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Verwirrende Meinungsschmiede der säkularen Medienwelt


14.08.09

Verwirrende Meinungsschmiede der säkularen Medienwelt

Der evangelikale Christ: Freund oder Feind der freiheitlich-demokratischen Grundordnung?

von Kurt J. Heinz

(MEDRUM) Unter dem Emblem der Partei der Grünen veröffentlichte der grüne Jungpolitiker Daniel Mack am 11. August 2009 einen Offenen Brief an den ZDF-Fernsehrat. Er protestiert darin gegen die Fernsehübertragung des Gottesdienstes von der Konferenz der Deutschen Evangelischen Allianz am 9. August, weil er diese Vereinigung für einen Feind der freiheitlich-demokratischen Grundordnung hält.

Daniel Mack ist Student der Soziologie und Kreistagsabgeordneter von Bündnis 90/DIE GRÜNEN im Main-Kinzig-Kreis. Zusammen mit dem bekennenden Atheisten Frederik Seibring von der Marburger Hochschulgruppe für Humanismus und Aufklärung "Aktive Humanisten - Gottlos glücklich" unterzeichnete er einen Protestbrief an den Intendanten des ZDF. Mack und Seibring halten es für inakzeptabel, dass das ZDF den Gottesdienst von der diesjährigen Jahreskonferenz der Deutschen Evangelischen Allianz aus Bad Blankenburg übertragen hat. "Diese Organisation und die mit ihr verbundenen Untergliederungen und Gruppierungen haben ein Menschen- und Weltbild, das sich klar gegen das Grundgesetz und die freiheitlich-demokratische Grundordnung richtet. Sie streben nach politischer Macht", lautet die Anklage.

Wer die Evangelische Allianz, ihre Repräsentanten und ihre Grundüberzeugungen kennt, kommt aus dem Staunen über die Behauptung des 22-jährigen Daniel Mack und seines "humanistischen" Mitstreiters über die angebliche Verfassungsfeindlichkeit dieser Vereinigung nicht heraus. Die Verdächtigung steht im scharfen Gegensatz zum Selbstverständnis der Deutschen Evangelische Allianz. Diese hat ihr Verhältnis zu Staat und Demokratie klar definiert. In ihrer Grundsatzerklärung ist zu lesen:

Die Evangelische Allianz bejaht ohne Einschränkung den freiheitlich-demokratischen Verfassungsstaat der Bundesrepublik Deutschland und ist dankbar für die Freiheiten und Privilegien, die der Staat einzelnen Bürgern sowie auch christlichen Kirchen und Religionsgemeinschaften einräumt. Zu den von Gott vorgesehenen und legitimierten Institutionen des Gemeinwesens zählt für uns auch der Staat. Ihn zu unterstützen und kritisch zu begleiten gehört für uns zur ethischen Verpflichtung.

Zum christlichen Welt- und Menschenbild der Evangelischen Allianz und ihrer ethischen Verpflichtung gehört besonders der Einsatz von Christen für die Schwachen und Ausgegrenzten in der Gesellschaft, der Einsatz gegen jede Form von Rassismus, Sklaverei und von Hass gegen Minderheiten, Juden oder Ausländer.  "Hass widerspricht diametral der biblischen Ethik und ist Schuld vor Gott und den Menschen", sagt die Evangelische Allianz. Wie ist es also erklärbar, dass dieser junge Vertreter der hessischen Grünen und sein Genosse dennoch zu der Überzeugung gelangen, das Menschen- und Weltbild evangelikaler Christen richte sich "klar gegen das Grundgesetz"?

Wer nach den Gründen sucht, mit denen Mack und der humanistische Aktivist aus der Studentenschaft der Marburger Philipps-Universität ihr Urteil rechtfertigen, findet in ihrer Erklärung keine durchdachten Argumente und schlüssigen Einsichten, sondern den schlichten Hinweis auf einige einschlägige Erzeugnisse der Medienwelt. Die Unterzeichner führen als Beleg für ihre Aburteilung der Evangelischen Allianz vier medienbekannte Produkte an:

1. Die ZDF-Sendung Frontal 21 vom 04.08.09 „Sterben für Jesus - Missionieren als Abenteuer"

2. Der Beitrag "Einschüchterung - Evangelikale Christen attackieren Journalisten" in der NDR-Sendung „Zapp" vom 24.06.09

3. Das Buch der ARD-Redakteurin Oda Lambrecht „Mission Gottesreich. Fundamentalistische Christen in Deutschland"

4. Der SPIEGEL-Artikel „Aufschwung Jesu" vom 28.04.08

In diesen Erzeugnissen werden die Evangelische Allianz und evangelikale Christen journalistisch hingerichtet. Mit größter Selbstverständlichkeit wird diesen Christen schablonenhaft das Feindbild des evangelikalen Fundamentalisten übergestülpt, der islamistengleich die Freiheit schon seinem Wesen nach bedroht. Eine perfektere Szenerie hätte selbst ein Eduard Schnitzler in seinem Schwarzen Kanal für die Gleichrichtung der Bürger in der ehemaligen DDR kaum inszenieren können.

Die Methoden und Instrumentarien solcher Erzeugnisse haben mit aufklärender Information und seriösen Werturteilen wenig gemein.  Das hat insbesondere die prägnante Analyse des Buches der ARD-Redakteurin Oda Lambrecht durch Thomas Schirrmacher schonungslos offengelegt. Statt verlässlicher Fakten und belastbarer Urteile werden selektiv Informationen und Einzelmeinungen präsentiert, Pauschalierungen, Klischees und Stereotype transportiert, spekulative Behauptungen in den Raum gestellt und schließlich das Fallbeil der Diffamierung über den Verurteilten entriegelt.

Das ist der Stoff, aus dem Überzeugungen wie die des jungen Grünen Daniel Mack geschmiedet werden. Das ist die Grundnahrung, die trügerische Fiktionen und bizarre Anklagen eines solchen Jungpolitikers formen. So glaubt Mack allen Ernstes, dass er das von diesen Medien gezeichnete Zerrbild vom demokratiefeindlichen evangelikalen Christen durch das Engagement des Generalsekretärs der Deutschen Evangelischen Allianz, Hartmut Steeb, für den Schutz des ungeborenen Lebens bestätigt findet. Steeb verstehe das Grundgesetz doch tatsächlich so, dass er sich "gegen Abtreibung" und damit „klar gegen die Tötung ungeborener Kinder“ ausspreche, schreiben Mack und Seibring dem ZDF-Intendanten.

In einem solchen Satz drückt sich die ganze Absurdität und Tragik unkritisch denkender Köpfe junger Menschen aus, die durch skandalöse Medienerzeugnisse verseucht sind. Exemplarisch hat dies besonders auch der Artikel  "Evangelikale Missionare"  von Schülerautoren im Magazin für weiterführende Schulen "Q-rage" im November letzten Jahres gezeigt. Schülerjournalisten hatten auf ähnlich düsterem, intellektuellem Niveau bundesweit verkünden dürfen, dass evangelikale Christen angeblich verfassungsfeindliche Ideologien verbreiten würden. Diesem spukhaftem Szenario wurde durch das Lobessiegel in einem Schreiben des Präsidenten der Bundeszentrale für Politische Bildung, Thomas Krüger, noch die bundesamtliche Krone aufgesetzt - allerdings nur, weil Krüger den Artikel nicht kannte, wie er später einräumte. In der NDR-Sendung "Zapp" 24. Juni beklagte sich der Chef der Bundesbehörde und ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Krüger nun auch noch darüber, dass er Kritik einstecken musste. Daniel Mack und sein humanistisch-atheistischer Gefährte befinden sich also in bester Gesellschaft.

Eine große Verantwortung für solche erschreckenden Entwicklungen tragen die Medien. Wer selbst durch Stellen wie das ZDF und den NDR oder durch Publikationen von ARD-Redakteuren desinformiert wird, kann sich durchaus mit Recht legitimiert fühlen, als Demokrat vor der Minderheitenfeindlichkeit der Deutsche Evangelischen Allianz (DEA) warnen zu müssen. Nichts anders hat der 22-jährige Daniel Mack in seinem Brief an den Intendanten getan. Für die Qualität der Beiträge aus den Produktionsanstalten des öffentlich-rechtlichen Fernsehens ist schließlich nicht er, sondern sind andere verantwortlich. Marcel Reich-Ranicki hat diesen Fernsehverantwortlichen bei seiner letztjährigen Ablehnung des Deutschen Fernsehpreises den Spiegel der Kritik zu deren Entsetzen schonungslos vorgehalten.

Falls sich nun der Fernsehrat oder Intendant des ZDF mit dem Brief von Daniel Mack befassen sollte, muss er sich weniger mit der Frage beschäftigen, weshalb das ZDF den Gottesdienst der Evangelischen Allianz übertragen hat. Dieser Aufgabe kann er sich mit Leichtigkeit entledigen. Schwieriger dürfte es ihm fallen, die Frage zu beantworten, was Intendanten, Chefredakteure und Ressortleiter denn unternehmen müssen, um journalistisch seriöse Beiträge zu produzieren. Doch auch dies scheint kein unlösbares Problem zu sein. Dafür braucht man nicht einmal technisch aufwändige Studios wie die neulich in Betrieb genommene, 30 Millionen Euro teure "Grüne Hölle" als Nachrichtenstudio beim ZDF. Dazu braucht es lediglich fachliche Kompetenz, einen klaren Verstand und ein journalistisches Ethos, das sich der Objektivität und Wahrhaftigkeit verpflichtet fühlt. Etliches davon scheint abhanden gekommen zu sein. Doch darauf hat gerade der Konsument der öffentlich-rechtlichen Fernseh- und Rundfunkanstalten nun wirklich einen begründeten Anspruch - nicht nur, weil diese von ihm gebührenfinanziert sind, sondern weil die Medien einem Informationsauftrag gerecht werden müssen, auf dessen Seriosität diese Gesellschaft nicht verzichten kann.


Daniel Mack -> Offener Brief an ZDF-Fernsehrat: Fundis im Fernsehgottesdienst

MEDRUM-Artikel -> Der "Spiegel" zu Christival, Religiosität und Bewegung der Evangelikalen in Deutschland

MEDRUM-Artikel -> NDR verbreitet üble Klischees über evangelikale Christen

MEDRUM-Artikel -> Kein religiöser Fundamentalismus, sondern christliche Grundwerte

Aus den Medien -> Nach "Frontal 21"-Beitrag über Missionare: Rechtliche Schritte gegen ZDF?


 

Leserbriefe

Eine sehr gelungene Analyse. Allerdings fehlt mir eine Frage: Welche Rolle nämlich evangelikale Medien, etwa idea, im Zerrbild von Herrn Mack spielen. Manchmal stellen wir Evangelikalen uns schließlich auch in einer Art und Weise nach außen da, die eher mit dem Begriff des Hardlinertums als mit der Realität in den Gemeinden beschreibbar ist. Mir persönlich fällt jedenfalls auf, dass Herr Mack in seinem Brief mit keinem Wort erwähnt, dass die Predigt des Fernsehgottesdienstes von Jürgen Werth und nicht von Hartmut Steeb stammt. Das legt doch irgendwie nahe, dass er den Gottesdienst nicht selbst gesehen hat, und vielleicht nur durch eine idea-Meldung aus der letzten Woche, in der Steeb betonte, wie schön es sei, dass die Evangelikalen durch den Fernsehgottesdienst endlich einmal richtig dargestellt wurden, auf den Gottesdienst aufmerksam wurde. Der Rest entsteht, das haben Sie ganz richtig analysiert, dann wirklich durch den bekannten publizistischen Mist mit allen seinen Vorurteilen.

Das Menschen aus Profilierungssucht eine Bühne suchen um ihren Bekanntheitsgrad in der öffentlichen Wahrnehmung als aufstrebenden Provinzpolitiker zu steigern, unabhängig davon ob das was sie von sich geben den Tatsachen entspricht, ist nicht neu. Dafür gibt es Themen, die sich in "saure Gurken-Zeiten" oder im vielzitierten "Sommerloch" immer wieder gern aufwärmen lassen und mit Parteisymbol versehen höchst offiziell "vermarkten", als leicht verdauliche Kost unter das Volk streuen lassen. Einzig die Art und Weise, -der Stil, ist bedenklich.- Es gab Zeiten, und die sind mir noch sehr gegenwärtig, da gab es eine Einheitspartei und besonders Auserwählte für die Übermittlung der Parteilinie, unter dem Aufgabengebiet "Agitation und Propaganda".- Genau diese Assoziation weckt bei mir das Sammelsurium von Stimmungmache und Parolen.- Menschen mit Anspruch werden, so hoffe ich, nicht unhinterfragt all das konsumieren was ihnen da vorgesetzt wird.-Ob Evangelikale sich auf vermeintlichen Druck von aussen "verdaulich weichgespült" geben sollten, bin ich im Zweifel. IDEA-als Zeitschrift veröffentlicht Standpunkte. Die haben mit "Hardlinertum" nichts zu tun, sind eben ein Gegenpol zu der unverbindlichen, dem Zeitgeist gehuldigten Parole: "...wie es euch gefällt!"-