, die die besten Schauspieler für Hollywood abgäben, glauben sie doch selbst nicht daran, was sie verkündigen; allem voran das Credo (christliche Glaubensbekenntnis). Kaum einer meiner Professoren glaubt an die Gottessohnschaft Christi, weder an die Jungfrauengeburt, noch an die Wiederauferstehung, schon gar nicht an irgendwelche Wunder oder Vorherrsagen, die aus dem AT auf Christus hinweisen. Natürlich sind nicht alle Dozenten/Studenten so drauf. Aber der größte Teil von ihnen. Es bedarf einer grundlegenden Reformation in diesem Lande der Reformation!

Danke für die mutigen Worte und den "Lagebericht". Da ich im und durch das Studium die Heilige Schrift und die Denkweisen Gottes mit uns Menschen besser verstanden habe, blicke ich eher dankbar auf die Vorlesungen, Seminare und die geistliche Begleitung durch einige der Professoren zurück. Eine Zeit lang habe ich mich aufgehalten bei den vielen gewisse Professoren gemieden, weil fromme Kommilitonen das so "empfohlen" haben. Aber wirklich gelernt habe ich, als ich mich mutig hingesetzt und einfach studiert, zugehört und das Gute behalten habe. Man kann an der Uni durchaus die "Scheunen" voll bekommen für die spätere Verkündigung. Da möchte ich Ihnen Mut machen. Die Probleme, die Sie aufzählen, werden Ihnen in jeder verfassten Kirche begegnen.

Bibelkritik haben Sie an fast allen etablierten Fakultäten, Seminaren und Hochschulen! Doch m.E. ist eine entscheidende Frage: Ist Jesus Christus noch der Herr seiner Kirche? Und wie wird Gemeinde gelebt. Und fragen möchte ich: Wie schätzen Sie die Chancen auf eine Reformation im Lande der Reformation, wie Sie schreiben, ein? Luther, den Sie erwähnen, hat einmal von dem Worte Gottes als einem Platzregen gesprochen, der sich abregnet und dann nicht noch einmal kommt. Man muss diese Sicht nicht teilen. Aber eine bestehende Kirche zu refomieren, ist heute schwieriger als zur Zeit Luthers, m.E. aus zwei Gründen: Die katholische Kirche, deren treuer Diener Luther sein wollte, hat mit Luther gerungen mit "ungeistlichen" Mitteln zwar, doch gerungen mit ihm um geistliche Fragen.

Heute sehen sich Reformer mitunter recht eigentümlichen Institutionen oder Gremien gegenüber. Neulich sah ich einen Beitrag, in der eine Vikarin sagt, Gott habe sie in die Synode der EKD gestellt, um hier zu wirken. Kann das wirklich sein? Wie kann Gott auf diese Weise in Anspruch genommen werden? Sie werden auf Menschen treffen, die vielleicht wirklich geistlich handeln wollen, in einer verkommenen Institution. Neutestamentlich ist das nur noch schwer zu denken. Daneben gibt es eine Reihe von Mechanismen, die Reformbemühungen, die Verkündigung, die Anfragen einfach versanden zu lassen. Ohne sich damit beschäftigen zu müssen, ohne einen Federstrich, ohne Gewalt und ohne Aufsehen können Sie in der Kirche tot geschwiegen werden.

Vielleicht suchen Sie sich nach Ihrem Examen bestehende, kleine Gemeinden und meiden alle großen Institutionen. Ein Praktikum in einer Freikirche oder einer unabhängigen Gemeinde, davon gibt es auch lutherische, kann Ihnen eine Hilfe sein. Meine Erfahrung ist: In allen größeren Kirchen sind Leute an der Arbeit, diese Kirchen zu durchsäuern und auf lange Sicht auf einen bestimmten Kurs zu trimmen. Das kann Ihnen in einer kleinen Kirche oder eigenständigen Gemeinde u.U. ebenfalls widerfahren: Nur sind Sie dort flexibler, können "biblischer" agieren und Sie sind nicht gebunden an die Weisungen einer "Kirchenleitung" (oder gar an ein Pfarrgehalt und an eine Pfarrerversorgungskasse). Doch wenn Sie den Heiland bitten, wird er Sie auch führen und Sie gebrauchen. "Ich werde leben und des Herrn Werke verkündigen". Auf Jesu Ruf und Zusage ist Verlass.

Die soteriologische Dimension von Epheser 5 wird im deutschen Protestantismus weiterhin verpasst...

Letztendlich ist die Frage: Muß man irgendwann einmal austreten oder will man das alles weiterhin mitmachen und abwarten? Wovon will man das abhängig machen? Was muß passieren, damit man austritt, oder welche Besserung oder Entwicklung erhofft man. Rückgängig gemacht wird das sicherlich nicht werden. Muß dann noch etwas Gravierenderes eintreten? Was wäre das? Ich denke selbst auch über das Austreten nach, bin mir aber nicht sicher. Wo soll man hin? Ich wundere mich eigentlich immer, daß so wenige austreten.

Vor allem die evangelikalen Kreise beschweren sich schon lange über die Zustände und empören sich immer wieder aufs neue. Populäre Evangelikale in der EKD gehen aber meines Wissens nicht. Mir fällt keiner ein. Für Pfarrer ist das auch schwer, da sie ihre sichere berufliche Existenz aufgeben müßten und auch gesellschaftlich nicht verstanden würden. Trotzdem ist es seltsam. Ohne Kirchensteuer würde es nicht so gut weitergehen. Deshalb wäre eine Austrittswelle ein schwerer Schlag für die Kirche. Ein Tag oder eine Woche an der im fünfstelligen Bereich Mitglieder gehen, wäre ein deutliches Signal.

Der eingeschlagene Kurs könnte ohne Kirchensteuer nie gefahren werden, da die Menschen die da komplett dahinter stehen keine große Anzahl sind. Diese Gruppe könnte das nie finanzieren. Wenn die heutigen finanziellen Mittel ohne Kirchensteuer eingetrieben werden müßten, wäre das nie möglich, da die Mitglieder, wenn sie das Geld erst einmal in Händen hätten, nicht mehr in der Höhe wie heute an die Kirche abführen würden. Ohne Kirchensteuer würde die Kirche schnell an Bedeutung verlieren. Meine These ist, ohne Steuer und Verwaltung gäbe es die Kirche in heutiger Form schnell gar nicht mehr. Es würde nur ein kläglicher Rest bleiben.

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