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"... stehen Sie auf dem Boden der Demokratie!"


17.05.09

"... stehen Sie auf dem Boden der Demokratie!"

Rede der Stadtverordneten Röhrkohl (CDU) zum APS Kongress im Marburger Stadtparlament

(MEDRUM)  Anni Röhrkohl erinnerte die Verantwortlichen in Marburg, insbesondere Oberbürgermeister Egon Vaupel von der SPD und Franz Kahle von den Grünen, mit mahnenden Worten an ihre Verpflichtung, Bürger und Gäste der Stadt vor gewalttätiger Provokation zu schützen und das Recht auf freie Meinungsäußerung zu garantieren. In Marburg bestehe keine "Homophobie", sondern "Provophobie", so die Abgeordnete.

Das Marburger Stadtparlament beschäftigte sich am Freitag, den 15.05.2009 mit dem Kongreß "Psychotherapie und Seelsorge", dem das "Marburger Aktionsbündnis" den Kampf angesagt hat. Während dieses Bündnis den Kongreß verhindern will, trat die Stadtverordnete Anni Röhrköhl von der CDU-Fraktion mit einer engagierten Rede dafür ein, dass sich Marburg  als tolerante, weltoffene Stadt zeigt, deren politische Verantwortliche auf dem Boden der Demokratie stehen bleiben müssen.

Der Redebeitrag von Anni Röhrkohl im Wortlaut:

"Herzlich willkommen in der schönen Stadt an der Lahn, in Marburg . Wir freuen uns, dass Sie in Marburg Ihren Forschungen nachgehen und sich in unserer Stadt wohlfühlen", so oder ähnlich hat OB Vaupel vor zwei Jahren die Teilnehmer des 5. Internationalen Kongresses für Psychotherapie und Seelsorge, begrüßt.

Ich hoffe, dass Sie das auch in diesem Jahr so formulieren können, Herr Vaupel. Der Kongress findet in diesem Jahr bereits zum dritten Mal in Marburg statt. Ein Fachkongress für Psychotherapie und Seelsorge, durchgeführt im schönen Ambiente unserer Universitätsstadt. Die Teilnehmer haben sich in Marburg immer sehr wohlgefühlt.

Die Meinungsfreiheit unserer demokratischen Verfassung macht es möglich, verschiedenste Denkansätze auszusprechen, sie zu diskutieren und sie durch Forschung und Lehre auszuloten.

So auch bei diesem 6. Kongress. Es kann nicht sein, dass eine Gruppe, genannt „Aktionsbündnis Marburg", diesem Kongress Forschung und Wissenschaftlichkeit absprechen kann. Woher nehmen diese Gruppen ihre Maßstäbe für ihre Beurteilungen?

Folgende Grundrechte, die bereits 1948 bei der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte festgelegt wurden, werden von diesem Aktionsbündnis mit Füßen getreten. Recht auf Schutz vor willkürlicher Auslegung von Gesetzen - Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Glaubensfreiheit - Recht auf freie Meinungsäußerung, auf Versammlungsfreiheit und Vereinigungsfreiheit - Recht auf Gesundheit!!!

All diese Menschenrechte werden zur Zeit in Marburg im Zusammenhang mit dem Kongress in Frage gestellt und gefährdet!!!

Hoffentlich haben in Marburg Grundrechte und Gesetze das letzte Wort! Wenn auch noch so heftig dagegen geschrieben oder sogar gewaltigtätig dagegen provoziert wird. An keiner, aber auch keiner Stelle wurde von den Gegnern des Kongresses durch Beweisführung die Tatsache erhärtet, dass irgendjemand homosexuelle Menschen diskreditiert, umpolt oder sogar durch Manipulation in eine nicht homosexuelle Richtung drängt. In allen Fällen war immer nur von könnte, wäre, möglicherweise die Rede, also wurden im Konjunktiv Verdachtsmomente ausgesprochen. Es handelt sich hierbei also um eine Diffamierung und Diskriminierung von Christen.

1000 Teilnehmer aus Deutschland, Österreich, Schweiz, Weißrussland, Niederlande, Lettland, Schweden und Paraguay dazu 120 Referenten, die zu einem Drittel aus Wissenschaftlern, Ärzten und Psychologen bestehen, zu rund einem weiteren Drittel aus Theologen und rund einem Drittel aus Beratern der Gemeindeseelsorge.

Sie alle nehmen ein Bild Marburgs mit in ihre Lebenswelt, das Marburg so bisher nicht repräsentiert und schon gar nicht verdient hat. Jährlich geben wir unserer Marburg Tourist GmbH sehr viel Geld für Werbung, damit Menschen unsere schöne Stadt besuchen. Der Aktionskreis „Marburg ein Erlebnis" und weitere Werbekreise ebenso wie das Kulturamt, geben Zeit, Geld und Arbeit, um Menschen auf vielfältige Weise in unsere Stadt einzuladen.

Durch die Kampagne gegen den Kongress, erlebt unsere Stadt einen irreparablen Schaden, der noch nicht überschaubar ist. Der Ruf unserer weltoffenen und toleranten Stadt wird von anarchistischen Gruppen durch die Androhung von gewalttätigen Störaktionen massiv geschädigt. Die Gäste werden durch ihre negativen Erfahrungen in Marburg kein vorteilhaftes Bild ihren Bekannten und Freunden weitergeben!

Wollen wir Parlamentarier das? Wollen wir, dass in Zukunft Menschen unsere Stadt meiden, weil sie Angst haben, nach Marburg zu kommen? Ich frage Sie, für was?

Schlimm ist, dass Marburger Christen angegriffen werden. Das kann nicht hingenommen werden! Ich frage Sie allen Ernstes, warum? Was rechtfertigt diesen Hass? Was liegt diesen verleumderischen Angriffen zu Grunde?

Marburger Christen bringen der Stadt Marburg durch soziales, diakonisches und karitatives Engagement sehr großen Gewinn. Es kann sein, dass etliche von Ihnen diese Tatsache nicht kennen oder sie ignorieren.

Vermutlich merken Sie bereits, dass Marburger Christen sehr aufmerksam das Geschehen in ihrer Stadt verfolgen und bewerten. Das christliche Fundament unseres Staates, ja unserer gesamten Kultur ist nicht zu leugnen, auch wenn versucht wird, es anzugreifen.

Unsere Stadt Marburg nimmt dauerhaft Schaden durch den Angriff auf diesen Kongress. Es liegt kein stichhaltiger Grund für eine Ablehnung der Durchführung dieses Kongresses zu Grunde. Die angeführten Argumente wegen Homophobie oder anderer vorgetragener, nicht stichhaltiger Vorwürfe greifen nicht, weil sie jeder Grundlage entbehren. In unserem Land dürfen Menschen, die Hilfe von Psychologen erwarten und erbitten, Hilfe erfahren, auch dann, wenn sie aus der homosexuellen Szene aussteigen möchten. Jeder soll Hilfe erfahren, der darum bittet. Mir liegen von homosexuellen Menschen Schreiben vor, die bestätigen, dass sie durch „Wüstenstrom" in ihrer Lebensqualität positive Hilfe auf freiwilliger Basis erhalten haben. Es gibt in meinem Leben ebenso einen persönlichen Freund, der sich von seiner Frau getrennt hat, und nun homosexuell mit einem Mann zusammen lebt. Unser Land ist heute offen für diese Lebensentwürfe. Die Zeit der Diskriminierung ist nicht mehr gegeben.

Es macht mir große Sorge, dass durch anarchistische Gruppen, die Gewalt angedroht haben, die Gäste unserer Stadt, aber auch Bürger unserer Stadt zu körperlichem Schaden kommen könnten. Dass kann und darf nicht sein!!!

Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie als demokratische Parteien und demokratische Parlamentarier solche totalitären und faschistischen Verhaltenweisen dulden wollen.

Bitte nehmen Sie von Ihrer Forderung, den Kongress zu verhindern, Abstand. Bitte lassen Sie freie Meinung, freie Forschung und auch christliche Grundeinstellungen zu. Dann stehen Sie auf dem Boden der Demokratie!

Ich sage, eine Homophobie habe ich nicht! Wohl aber eine Provophobie! Eine Provophobie ist eine Angst vor gewalttätiger Provokation. Diese zeichnete sich im Vorfeld des Kongresses ab. Zerschlagene Schautafeln an christlichen Gemeinschaften, Drohbotschaften etc. Warum und gegen wen? Tatsachen wären da hilfreicher als Verdächtigungen und falsche Anschuldigungen und schon gar nicht Gewalt..

Unsere Stadtverordneten-Versammlung hat im März 2004 eine Resolution verabschiedet. Sie hat mich bereits damals schon beeindruckt.

Ich bitte Sie herzlich, sich daran zu erinnern, dass der Magistrat folgendes unterschrieben hat:

DAS RECHT, ZU DEMONSTRIEREN, IST EINES DER VERBRIEFTEN GRUNDRECHTE.

WIR ACHTEN DIESES GRUNDRECHT.

DEMONSTRATIONSRECHT IST VERBRIEFT - PROVOKATION IST VERWERFLICH.

Der Missbrauch des Rechtes auf Demonstration ist den Menschen nicht zumutbar!

Wir stehen ein für ein menschliches, weltoffenes und tolerantes Marburg, für das friedliche Zusammenleben aller Menschen, ungeachtet ihrer Weltanschauung, Religion, Kultur, Herkunft oder Hautfarbe.

Hass und Gewalt, Rassismus, Ausländerfeindlichkeit und Antisemitismus dürfen in unserer Stadt keine Chance haben
Wir wollen, dass in Marburg kein Mensch Angst haben muss vor Verfolgung und Gewalt.

Daher rufen wir alle Marburgerinnen und Marburger auf, mit uns gemeinsam für diese Ziele einzutreten, mit Mut, Entschlossenheit und Zivilcourage wollen wir zusammenstehen gegen das Wegschauen und die Gleichgültigkeit.
Die im Magistrat vertretenen Parteien erklären, dass sie alles unterlassen, was mit diesen Zielen nicht vereinbar ist.
März 2004

Diese Resolution sehe ich im Moment mit Füßen getreten!

Überdenken Sie Ihre Anträge."

Leserbriefe

Sehr geehrte Frau Röhrkohl, vielen Dank für diese mutige und engagierte Stellungnahme. Endlich jemand, der Klartext redet und die Gefahr für unsere Demokratie unmissverständlich deutlich macht. Weiter so und mutig vorwärts!

Danke jeder Stimme, die sich für gewaltfreie Demokratie und Meinungsfreiheit erhebt! Ich war betroffen, habe neue Lebensqualität durch Therapie, bin aber auch mit andern befreundet, die ihre Homosexualität registrieren lassen. Ich bin also nicht homophob, möchte nur ebenso wenig diskrimiert werden, wie diejenigen, die uns hassen!

Unterzeichnerin

Danke für dies klare Bekenntnis zur Demokratie, das ja wohl auch seine Wirkung nicht verfehlt hat. Die Szene arbeitet mit allen Mitteln und viel zu viele sind schon eingeknickt - auch im Bereich der Kirchen.